Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
Vom Netzwerk:
soll dir das Zimmer von jemandem geben, der noch nicht eingetroffen ist.«
    »Aber wird derjenige sich nicht beschweren?« schnaufte ich. Die Treppen waren kurz, aber steil.
    Rick zuckte die fleischigen Schultern. »Pech für ihn. Er ist nicht zu der Zeit gekommen, die er angegeben hatte, und die Eröffnungszeremonie beginnt in einer halben Stunde. Viele der Programmpunkte laufen bereits. Er kommt zu spät. Oder er kommt gar nicht und hat sich nicht die Mühe gemacht abzusagen.«
    Die hintere Wand des großen Podests oben an der Treppe war ebenfalls mit Spiegeln verkleidet, in denen wir uns selbst entgegenkamen. Nick fragte: »Was war das für eine Sprache, in der Sie mit der Roboterfrau gesprochen haben?«
    »Finnisch, und sie ist mehr eine Androidin. Sie arbeitet hier für wenig Geld, weil sie auf Englisch programmiert werden will.«
    »Dann ist das hier der Turm zu Babel«, entfuhr es mir.
    »Ja«, antwortete er mit Inbrunst. Auf dem Podest drängten sich bereits eine Menge Leute vor einem langen Tisch; wir stellten uns hinten an. Er fuhr fort: »Das hat schon eine Menge Schwierigkeiten verursacht. Den rumänischen Fans ist irgendwo ihr Gepäck abhanden gekommen, die Russen können ihren Dolmetscher nicht finden, und die Deutschen beschweren sich über die sanitären Einrichtungen. Wenigstens sprechen die Amerikaner Englisch, auch wenn es einen Kuddelmuddel mit ihren Zimmern gegeben hat - ihr seid nicht die einzigen.«
    Mittlerweile hatten wir uns zu dem Tisch vorgearbeitet, wo ein großes, handgemaltes Schild verkündete: PHANTASMACON - ANMELDUNG. Hinter dem Tisch saßen mehrere Leute, halb verdeckt von Kartons, an denen Teddybären lehnten. Rick Corrie führte uns zu einem blauen Teddy mit einem großen M darunter. Der Teddy hatte ein Schild um den Hals, auf dem stand: ICH BIN SOKRATES. ICH y CONS. Ich schaute in seine traurigen Knopfaugen und wünschte, ich hätte es nicht getan. Vorläufig war mir nicht danach, mich seiner Aussage anzuschließen.
    »Mallory«, sagte Rick Corrie zu dem dicken Mädchen hinter dem Karton. Laut Namensschild hieß sie WILLOW, aber Rick nannte sie Wendy. »Der Rest der Familie unseres Ehrengastes, Wendy.«
    Wendy schenkte uns ein flüchtiges Lächeln, bei dem ihre Wangen sich unter den Augen zu Tennisbällen zusammenschoben, dann senkte sie die Tennisbälle und sagte mit einer durchdringenden, quengelnden Stimme: »Rick, hoffentlich kommt mich hier bald jemand ablösen. Ich muß die Gewänder für die Zeremonie anlegen.«
    »Nicht mein Problem«, meinte Rick heiter. »Sprich mit Magnus oder Parabola.«
    Wendy murmelte etwas vor sich hin, während sie Hunderte von Plastiktüten in ihren Kartons durchwühlte. Ihr e Suche na hm einige Zeit in Anspruch, weil ihr das lange Haar über die runden Schultern fiel und sie immer wieder innehielt, um es zurückzuwerfen. Als sie endlich die zwei richtigen Tüten entdeckte und sich, Tennisbälle lächelnd, vorbeugte, um sie uns an Sokrates vorbei zu überreichen, stauten sich ihre mächtigen Brüste auf den Kartons zu dicken Kissen. Nick wandte hastig den Blick ab. Ich glaube, er dachte, sie sei irgendwie mißgebildet.
    »Hier bitte«, sagte sie. »Programme und Frühstücksbons, Glückszahl und Namensschild. Bitte tragt euer Schild immer angesteckt. Wir haben Ärger mit Leuten, die versuchen, sich einzuschleichen, ohne angemeldet zu sein.«
    Nick schnappte sich seine Tüte irgendwie von der Seite, und ich nahm meine. »Sehr schön«, sagte Rick Corrie. »Dann bringe ich euch jetzt nach oben zu ... « Sein Handy piepste. Er hielt es ans Ohr und lauschte mit zunehmender Sorge dem aufgeregten Gequake aus dem Apparat. »Aber wir erwarten keinen Gast aus Kroatien!« sagte er zu dem Anr ufer. »Also gut, ich bin in zwei Minuten unten.« Schon auf dem Sprung, winkte er einem blassen Jüngling, der an der Schmalseite des langen Tisches herumlungerte. »He du«, sagte er zu ihm, »du bringst diese beiden zu den Zimmer 534 und 535, sei so gut. Ich muß los«, wandte er sich an uns. »Wir sehen uns bei der Zeremonie.« Und weg war er.
    Der junge Mann streckte ernsthaft die Hand aus, um mir meine Tasche abzunehmen. »Die Aufzüge sind hier drüben«, sagte er. Sein Haar war so hell, daß es grünlich schimmerte, fast wie sein T-Shirt, das mit Worten einer fremden Sprache bedruckt war. Finnisch? dachte ich, während er den Rufknopf des Aufzugs drückte.
    Ich wollte ihn fragen, doch plötzlich brach hinter uns ein ungeheurer Tumult los. Eine spitze

Weitere Kostenlose Bücher