Eine Frage der Zeit
Rothaar mit der alten Sache zu tun haben?“
„Das ist gut möglich, Rouven. Vor einem Jahr tauchten mehrere Gemälde von Hofstetter wieder auf, und zwar in Amerika. Da könnte es einen Zusammenhang mit der Ermordung von Rothaar geben. Ich frage mich, warum die Polizei in diese Richtung nicht ermittelt.“
„Das ist in der Tat mysteriös. Vielen Dank, Edda. Wir haben also einen Toten, der sowohl mit den Morden an Kunstsammler Konstantin Landau und dem Restaurator Alexander Stürmer als auch mit einem zwanzig Jahre alten Verbrechen in Verbindung stehen könnte. Radio Waldenthal wird natürlich weiter am Ball bleiben. Alle Infos zu diesem Aufsehen erregenden Fall und das vollständige Interview mit der Polizeipräsidentin finden Sie auf unserer Homepage. Wir machen weiter mit Lokalnachrichten, bevor wir den brandneuen Nummer-Eins-Hit von Stella...“
Velten schaltete das Autoradio aus und fluchte in sich hinein. Edda Sahm war auf der gleichen Spur wie der Morgenkurier , hatte die Meldung aber zuerst gebracht. Jetzt konnten sie nur noch nachziehen.
Im Pre ssehaus angekommen, setzte er sich missmutig an seinen Schreibtisch und starrte in den Computer. Renate Knab, die seine Stimmungen kannte, stellte wortlos seinen üblichen Becher Kaffee auf den Schreibtisch und zog sich zurück. Fünf Minuten später, in denen Velten mürrisch in seinen Mails gelesen hatte, öffnete sich die Tür und Marcks kam laut schwatzend mit Nina Jost ins Büro. Die beiden Frauen schienen sich gut zu verstehen. „Morgen, Chef.“
„Frau Jost, guten Morgen, hatten wir... ich meine, sind wir...?“
Sie lachte: „Ja, wir sind verabredet. Schon vergessen?“
„Um ehrlich zu sein, ja. Ich war heute Morgen etwas spät dran und habe es völlig verschwitzt.“
„Sollen wir einen neuen Termin suchen?“
Er lehnte ab und bot ihr einen Stuhl an der kleinen Besprechungsecke neben seinem Schreibtisch an. Während sie ihr Notebook startete, wandte sich Velten an Marcks: „Haben Sie die Radionachrichten gehört?“
„Allerdings. Ich frage mich, wie Edda Sahm von Rothaars Verwicklung in den Raub im Museum erfahren hat. Das Ganze ist doch schon ewig her.“
„Sie könnte natürlich, wie Sie auch, in unserem Archiv gesucht haben. Aber da sie in den Nachrichten sagte, sie hätte die Meldung exklusiv, glaube ich das eher nicht. Jemand bei der Polizei war wohl so freundlich, ihr die Information zu stecken.“
Marcks sah ihn gespannt an: „Und was machen wir jetzt?
„Haben Sie schon den Termin mit der Museumsleiterin vereinbart?“
„Ups.“
„Suchen Sie sich ein freies Büro und rufen Sie sie an. Und wenn Sie sowieso schon telefonieren, versuchen Sie, diesen Omlor aufzustöbern.“
„Den Ex-Mann von Marion Clarke? Warum?“
„Vielleicht weiß er etwas über eine mögliche Verbindung seiner geschiedenen Frau zu Fleischmann. Außerdem würde mich interessieren, wie sie an das Geld kam, um ihm seinen Anteil an ihrem gemeinsamen Geschäft abzukaufen.“
Marcks machte sich Notizen: „Geht klar. Sonst noch etwas?“
„Ja, nehmen Sie an der Redaktionskonferenz teil und entschuldigen Sie mich bei Kreutzer. Richten Sie ihm aus, ich wäre verhindert, weil ich seinem Wunsch gemäß gerade mit Frau Jost ‚kooperiere’.“
Sie lachte: „Verstanden.“ Dann eilte Sie aus dem Büro.
„Bitte entschuldigen Sie“, sagte Velten an Nina Jost gewandt. „Das erlaubte leider keinen Aufschub. Möchten Sie einen Kaffee oder lieber einen Tee?“
Die Beraterin entschied sich für ein Glas Wasser: „Frau Marcks hat mir eben auf dem Flur kurz von der Story erzählt. Mord, Raub, verschwundene Kunstwerke. Und das alles in meinem kleinen Waldenthal.“
„In ‚Ihrem’ Waldenthal?“
„Ja, ich bin hier aufgewachsen und erst zum Studium weggezogen. Erwähnte ich das nicht?“
„Nein“, sagte Velten verblüfft.
„Deswegen hat mich TGHZ ja für den Beraterjob beim Morgenkurier ausgewählt und mir den Vorzug vor anderen Kollegen gegeben.“ Sie zwinkerte ihm zu: „Heimvorteil, Sie verstehen.“
„Dann wohnen Ihre Eltern wohl noch hier.“
„Sie verbringen den Sommer meistens in ihrer Heimatstadt in Kroatien. In zwei Wochen kehren sie wieder zurück nach Waldenthal.“
„Ich wusste, nicht, dass S ie einen... Migrationshintergrund haben.“ Eigentlich hasste Velten den Begriff aus dem Gutmenschenvokabular, aber ihm war gerade kein besserer eingefallen.
„Den ha be ich nicht wirklich. Ich bin in Waldenthal geboren, wenn auch mit dem
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