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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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hielt sie der Reihe nach an und studierte jede einzelne, doch hinterher war ich nicht klüger als zuvor. Als einzige Besonderheit fiel mir auf, daß zwei der Gestalten - eine Menschenfrau und ein junger weiblicher Kentaur mit auffallend ähnlichen Zügen - zweimal auftauchten, doch nur, weil der Programmierer geschlampt und sie aus Versehen sowohl am Anfang als auch am Ende eingefügt hatte. Das Mädchen und die Kentaurenfrau hatten beide die fleischigen, gebogenen Nasen und mandelförmigen Augen, die man von griechischen Vasen kennt, aber das verriet mir auch nichts, außer vielleicht, daß man das individuelle Bild einem bestimmten Schönheitsideal angeglichen hatte. Merkwürdig übrigens, sich vorzustellen, daß das koryfonische Kaiserreich bereits in voller Blüte stand, als Kreta und Hellas noch jung waren. Wirklich höchste Zeit, daß es von der Bühne abtrat.
    Anschließend holte ich mir die Welten eine nach der anderen auf den Schirm und sichtete mit akribischer Sorgfalt die jeweiligen Informationen in meiner Magid- Datenbank. Sie waren ebenfalls als Schleife programmiert, die jedesmal mit einer vom Zufallsgenerator bestimmten anderen Welt begann und dann durch das Imperium und einundvierzig Nachbarwelten sowohl Minder- als auch Mehrwärts führte. Abgesehen davon, daß ich nebenbei die koryfonischen Isobare für die Erde herausfand, war auch dieser Versuch ein Schlag ins Wasser.
    »Ich geb’s auf!« sagte ich zu Stan.
    »Ich denke, so ist es auch gewünscht«, antwortete er. Pingelpingelping.
    Diese ganze Koryfos-Affäre versetzte mich in eine so pessimistische Stimmung, daß ich überrascht war, als meine Schicksalsbahnen wunderschön zu konvergieren begannen. Diese erfreuliche Entwicklung setzte sich die ganze zweite Märzhälfte hindurch fort, genau nach Plan. Wenigstens etwas hatte ich richtig gemacht! dachte ich, nachdem aufgrund des Eingreifens der NATO die Situation im ehemaligen Jugoslawien sich zu beruhigen begann und mein kroatischer Kandidat aus der Versenkung auftauchte. Genauer gesagt, hatte er zur Mannschaft eines Geschützstandes in den Bergen dort gehört. Kornelius Punt kehrte in die Niederlande heim. Fisk kam aus ihr em Refugium (oder Sanatorium oder was immer) hervor und schien die Absicht zu haben, demnächst nach Großbritannien zu reisen, und eine Woche vor Ostern landete auch mein letzter britischer Kandidat aus Tokio kommend wieder auf heimatlichem Boden. Als Rick Corrie oder einer seiner Mitarbeiter mir ein Bündel Informationen über den jüngsten Stand der Vorbereitungen für den PhantasmaCon schickte, fing ich an zu glauben, ich hätte besser gearbeitet als gedacht. Mervin Thurless’ Name stand im Programm mit dem Zusatz: »... wird uns hoffentlich einen Besuch abstatten«. Das übrige Material war zu absurd für mich, aber ich hoffte, wenn ich erst mitten im Geschehen war, würden sich die Schleier lüften. Nur eins sprang mir noch ins Auge: Die Ankündigung, der Ehrengast stünde nun fest, es wäre »der weltberühmte Autor Ted Mallory, der Großmeister des schwarzen Humors«. Aus irgendeinem Grund machte der Name mich nicht stutzig. Ich fuhr nach Cambridge und kaufte mir ein Taschenbuch von ihm, Shadowfall, über dem ich mehrere Male einnickte.
    Zu der Zeit beschäftigte mich eine Vorahnung, die mir sagte, es wäre günstig, wenn ich Stan in Wantchester bei mir hätte - aber Stan ko nnt e mein Haus nicht verlassen. Wir testeten seinen Aktionsradius.
    An der Vordertür kam er nur bis zur Schwelle; durch die Hintertür konnte er hinaus, aber nur einen halben Meter weit und nicht einmal bis zum Schuppen. Längs der Seiten des Hauses wurde er früher oder später durch die Fenster wieder hineingesaugt.
    Es kam der Tag, an dem Mrs. Gibbs mich bei ihrem Eintreffen dabei ertappte, wie ich mich aus dem Schlafzimmerfenster beugte und ins Leere rief: »Stan, wo bist du jetzt?« Auch we nn sie die gekrächzte Antwort: »Ganz dicht bei deinem Auto. Ich will grade - o verflixt!« nicht hörte, beschlossen wir, die Experimente einzustellen.
    »Das ist idiotisch«, sagte ich, als wir von Mrs. Gibbs in einem von hygienischen Fichtennadel- und Zitronendüften durchwaberten Haus wieder uns selbst überlassen worden waren. »Die Hohe Kammer hat dich eigens zurückgeschickt, um mir zu helfen, deinen Nachfolger auszuwählen, und dann machen sie es dir unmöglich, genau das zu tun! Glaubst du, du könntest noch einmal um Audienz nachsuchen und sie höflich auf diesen Widerspruch aufmerksam

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