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Eine Frage der Zeit

Eine Frage der Zeit

Titel: Eine Frage der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Sander
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nicht nach reinem Broterwerb aus. Marion Clarke liebt ihre kleine Boutique. Und außerdem bietet sich so ein Unternehmen ja auch an, um illegales Geld zu waschen.“
    „Das klingt nicht unlogisch, aber letztlich ist doch alles reine Spekulation . Worin soll Marion Clarkes Rolle bei dem Kunstraub denn Ihrer Meinung nach bestanden haben?“
    Velten musste zugeben, dass er auf diese Frage noch keine Antwort hatte.
    „Manchmal ist ein Zufall eben tatsächlich nur ein Zufall“, fand Marcks.
     
    - - -
     
    „Thomas hat in seinem ganzen Leben nichts zustande gebracht, das Hand und Fuß hat, mit Ausnahme von Yannick“, sagte Nicole Hammes und deutete auf den etwa drei Jahre alten Jungen, der auf dem schmutzigen Küchenboden saß und mit einer Plastiklokomotive spielte. Die Freundin des mutmaßlichen Kunsträubers Thomas Schatz wohnte im ersten Stock eines schmucklosen Häuschens in einer ehemaligen Waldenthaler Arbeitersiedlung. Velten und Marcks saßen der korpulenten und ungepflegt wirkenden Frau an einem klapprigen Küchentisch gegenüber, der mit einer rot-weiß-karierten Wachstuch-Tischdecke bespannt war.
    „Wann haben Sie Thomas zum letzten Mal gesehen“, fragte Marcks.
    Sie zog an ihrer Zigarette und dachte einen Moment nach: „Zwei Tage nach dem Mord an seinem Chef, diesem stinkreichen Herrn Landau. Er ist zur Arbeit gefahren wie an jedem Morgen. Ich hatte ihn noch gefragt, warum er da noch mal hin will. Immerhin war der Typ ja mausetot. Aber Thomas hatte sich nicht davon abbringen lassen. Wollen Sie eigentlich einen Kaffee?“
    „Nein, vielen Dank“, lehnte Marcks ab. „Wie hatte Thomas auf die Ermordung von Konstantin Landau reagiert?“
    „Na, er war total von der Rolle. Hat hier an diesem Tisch gesessen und geflennt und rumgejammert, der Landau sei der einzige Mensch gewesen, der jemals an ihn geglaubt habe und so ein Zeug. Das sagte er mir ins Gesicht, als ich ihm gegenüber saß mit Yannick im Bauch.“
    Velten fühlte sich in der schmuddeligen Wohnung unwohl und wollte das Gespräch mit Nicole Hammes so schnell wie möglich hinter sich bringen. „Und seit Thomas an diesem Morgen zur Arbeit gefahren ist, haben Sie tatsächlich nie wieder von ihm gehört?“, fragte er.
    „Das sagte ich doch schon. Ich lebe jetzt hier mit dem Kind in zwei Zimmern im Haus meiner Eltern und muss mich mit Hartz IV durchschlagen.“ Sie drückte die Zigarette im Aschenbecher aus und steckte sich sofort eine neue an. Dass ihr Sohn neben ihr auf dem Boden spielte und passiv mitrauchte, schien sie dabei nicht zu stören.
    „Frau Hammes, glauben Sie, dass Thomas etwas mit dem Raub zu tun hatte?“, fragte Marcks.
    „Kann schon sein. Er hat ja immer krumme Dinger gedreht. Meistens Betrügereien bei Internetauktionen. Er hat Zeug angeboten, dass er gar nicht besaß und die Kohle, die ihm die Käufer überwiesen, einfach behalten. Und er hat jede Menge Sachen bestellt und nicht bezahlt. Fernseher, Computer und Hifi-Geräte. In unserer Wohnung sah es damals aus wie in einem Elektroladen. Das kann nicht gut gehen, sagte ich ihm immer, und so war’s dann ja auch. Eines Tages standen die Bullen vor der Tür und nahmen Thomas und den ganzen Elektronikkram mit. Beim ersten Mal hatte er noch Bewährung bekommen, aber beim nächsten Mal wanderte er in den Bau. Als er wieder raus kam, hat er dann für einen Hungerlohn bei diesem Landau geschuftet, manchmal zehn Stunden am Tag. Aber er hat sich nie beschwert.“
    „Also könnte er damals den Räubern die Tür zu Landaus Villa geöffnet haben“, hakte Marcks nach.
    Sie zuckte die Achseln und das Fett an ihren Oberarmen schwabbelte. „Kann schon sein, dass er da mitgemacht hat. Er hatte diesen Landau zwar verehrt wie einen Gott, trotzdem könnte ihn die Kohle gelockt haben. Aber umgebracht hat er ihn nicht. Für einen Mord hatte mein Thomas nicht die Eier.“
    Velten räusperte sich: „Frau Hammes, wenn Sie sagen ‚hatte’, dann gehen Sie wohl davon aus, dass er tot ist.“
    Sie lachte bitter: „Toter geht’s nicht. Mit viel Geld in der Tasche hätte er mich vielleicht sitzen lassen, aber nicht sein Kind. Er war ja ganz aus dem Häuschen, weil ich schwanger war. Wenn Sie mich fragen, diese Kunsträuber haben ihn umgebracht. Entweder war er an der Sache beteiligt und die Kerle wollten nicht mit ihm teilen. Oder er hat sie bei dem Raub überrascht und sie wollten einen Zeugen loswerden.“
    „Dann hätten sie ihn doch schon während des Überfalls umgebracht und man hätte ihn

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