Eine Frage der Zeit
Feind zu fraternisieren.“
„Ich werde auf der Hut sein.“
Sie verabredeten, sich abends an Nina Josts Hotel zu treffen. Velten begleitete sie noch zum Treppenhaus. Marcks kam ihnen auf dem Flur entgegen. Nachdem sich die beiden Frauen herzlich verabschiedet hatten, informierte Marcks ihn über ihre Telefonate: „Wir sind in zwei Stunden mit Frank Meister verabredet, um über den Kunstraub in den neunziger Jahren zu sprechen.“
„Mit dem Pressesprecher der Stadtverwaltung? Warum nicht mit der Museumsleiterin?“
„Meike Winter ist nicht im Dienst. Elternzeit.“
„OK. Haben Sie diesen Markus Omlor erreicht?“
„Ja. Ich habe ihn nach Fleischmann gefragt. Er sagt, er habe nie von ihm gehört. Allerdings habe seine Frau ein ziemliches Geheimnis aus ihrer Vergangenheit gemacht. Er will daher nicht ausschließen, dass Marion Clarke den Zuhälter kennt.“
„Dann wird uns wohl nichts anderes übrigbleiben, als Fleischmann selbst nach einer Verbindung zu ihr zu befragen“, sagte Velten. „Hat Omlor Ihnen etwas über den Verkauf seines Anteils an der Boutique an seine Ex-Frau erzählt?“
„Allerdings. Er ist jetzt übrigens tatsächlich Teilhaber eines gehobenen Restaurants in Ludwigshafen, wie uns Marion Clarke bereits sagte.“ Sie blätterte in ihren Notizen. „Er hat mir gesagt, dass seine Ex-Frau ihm damals von sich aus angeboten hatte, ihm seinen Anteil an Clarke & Omlor abzukaufen. Woher sie plötzlich das Geld hatte, um das Geschäft zu übernehmen, weiß er angeblich nicht.“
„Moment mal“, intervenierte Velten. „Uns hatte die Clarke doch erzählt, er hätte dringend Geld gebraucht und sie gebeten, ihn auszuzahlen.“
„Die beiden widersprechen sich in diesem Punkt“, stimmte Marcks ihm zu. „Omlor nannte die Boutique eine ‚beschissene Geldvernichtungsmaschine’ und ein ‚Fass ohne Boden’. Er sei verdammtes Glück gewesen, dass er mit einem blauen Auge aus dem Unternehmen habe aussteigen können. Warum die Clarke den maroden Laden unbedingt alleine führen wollte, habe er sich nicht erklären können, aber auch nicht groß danach gefragt. Er sei jedenfalls heilfroh gewesen, sowohl die Frau als auch das Geschäft loszuwerden.“
„Die Clarke hat uns erzählt, dass sie sich oft mit ihm wegen des Geschäfts gestritten habe. Vielleicht läuft der Laden ja besser, seit er nicht mehr mitmischt und Marion Clarke den Laden so führen kann, wie sie es für richtig hält. Das würde erklären, wieso die Boutique immer noch existiert.“
„Das wäre natürlich möglich. Omlor sagte mir am Ende unseres Gesprächs, er habe seinen Ausstieg nie bereut und sein neues Restaurant sei eine Goldgrube.“ Sie sah auf die Uhr: „Was machen wir jetzt?“
„Es ist Mittag. Wir haben die Wahl zwischen Luigi und Kantine.“
- - -
Eine gute Stunden später verließen sie Luigis Pizzeria und gingen die Fußgängerzone entlang in Richtung Rathaus. Velten hielt sich im Schatten der Häuser, um den sengenden Sonnenstrahlen zu entgehen. Er fühlte sich erschöpft. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, eine große Pizza mit extra Käse zu bestellen. Marcks war cleverer gewesen und hatte sich mit einem Salat begnügt.
„Frau Jost ist ziemlich nett, oder?“, fragte sie. „Also im Vergleich zu den üblichen Beratern, die ja alle die Pest sind, wie Sie neulich sagten.“
„Sie versteht etwas von unserer Branche“, gab Velten zu. „Und sie will den Kurier nicht kaputt sparen, wie die anderen TGHZ-Experten, sondern mit uns gemeinsam Modelle für neue Einnahmequellen entwickeln.“
„Da Sie heute Morgen etwas später ins Büro kamen, hatte ich Zeit, mich mit ihr zu unterhalten. Sie war sehr interessiert an dem Rothaar-Mord und an der alten Kunstraub-Sache. Sie wollte wissen, wie wir den Fall einschätzen und in welche Richtung die Polizei ermittelt.“
„Das überrascht mich nicht. Frau Jost ist schließlich gebürtige Waldenthalerin. Mord und Totschlag in der eigenen Heimatstadt sind für jeden spannend.“
„Sie hatte mir gegenüber nicht erwähnt, dass sie von hier stammt. Das ist natürlich eine Erklärung für ihr Interesse. Vielleicht kannte sie Alexander Stürmer oder einen der anderen Beteiligten an dem Verbrechen persönlich.“
Daran hatte er überhaupt noch nicht gedacht. Er nahm sich vor, sie am Abend danach zu fragen.
Sie erreichten das Ende der Fußgängerzone und bogen auf den Rathausplatz ein. Marcks blieb wie angewurzelt stehen: „Das gibt es doch
Weitere Kostenlose Bücher