Eine Frage der Balance
Gefühl, ich müßte die drei verteidigen, und dazu habe ich keine Lust. Wie wär’s mit einer Tasse Kaffee?«
So kam es, daß ich zu meiner fortgesetzten Überraschung mit ihm in der Ecke eines Korridors irgendwo an einem Glastisch Kaffee trank. Ich glaube, der Fatzke war selbst ziemlich überrascht; seine Augen hatten einen staunenden Blick hinter den goldgefaßten Gläsern. Trotzdem, nur um sicherzugehen, fragte ich ihn, ob er das Flugblatt gelesen hatte. Der staunende Blick verstärkte sich, und er fragte: »Die geben hier auch noch ein Flugblatt heraus? Hier wird ziemlich hart gearbeitet, nicht wahr?« Nun war ich überzeugt, daß er mir nicht aus Mitleid den Kaffee spendierte, und da ich immer noch kochte, erzählte ich ihm von Onkel Teds magischen Fenstern.
»Und alles, was er dazu sagte, war, daß sie den Wert seines Hauses steigern!« schloß ich. »Igitt! Pfui!«
»Vielleicht ist es ihm nur auf diese Art möglich, darüber zu sprechen«, glaubt der Fatzke abwiegeln zu müssen. »Sie müssen irgendeine Wirkung auf ihn haben. Immerhin hat er >Wert< gesagt, selbst wenn er den Ausdruck im Zusammenhang mit Geld gebrauchte. Unter Umständen fällt es ihm schwer, öffentlich über Dinge zu reden, die ihn als seltsam oder wundersam berühren. Er könnte Angst haben, daß die Leute glauben, er wäre ein Spinner oder Träumer.«
»Da sollte er drüber stehen«, meinte ich. »Und Sie haben eben gesagt, Sie wollten ihn nicht verteidigen.«
»Ja, richtig, aber - ich weiß von meiner Arbeit her, alles Planen und Wollen bringt mich nicht sehr weit, außer es kommt dieser Moment blitzartiger Erleuchtung, wenn wie durch ein Wunder plötzlich alles zusammenpaßt. Dann erscheinen mir die Dinge hell und klar, und die Ideen fliegen mir zu. Ihr Onkel und die anderen - sie müssen solche Augenblicke erleben, oder sie könnten nicht tun, was sie tun. Doch es ist furchtbar schwer in Worte zu fassen, und deshalb verkaufen sie sich als reine Handwerker und erzählen, was sie glauben, das die Leute hören wollen.«
»Netter Versuch«, sagte ich, »aber Dinge in Worte zu fassen ist ihr Job, oder nicht? Das sollten sie können. Was arbeiten Sie denn?«
»Ach, ich - hm - ich entwickle Computerspiele.«
»Klasse! Aliens subtrahieren? Zraaap, zraaap? Mir macht es Spaß, Aliens abzuschießen.«
Und er: »Kann ich mir vorstellen. Aber bei meinen Spielen kann man noch ein paar andere Dinge tun; sie sind ziemlich vielschichtig. Eine komische Vorstellung übrigens, daß ziemlich viele von ihnen auf der Grundlage von Büchern entstanden sind, die man hier auf dem Basar kaufen kann, wie ich höre, und ich habe kein einziges davon gelesen.«
»Aber das hätten Sie tun sollen!« Ich war entsetzt. Er sagte, er arbeitete nach den Wünschen der Vertreiberfirmen, und ich belehrte ihn, das sei nicht genug. Sobald wir ausgetrunken hatten, schleppte ich ihn zum Basar, von dem ich mich bisher tunlichst ferngehalten hatte. Wenn ich außer dem im Preis inbegriffenen Frühstück noch ab und zu etwas essen wollte, durfte ich nicht in den Bannkreis all dieser Bücher gelangen. Ich hatte nur einmal an der Tür gestanden und gelechzt. Doch es war in Ordnung, wenn jemand anders sie kaufte, stellvertretend - es befreite mich von dem Drang, mit meinem letzten Geld den Geist, statt den Leib zu nähren. Nun ja, fast. Ich überredete ihn, alles zu kaufen, was man einfach gelesen haben muß (Kaum zu glauben, er kannte nicht einmal I, Robot oder den Herrn der Ringe!) und ein oder zwei meiner besonderen Favoriten sowie die neuesten Werke von drei oder vier Autoren, die ich wirklich mag. Ich gedenke, sie mir von ihm auszuleihen. Wir sahen uns auch Schmuck und Drachen und Comics an (sie hatten einen alten Sandman, der mir noch fehlt, aber zu einem horrenden Preis) und dann die Stände mit Bildern. Zinka Fearon hatte einige schöne Sachen zu verkaufen, aber die gläsernen Aliens am Stand daneben waren scheußlich!
»Erinnert mich an den Pullover Ihrer Tante«, sagte der
Fatzke. »Sie ist Ihre Tante, nicht wahr? Die mit dem Vanillepudding auf der Schulter.«
»Ich fand, es sieht aus wie ein Ei. Ja, das ist unsere Janine.« Durch den Pullover wurde ich an das Frühstück erinnert, und ich versuchte, aus ihm herauszubekommen, weshalb er den verrückten Kroaten, der glaubte, Onkel Ted wäre der Malory mit dem Buch über die Ritter der Tafelrunde, so merkwürdig angesehen hatte. Doch er war aalglatt.
Er sagte: »Armer Kerl. Ich sah plötzlich, was der Krieg den
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