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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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die Zukunft gezeigt. Plötzlich kam mir ein banger Gedanke. »Nick!« In den Spiegeln konnte ich sehen, wie er verstohlen die drei mit dem Baby beobachtete und herauszufinden versuchte, wer von ihnen Mann beziehungsweise Frau war. Schwer zu sagen. Zwei von ihnen konnten beides sein. Ich bohrte meinen längsten Fingernagel in seinen Ellenbogen. »Nick, wer hat unsere Zimmer reserviert? Janine oder Onkel Ted?«
    »Wieso? Mum ist es gewesen.«
    Plötzlich geschah das Unerwartete. Wir beide sahen in der Spiegeldecke, wie ein Schimmer von Intelligenz Odiles Miene belebte, und wandten uns ihr hoffnungsvoll zu. »Mallory«, sagte sie. »Der Computer meldet ein EZ, gebucht auf den Namen Nick Mallory.«
    Hatte ich’s nicht geahnt! Liebe Janine!
    »Schauen Sie noch einmal nach«, forderte Nick Odile auf. »Es müßte auch noch ein Zimmer für Maree Mallory reserviert sein.«
    Das Licht auf ihren Zügen erlosch wieder, aber sie tippte auf ihrer Tastatur herum. Plötzlich konnte ich nicht mehr hinsehen; mir war nach Heulen zumute. Ich meine, ich weiß, daß Janine mich haßt, aber es so unverblümt demonstriert zu bekommen, war fast zuviel - und der Gedanke, den ganzen Weg nach Bristol zurückfahren zu müssen, im Dunkeln, war entschieden zuviel. Ich richtete den Blick zur Decke, wo der Mann, den die drei mit dem Baby der Reihe nach umarmt hatten, sich jetzt kopfunter durch das Foyer bewegte und links und rechts Leute begrüßte. Mit seinem leuchtend weißen T-Shirt stach er aus der Menge hervor; er trug eine Reihe flacher Buttons an der Brust und am Gürtel irgendein Gerät, wegen seiner über den Hosenbund quellenden Leibesfülle nicht genau identifizierbar. Dann verschwamm mir seine Gestalt vor den Augen. Um nicht in Tränen auszubrechen, schaute ich wieder Odile an. Sie schüttelte den Kopf.
    »Aber das kann nicht sein!« Es brach viel zu laut aus mir heraus. »Wenn für Nick ein Zimmer reserviert ist, muß auch für mich eins da sein. Mein Onkel ist Ehrengast bei diesem Kongreß. Man hat ihm zugesichert, für seine Familie würden Zimmer zur Verfügung stehen.«
    Der Mann mit dem weißen T-Shirt trat neben mich. »Habt ihr Schwierigkeiten?« fragte er.
    Wir zuckten beide zusammen. Es war unheimlich, ihn sowohl greifbar, als auch an der Decke gespiegelt neben meiner kleinen, löwenmähnigen Gestalt stehen zu sehen. Auf einem seiner Buttons stand KOMITEE, und nachdem ich die Brille vor die Augen geschoben hatte, konnte ich den Namen darunter entziffern: Rick Corrie. Auf den übrigen Buttons standen Sprüche wie: WISSEN IST MACHT - NICHTS WISSEN MACHT AUCH NICHTS und LEGASTHENIE IST KO, und das Ding an seiner umfangreichen Taille war ein Handy. Er hatte einen schwarzmelierten Bart und ein rundes, freundliches Gesicht.
    »Diese Roboterfrau behauptet, für mich wäre kein Zimmer reserviert!« Ich schämte mich für das unkontrollierte, blökende Schluchzen in meiner Stimme.
    »Passiert dauernd«, erklärte Rick Corrie wohlgemut. »Ich bin so eine Art Verbindungsmann. Sehen wir, was ich tun kann.« Er schob mich sanft zur Seite und begann lebhaft, in einer fremden Sprache auf Odile einzureden. Odiles Gesicht verwandelte sich von dem eines sorgenvollen Roboters in das eines menschlichen Wesens, und sie begann, mit ungeahnter Energie ihr e Tastatur zu bearbeiten. Rick Corrie wandte sich an Nick. »Wie war noch mal der Name? Wir versuchen, deine Schwester neben dir unterzubringen.«
    »Kusine«, berichtigte Nick. »Ich bin Nick Mallory. Sie heißt Maree.«
    Ein strahlendes Lächeln breitete sich über Ricks Gesicht, von einem Ohr zum anderen. »Dann seid ihr die Familie des großen Mannes. In dem Fall müssen wir aber wirklich ein wenig mit den Z imm ern jonglieren.« Er beugte sich wieder über den Tresen und begann eine erneute Debatte mit Odile. Nach weniger als einer Minute drehte er sich herum und reichte jedem von uns einen Schlüssel. »Hier bitte. Zimmer 534 und 535. Unterschreibt diese Formulare, und dann bringe ich euch nach oben zur Anmeldung für den Con.«
    Wir unterschrieben - ich erfüllt von einem überwältigenden Gefühl der Dankbarkeit -, nahmen unsere Taschen und folgten Rick zur Treppe. Ich erhaschte einen letzten Blick auf uns in der verspiegelten Decke: aufgeregt und erleichtert, und ich reduziert auf eilige jeansblaue Beine unter einer zerzausten Haarmähne, an der Seite von Rick Corrie. »Wie haben Sie das hingekriegt?« fragte ich.
    »Kein großes Kunststück«, antwortete er. »Ich habe ihr gesagt, sie

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