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Eine Frage der Zeit

Eine Frage der Zeit

Titel: Eine Frage der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Sander
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letzten Tag seines Lebens geschrieben hatte. Es waren fünf SMS, vier davon offenbar belanglos. Die letzte an seine Lebensgefährtin, eine gewisse Marion Clarke, hatte es allerdings in sich: „Treffe Fleischmann 16/30h + gebe ihm sein Geld. Liebe dich. A.“
    „Den Zettel kannst du behalten, ich habe noch Kopien“, bot Susanne an. „Dieser Bernd Fleischmann ist ein ganz übler Bursche mit einem ellenlangen Vorstrafenregister. Er wurde mehrmals zu Haftstrafen verurteilt, unter anderem wegen Förderung der Prostitution, schwerer Körperverletzung und Nötigung. Etliche Verfahren wurden eingestellt, weil die Belastungszeugen ihre Aussagen widerriefen. Vermutlich waren sie von Fleischmann oder seinen Kumpanen unter Druck gesetzt worden. Der Kerl betreibt aktuell mehrere Bordelle in der Pfalz. Seine Zentrale ist die Mausefalle hier in Waldenthal. Die ermittelnden Kollegen hatten ihn damals wegen der SMS verdächtigt, ein Komplize beim Kunstraub gewesen zu sein.“
    „Stop“, unterbrach Velten. „Kannst du kurz zurückspulen und meinen Kenntnisstand über den Raub auffrischen? Das Ganze ist schon eine ganze Weile her.“
    „Gerne. Du kommst ja langsam in das Alter, in dem man gerne etwas vergisst“, flachste sie. „Vor drei Jahren, am Abend des 17. Mai wurde Konstantin Landau in seinem Haus überfallen und ermordet. Er entstammte einer alteingesessenen Dynastie von Schuhproduzenten. Sein Vater hatte das Familienunternehmen rechtzeitig vor dem Niedergang der Branche für viele Millionen verkauft und sein Geld unter anderem in französische Impressionisten investiert. Er hatte in seiner Villa eine Art Privatmuseum eingerichtet, in dem alles hing, was gut und teuer war: Manet, Monet, Sisley, Chaudey und so weiter.“
    „Ziemlich unvorsichtig, solche Werte bei sich zuhause aufzubewahren.“
    „Eigentlich nicht“, widersprach Susanne. „Der Raum mit den Gemälden war gesichert wie Fort Knox. Es gab eine aufwändige Alarmanlage mit direkter Leitung zur Polizei und mehrere Überwachungskameras. Außerdem wussten nur wenige Eingeweihte von Landaus Sammlung.“
    „Womit wir bei Alexander Stürmer wären.“
    Susanne stieß ihn freundschaftlich an: „He, du kannst dich ja doch noch bruchstückhaft erinnern. Aber du hast recht. Er war ein gebürtiger Waldenthaler und im gesamten deutschsprachigen Raum als Restaurator tätig. Er genoss unter Sammlern und Galeristen einen exzellenten Ruf. Er und unser Kunstfreund Landau kannten sich seit ihrer Schulzeit. Als die Impressionisten aufgefrischt werden mussten, lag es nahe, dass sich Landau an Stürmer wenden würde. Der ist dann tatsächlich monatelang in der Villa ein- und ausgegangen, als er die Bilder einzeln abholte und nach der Restaurierung wieder zurückbrachte.“
    „Dann hatte er also mehr als genug Gelegenheiten, sich mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut zu machen. Was genau geschah an diesem 17. Mai?“
    „Landau, der seit dem Tod seiner Frau alleine in dem großen Haus lebte, hatte an diesem Abend einen oder, was wahrscheinlicher ist, mehrere Besucher eingelassen. Denkbar ist auch, dass ein möglicher Komplize der Täter, ein gewisser Thomas Schatz, den Räubern die Tür öffnete. Er war so etwas wie ein Hausmeister bei Landau. Es fanden sich jedenfalls nirgendwo Einbruchsspuren. Die Eindringlinge müssen Landau dann gezwungen haben, die Alarmanlage und die Kameras in der Gemäldegalerie abzuschalten. Dann töteten sie ihn mit mehreren Messerstichen in den Rücken und in den Hals. Seine Leiche wurde am nächsten Tag in seinem Arbeitszimmer vor dem offenen und selbstverständlich leeren Safe gefunden.“
    Velten machte sich Notizen. „Wisst Ihr, was aus dem Tresor gestohlen wurde?“
    „Leider nein. Anschließend verschafften sich die Täter Zugang zur Impressionistensammlung und räumten sie bis auf das letzte Bild aus.“
    „Wie kam die Polizei Stürmer auf die Schliche?“
    „Man fand seine Fingerabdrücke auf einer Tischlampe in Landaus Wohnzimmer.“
    „Die könnte er doch bei einem seiner vielen Besuche während der Restaurierung von Landaus Gemälden dort hinterlassen haben.“
    „Genau das sagt er im Verhör auch aus. Doch ein aufmerksamer Polizeikollege hatte in der Wohnung eine Rechnung gefunden, die bewies, dass Landau die Lampe erst zwei Tage vor seinem Tod gekauft hatte. Und da war die Restaurierungsaktion längst abgeschlossen.“
    „Wieso wurde Stürmer nicht sofort festgenommen?“
    Susanne rutschte unbehaglich auf ihrem Stuhl herum.

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