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Eine Frage der Zeit

Eine Frage der Zeit

Titel: Eine Frage der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Sander
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dunkle Wagen zu steigen.“
    „Wollen Sie sie vielleicht anrufen und um Rat fragen? Ich warte solange.“
    Lachend stieg sie ein: „Ach was, ich bin ein großes Mädchen. Und wer weiß, am Ende würde sie es mir vielleicht verbieten, und das wäre sicher schade, denn wir... Um Himmels Willen, was haben Sie mit Ihrer Nase gemacht?“
    „Ich habe mich geprügelt“, sagte Velten zerknirscht. „Nun ja, um bei der Wahrheit zu bleiben, ich wurde verprügelt.“ Er berichtete ihr von seinem Zusammentreffen mit Fleischmann. „Zu dumm, jetzt müssen Sie den ganzen Abend mit einem grässlich entstellten Mann verbringen.“
    Sie winkte ab: „Halb so wild. Ich werde mich auf Ihre inneren Werte konzentrieren.“
    Am Abend war die A8 kaum befahren und sie erreichten das „Posthaus“ in Zweibrücken nach zwanzig Minuten. Der Abend war lau und so zogen sie einen Platz auf der schattigen Terrasse dem reservierten Tisch im Gastraum des Restaurants vor.
    Velten hob seinen Dry Martini: „Wie schön, dass ich Sie überreden konnte, den Abend mit mir anstatt mit ihrem Bericht zu verbringen.“
    Sie stieß mit ihrem Prosecco an: „Der Bericht läuft mir ja nicht weg.“
    Eine Weile saßen sie sich schweigend gegenüber. Grillen zirpten im wilden Wein, der an der Wand des „Posthauses“ empor wuchs, und Vögel zwitscherten in den Bäumen. Ein leichter Wind ließ die Blätter rascheln und sorgte für eine angenehme Abkühlung.
    „Ich bin gerne hier“, sagte Velten. „Ich habe das ‚Posthaus’ vor zwei Jahren...“ Er hielt inne, weil sie abrupt zu lachen anfing. „Was ist, habe ich etwas Komisches gesagt?“
    „Nein, es ist nicht Ihre Schuld“, sagte Nina Jost und versuchte ernst zu bleiben. „Ich muss nur die ganze Zeit auf Ihre Nase starren. Ich fühle mich ein bisschen wie ‚Hildegard’ im Nudelsketch von Loriot.“ Sie prustete los und verbarg ihr Gesicht hinter der Serviette.
    Das fängt ja gut an, dachte er.
    „Es ist mir schrecklich peinlich, entschuldigen Sie bitte“, sagte sie, als sie sich mühsam wieder gefangen hatte. „Ich werde mich zusammenreißen, versprochen.“
    „Sind Sie sicher, dass Sie das schaffen?“
    Sie hob die rechte Hand: „Ich schwöre es. Und jetzt will ich alles über Maximilian Velten wissen.“
    „Die ganze Vita mit allen schmutzigen Geheimnissen? Das kann dauern.“
    „Wir haben Zeit, bis der Fisch kommt.“
    „So schrecklich viel gibt es über mich nicht zu erzählen. Vor vierundvierzig Jahren im Saarland geboren. Abitur, Wehrdienst, Studium. Seit fast zwanzig Jahren beim Morgenkurier . Geschieden, keine Kinder.“ Velten rutschte unbehaglich auf dem Stuhl herum. Wenn es nach ihm ging, könnte der Ober jetzt den Fisch servieren.
    „Sie reden nicht gerne über sich“, sagte sie. „Das ist ziemlich untypisch für einen Mann.“
    „Bringt mir das Bonuspunkte ein?“
    Sie lächelte: „Ja, ich mag Herausforderungen und ich glaube, Sie sind eine harte Nuss. Wie war das mit Ihrer Ehe? Was ist schiefgelaufen?“
    Er zuckte mit den Schultern: „Zwei Skorpione sollten wohl besser nicht heiraten. Es hatte einfach nicht gepasst. Irgendwann leuchtete uns das schließlich ein. Nun ja, Susanne eher als mir.“
    Nina Jost musterte ihn amüsiert: „Sie wollen mir doch jetzt nicht ernsthaft einreden, dass Sie an Horoskope glauben. Ich denke, Sie sind einfach der Typ ‚ einsamer Cowboy’, der lieber alleine in den Sonnenuntergang reitet als sich auf eine Beziehung einzulassen.“
    „Kann schon sein“, gab er zu. Es war Zeit, das Thema zu wechseln. „Was ist mit Ihnen? Was ist mit Herrn Jost passiert?“
    „Nichts weiter. Wir waren zusammen und dachten, es sei für die Ewigkeit. Aber es hielt nur drei Jahre. Ich verdanke Andreas meinen Sohn und diesen herrlich kurzen Nachnamen. Sie glauben gar nicht, wie viel Zeit ich jeden Tag spare, seit ich am Telefon oder bei Meetings nicht mehr ständig Zubčić buchstabieren muss.“
    „Wo ist Ihr Sohn jetzt?“
    „In Antalya. Er macht mit seinem Vater und dessen neuer Freundin Urlaub am Meer. Am Sonntag kommen sie zurück.“ Für einen Augenblick verlor sich ihr Blick.
    „Sie vermissen Jonas.“
    „Wie verrückt“, gab sie zu. „Wenn sein Vater ihn an den Wochenenden abholt, freue ich mich immer auf ein paar ruhige Tage. Und schon nach zwei oder drei Stunden fehlt mir der kleine Quälgeist. Im Sommer, wenn Andreas mit ihm in den Urlaub fährt, ist es immer besonders schlimm. Zum Glück habe ich meine Arbeit, die mich ein wenig

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