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Eine Frage der Zeit

Eine Frage der Zeit

Titel: Eine Frage der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Sander
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Fleischmann war etwa fünfunddreißig Jahre alt und sah so aus, wie sich die Drehbuchautoren von Vorabendkrimis einen Bordellbetreiber vorstellen: muskelbepackter Körper, halboffenes Hemd, Goldkettchen auf der behaarten Brust und ein Teint wie ein Brathähnchen. Der Teil seines Gesichts, der unter der großen Sonnenbrille zu sehen war, war von Aknenarben verunstaltet.
    „Presseschnüffler, hm? Ich hatte zuerst gedacht, du wolltest deine Kleine zum Vorstellungsgespräch vorbeibringen.“ Er lachte derb. „Süße, du bist zwar etwas dünn, aber ich hätte hier trotzdem Verwendung für dich.“ Fleischmann sah nicht nur aus wie aus einem schlechten Film, er benahm sich auch so.
    „Danke aber ich bin ganz zufrieden beim Morgenkurier “, antwortete Marcks pikiert.
    „Bei mir würdest du locker das Vier- oder Fünffache verdienen. Augen auf bei der Berufswahl, Süße.“
    Velten ging nicht auf sein Geschwätz ein: „Wir suchen Informationen über Alexander Stürmer.“
    „Wozu? Der verdammte Versager hat vor drei Jahren den Löffel abgegeben.“
    „Er hatte Schulden bei Ihnen, als er starb.“
    Fleischmann zog an seiner Zigarette: „Ja, hundert Scheine hätte ich von der Flasche noch zu kriegen. Plus Zinsen. An dem Tag, als er für immer von uns ging, hatte er mich angerufen und erzählt, er würde mir die Kohle vorbeibringen. Tat er aber nicht. Wäre ja auch zu schön gewesen.“
    „Stand er öfter bei Ihnen in der Kreide?“
    „Andauernd. Er pokerte gerne, aber nicht besonders gut. Verlor ein Heidengeld. Einen seiner Kredite hatte er mit seinem Ami-Schlitten bezahlt.“ Fleischmann deutete auf den in Schreipink lackierten Wagen. „Der Hobel war froschgrün, könnt ihr euch das vorstellen? Ich musste ihn erst umspritzen lassen, bevor ich mich damit sehen lassen konnte. Man hat schließlich einen Ruf zu verlieren.“
    Marcks deutete auf die Mausefalle : „War Stürmer auch Kunde in Ihrem... Lokal?“
    „Ja, aber nur an der Bar. An die Mädchen hatte ich ihn nicht mehr ‚rangelassen.“
    „Warum nicht?“
    „Weil er sich nicht benehmen konnte. Wenn er etwas getrunken hatte, wurde er gerne handgreiflich. Natürlich nur bei den Weibern, für mehr reichte es bei ihm nicht. Sonst noch Fragen? Ich muss mich um meinen Laden kümmern.“
    „Die Polizei hatte Sie damals im Verdacht, Stürmer getötet zu haben“, sagte Velten.
    „Die Scheißbullen wollten mir etwas anhängen, weil er kurz vor seinem Tod seiner Alten eine SMS geschickt hatte, in der er davon faselte, mir meine Kohle zurückzuzahlen. Außerdem hatten die Schnüffler Stürmers Telefondaten kontrolliert und herausgefunden, dass er mich an seinem Todestag angerufen hatte. Die Kripo wollte mir daraus einen Strick drehen. Sagten, ich wäre an der Ermordung dieses Kunstsammlers beteiligt gewesen und bei dem Telefonat hätte es sich um die Vereinbarung eines Treffens zur Aufteilung der Beute gehandelt. Ich saß wegen der Scheiße sogar eine Nacht in U-Haft, aber mein Anwalt hat mich am nächsten Morgen rausgepaukt. Danach ließen mich die Bullen in Ruhe.“ Fleischmann sah Velten misstrauisch an: „In deinem Käseblatt stand damals sogar, ich wäre ‚dringend tatverdächtig’. Hattest du den Artikel geschrieben?“
    „Da müsste ich nachsehen, das ist ja schon drei Jahre her“, wich Velten aus. Tatsächlich konnte er sich noch sehr genau daran erinnern, damals über Fleischmanns mögliche Verwicklung in den Raubmord berichtet zu haben. Sein Name hatte ganz oben auf der Liste möglicher Tatbeteiligter gestanden und die Polizei war sich sehr sicher gewesen, ihn rasch überführen zu können.
    Marcks schaltete sich in das Gespräch ein: „Stürmer hatte diese SMS damals an eine gewisse Marion Clarke geschickt. Kennen Sie sie?“
    Fleischmann grinste: „Und ob, Süße. Ich lernte sie vor zehn oder fünfzehn Jahren oder so kennen. Damals nannte sie sich noch ‚Valerie’ und vertrieb einsamen reichen Herren die Langeweile.“
    „Marion Clarke hat für Sie gearbeitet?“, fragte Marcks ungläubig.
    „Quatsch! Valerie war eine ganz andere Preisklasse als meine Mädchen. Escortservice und so weiter. Ich hatte ein paar Mal versucht, sie zu ‚managen’, aber sie wollte lieber auf eigene Rechnung arbeiten. Man munkelte, dass sie ziemlich erfolgreich war.“
    „Lernte Sie dabei Alexander Stürmer kennen?“
    „Nee, die sind sich später irgendwo begegnet. Er hatte gerne damit angegeben, dass er mit einer ehemaligen Professionellen zusammen war.

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