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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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hat sie auch noch Robbie in ihr Repertoire aufgenommen. Erst galt es, die Unmoral zu geißeln, weil ich mit ihm zusammenlebte, und nun, wo das vorbei zu sein scheint, predigt sie: »Es ist ungebührlich für eine Dame, sich nach einem Mann zu verzehren. Du wirst kein Glück und nichts Wertvolles in deinem Leben erlangen, wenn du nicht dein Studium aufgibst und einen netten, normalen jungen Mann heiratest.«
    »Und erzähl mir bloß nicht, das wäre die Stimme meines Unterbewußtseins!« warnte ich Nick.
    »Nein, bestimmt nicht. Es ist überhaupt nicht die Art, wie du denkst oder sprichst«, meinte er entschieden. »Ich glaube, sie ist eine Hexe.«
    »Ich nenne sie auch Dornenhexe«, gestand ich. Was ich bisher nicht bemerkt hatte, weil ich abgelenkt gewesen war, fiel mir nun allmählich auf: daß Paps’ Auto unheimliche Mühe hatte, den Hang hinaufzukommen. Es wurde immer langsamer, der Motor pochte merkwürdig. Als ich in den Rückspiegel schaute - hatte ich auch seit geraumer Zeit nicht mehr getan -, sah ich eine lange Reihe Autos, die nolens volens hinter uns her zockelten. Die von Hecken gesäumte Straße war zugenebelt von blauen Auspuffgasen. »O Gott!« sagte ich. »Was ist los? Wir haben eine Panne!«
    »Du könntest versuchen, in einen anderen Gang zu schalten«, schlug Nick vor.
    Heiliger Strohsack! Hastig schaltete ich vom vierten Gang zurück in den zweiten, und wir bekamen Flügel. Mit einem befreiten Aufheulen sauste der Wagen um die letzten Biegungen und die Rampe zur Brücke entlang. Nick zog eine Handvoll Münzen hervor und fütterte den Automaten.
    »Ein günstiges Omen. Du bringst mir vielleicht Glück«, sagte ich, während wir über die Brücke tuckerten.
    »Darüber habe ich nachgedacht«, meinte Nick. »Wir müssen die Macht dieses Traums brechen. Zum Beispiel mit dem ... «
    Ich wußte, was jetzt kam. Einstimmig riefen wir: »... Alle-Guten-Geister-Tanz!«
    Gleich hinter der Brücke hielt ich den Wagen an. Wir sprangen hinaus und liefen zum Fußweg. Den Alle- Guten-Geister-Tanz hatten wir als Kinder oft getanzt (und ernsthaft geglaubt, daß er wirkte), aber wir waren beide etwas aus der Übung. Ich fand mich ziemlich sc hn ell wieder hinein; Nick mußte erst seine Befangenheit überwinden, aber nach dem dritten Fingerschnippschnipp-schnippen kamen wir richtig in Fahrt, begleitet vom Hupkonzert der Autofahrer.
    »Nicht darauf achten«, schnaufte ich. Schnipp, schnipp, schnipp. »Glück, Glück, Glück«, skandierten wir. »Brich die Macht des bösen Traums. Glück, Glück, Glück!«
    Das Hupengeplärr schien lauter zu werden, aber ich glaubte, deutlich zu spüren, daß der Tanz wirkte, und Nick sagte, er spüre es auch, also tanzten wir einfach weiter. Dann plötzlich schien dem Fahrer des Autos hinter meinem der Geduldsfaden zu reißen. Er stieg aus und kam auf uns zu.
    »Haltet euren Hexensabbat anderswo ab!« schimpfte er. Oha, der war geladen! Ich richtete den Blick auf ihn. Ich richtete den Blick auf seinen großen silbernen Schlitten und dann wieder auf ihn. Ein Lackaffe wie aus dem Bilderbuch. Er hatte einen länglichen Kopf mit ganz, ganz glattem Haar, trug eine goldgefaßte Brille, einen weißen, todschicken Macintosh und einen Anzug, um Himmels willen! Und statt einer Krawatte hatte er so ein vornehmes, seidenes Halstuch um. Ein Geschäftsmann, dachte ich. Wegen uns kommt er jetzt zu spät zu einer unheimlich wichtigen Besprechung. Ich schaute Nick an, um zu sehen, was er dachte, aber Nick kann eine echte Ratte sein. Er war damit beschäftigt, aus jeder Pore Schuldbewußtsein auszuschwitzen. Ich war’s nicht, Sir! Sie hat mich dazu gebracht, Herr Wachtmeister! Das Weib hat mich in Versuchung geführt, und ich habe von dem Apfel gegessen, o Herr! Ich hatte verdammte Lust, ihm eine herunterzuhauen, dem Jammerlappen!
    Also trug ich meinen Kampf allein aus, wie gewöhnlich, und schob mit dem gestreckten Finger die Brille hoch, um den Feind mit einem richtig bösen Blick in die Flucht zu schlagen. Leider war er aus härterem Holz geschnitzt, als er aussah. Er rückte das linke Brillenglas vor das linke Auge und gab mir den bösen Blick postwendend zurück. Doppelt und dreifach.
    Dann wollte ich ihn mit einer vernichtenden Bemerkung treffen, aber der Fatzke kam mir zuvor. »Ich bin Rupert Venables«, blafft er mich an. »Ich habe den ganzen Nachmittag nach Ihnen gesucht, um Ihnen das hier zu geben.« Und er nimm t hundert Pfund aus der Brieftasche und zählt sie mir in die Hand.
    Ich war

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