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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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Brot und so weiter, mit Strafen für Wucher, aber es hat nichts genützt. Waren verschwinden über Nacht. Manches wird scheinbar unter der Hand verkauft oder eingetauscht, aber ich begreife nicht, was dahintersteckt.«
    Er tat mir aufrichtig leid. Diese Entwicklung mochte bestimmt sein, aber Dakros war derjenige, der an vorderster Front damit fertig werden mußte. »Inflation ist eine Folge politischer Unsicherheit«, meinte ich. »Der Kaiser sorgte für Stabilität, wenn auch nur dadurch, daß er alles Wertvolle konsumierte, das er in die Finger kriegen ko nnt e.«
    »Dann sollten wir möglichst schnell einen neuen Kaiser finden!« sagte er mit Nachdruck. »Ich bin diese Hochstapler leid, Magid. Habt Ihr gewußt, daß es mehr als Tausend gewesen sind?«
    »Was habt Ihr mit ihnen gemacht?«
    Die Verwunderung über meine Frage stand ihm ins Gesicht geschrieben.
    »Sie hingerichtet natürlich.«
    »Keine gute Idee.«
    »Sie haben sich des Hochverrats und der Hochstapelei schuldig gemacht.« Er zuckte die Schultern. »So etwas ka nn man nicht durchgehen lassen.«
    »Wahrscheinlich nicht, aber es gibt auch andere Möglichkeiten. Apropos, wo sind diese Leute, die behaupten, Knarros zu sein?«
    »Im Nebenzimmer, unter Bewachung. Ich werde sie einen nach dem anderen hereinbringen lassen, und Ihr könnt sie hier drin überprüfen. Recht so?«
    Die gute alte soldatische Geradlinigkeit, dachte ich ergeben. Kein Wunder, daß hier alles in die Brüche ging. Nun ja, ich war froh, daß ich nicht in der Gegend herumreisen mußte, um die Anwärter zu befragen. Die Gefahr, dabei erschossen zu werden, war einfach zu hoch. Und mein Knöchel tat immer noch weh, und vom Hinfallen beide Knie. »Fangen wir an«, sagte ich.
    Ich will mich nicht über die acht Gespräche mit acht dem Tode geweihten Männern auslassen. Sie waren alle in mittleren Jahren und wirkten auf den ersten Blick durchaus seriös. Man hatte den Eindruck, irgendwann in ihrem Leben mußten sie in einen Spiegel geschaut und gedacht haben, ich sehe aus wie jemand, dem der Kaiser sein Vertrauen schenken würde. Einer war mehr oder weniger in Lumpen gekleidet, einer trug die Soutane des Wanderpredigers, und bei einem dritten handelte es sich dem Anschein nach um einen Angehörigen des niederen Adels. Zwei waren Lehrer. Weiß der Himmel, was diese beiden bewogen hatte, sich auf ein solches Unternehmen einzulassen, außer es war der besagte Blick in den Spiegel gewesen - und der Gedanke, daß man die Jugend des Landes in ihre Obhut gab, weshalb also nicht die Sprößlinge des Kaisers? Die anderen drei waren ein Kaufmann, ein Bauer, ein Poet, und einer wie der andere nicht ganz richtig im Oberstübchen. Ebenso der Priester, wie ich nach einer Weile herausfand. Der Knarros in Lumpen war ein schlauer Betrüger, der Edelmann ein unverfrorener. Die meisten von ihnen reagierten verwirrt oder ausweichend, wenn ich nach ihren angeblichen Schützlingen fragte, nur der Edelmann erzählte beredt von >des Kaisers fünf vielversprechenden Söhnen<.
    Es bedurfte keiner besonders tiefschürfenden Magid-Arbeit, um festzustellen, daß es sich bei ihnen allen um Hochstapler handelte. Und das schlimmste war, daß ich mich nicht überwinden konnte, einen von ihnen als echt zu verkaufen. Ich schaute in Dakros’ verhärmtes Gesicht. Ich schaute dem Poeten nach, als man ihn wegführte. Ich konnte ihm das nicht antun. Zum Teufel mit dem Imperium. Zum Teufel mit dem, was best imm t war. Dakros verdiente Aufrichtigkeit.
    »Bedaure«, sagte ich, als die Tür sich hinter den Bewachern des Poeten geschlossen hatte, »keiner von denen ist Knarros. Aber Ihr würdet Euch und dem Imperium einen Gefallen tun, wenn Ihr sie in einem Schauprozeß verurteilt. Zieht sie vor aller Augen zur Rechenschaft. Beweist den Verrückten, daß sie verrückt sind. Dann werft die, die wissen, was sie tun, ins Gefängnis und steckt die anderen in eine Anstalt.«
    In den Wind geredet. Dakros war nicht zu solcher Denkweise erzogen worden. Er fuhr sich wieder durch das schütter werdende Haar und klagte: »Ich bin es leid, drastische Maßnahmen ergreifen zu müssen.« Damit wollte er nicht sagen, daß er meine Vorschläge in Erwägung zog, sondern daß er die drastischen Maßnahmen ergreifen würde und daß er genug davon hatte. Ich glaube, er ließ nur deshalb nicht umgehend ein Erschießungskommando im Garten antreten, weil er annahm, ich könnte mich brüskiert fühlen. Er fügte hinzu: »Versteht mich recht, ich sage Euch das

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