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Eine Frage der Zeit

Eine Frage der Zeit

Titel: Eine Frage der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Sander
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der Zahnärztin zu verstehen.
    „Ah, der Morgenkurier verlässt den Tatort“, tönte es ihnen in diesem Augenblick entgegen. Ein paar Meter entfernt schälte sich Edda Sahm aus ihrem Kleinwagen. „Ich nehme an, du hast von deiner Ex wieder die übliche Vorzugsbehandlung erhalten, Velten. Ein guter Draht zur Polizei zahlt sich eben aus.“
    „Susanne wird dir die gleichen Informationen geben wie mir“, antwortete er gereizt.
    „Natürlich, natürlich. Nur eben etwas später, wenn der Morgenkurier schon gedruckt ist“, erwiderte die Radiojournalistin.
    „Das ist doch Unsinn, und das weißt du genau.“
    „So? Von wem hast du denn den Tipp bekommen, dass die Dentistin der Waldenthaler Haute-Volée am Fenster baumelt? Vielleicht sollte ich mit der Polizeipräsidentin über die seltsame Pressearbeit von Kriminalhauptkommissarin Staller sprechen.“
    „Jeder hat eben seine Quellen. Du bist ja vermutlich auch nicht hier, weil die Volkmer dir die Weisheitszähne ziehen sollte.“
    „Schwamm drüber. Erzähl mir doch einfach, was du über ihr Ableben weißt. Ich habe dann vielleicht auch eine Neuigkeit für dich.“
    Velten glaubte nicht, dass er von Edda Sahm tatsächlich etwas erfahren würde, das er nicht schon wusste. Um Susanne Ärger zu ersparen, ging er aber dennoch auf den Handel ein. Er erzählte ihr, was sie ihm über die Todesumstände von Elke Volkmer berichtet hatte. Den Besuch von Marcks bei der Zahnärztin am Vortag erwähnte er allerdings nicht.
    „Du bist dran“, forderte er Edda Sahm anschließend auf.
    Sie sah ihn listig an: „Diese Zahnklempnerin hatte eine Affäre mit Alexander Stürmer.“
    Er winkte ab: „Das wissen wir längst.“
    „Wusstet Ihr auch, dass euer Chefredakteur sich zuvor ebenfalls von der Volkmer ‚behandeln’ ließ? Und zwar auf eine Weise, von der selbst Privatpatienten nur träumen können?“
    Velten sah sie ungläubig an: „Dieter Kreutzer war mit Elke Volkmer zusammen? Bist du sicher?“
    „Natürlich. Die Sache lief ein paar Monate. Dann hat Alexander Stürmer sich die Zahnärztin geangelt und Kreutzer kehrte mit eingezogenem Schwanz zu Frau und Kind zurück. Darüber tuschelte damals halb Waldenthal, nur beim Morgenkurier war man wie üblich ahnungslos.“
    „Das ging ja auch niemanden etwas an“, entgegnete er lahm.
    Edda Sahm grinste: „Selbstverständlich nicht. Ich wünsche dir noch einen schönen Tag, Velten. Ihnen natürlich auch, Frau Marcks.“ Dann ließ sie die beiden stehen und gesellte sich zu den Schaulustigen vor dem Praxiseingang.
     
     
    - - -
     
    „Kreutzer hat vorhin angerufen und sich krank gemeldet“, erklärte Renate Knab, als Velten wieder in der Redaktion ankam.
    „Verdammt“, fluchte er. „Kannst du mir für morgen einen Termin in seinen Kalender eintragen?“
    „Morgen ist Samstag. Aber ich werde dich für Montagfrüh einplanen.“
    Er bedankte sich bei der Redaktionsassistentin und ging in sein Büro. Marcks saß bereits gedankenverloren an ihrem Schreibtisch, den Kopf auf beide Hände aufgestützt und brütete vor sich hin.
    „Worüber denken Sie nach, Watson?“
    „Mein letzter Chef, Klaus Dörner in der Zweibrücker Redaktion, hatte mir Waldenthal als Insel der Seligen beschrieben, wo außer ein paar Ladendiebstählen nie etwas passiert. Und in meiner ersten Woche hier wurde ein Mann erstochen, eine Zahnärztin hängte sich auf und ein Zuhälter wollte uns mit dem Baseballschläger vermöbeln.“
    „Dörner liegt eben mit seinen Einschätzungen hin und wieder daneben. Er hatte Sie ja auch als ‚nervtötend’ beschrieben, was auch nur bedingt stimmt.“
    Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht: „Aus dem Mund von Brummbär Velten klingt das ja fast wie ein Kompliment.“
    „Und im übrigen“, fuhr Velten fort, ohne auf ihre Bemerkung einzugehen, „sterben die Leute hier erst wie die Fliegen, seit Sie die Stadtgrenze überschritten haben. Abgesehen von der Kunstraubsache vor drei Jahren natürlich.“
    Marcks lachte: „Verstehe, ich bringe Tod und Verderben über Waldenthal.“
    „Natürlich. Und dafür danke ich Ihnen im Namen des Verlages. Tod und Verderben sind gut fürs Geschäft und sorgen dafür, dass die überlebende Restbevölkerung mehr Tageszeitungen kauft.“
    „Dörner hat aber nicht wirklich gesagt, ich sei nervtötend, oder? Das haben Sie sich nur ausgedacht.“
    „Ja, sicher“, log Velten. Dann berichtete er ihr von der unerwarteten Krankmeldung des Chefredakteurs. „Ich habe vor fünfzehn

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