Eine Frage der Zeit
Jahren beim Morgenkurier angefangen. Seitdem hat sich Kreutzer nur einmal krankschreiben lassen, nachdem er sich beim Skifahren das Bein gebrochen hatte.“
„Sehr merkwürdig“, fand Marcks. „Gestern rief Dr. Volkmer bei ihm an und beschwerte sich über mich. Anschließend erzählte er Ihnen von der Affäre zw ischen ihr und Stürmer, verschwieg aber, dass er selbst vorher mit ihr zusammen gewesen war, bis er von Stürmer ausgebootet wurde. Ein paar Stunden später bringt sich die Zahnärztin um und am nächsten Morgen ist Kreutzer angeblich krank.“
„Worauf wollen Sie hinaus?“
„Vielleicht lagen wir die ganze Zeit daneben, als wir davon ausgingen, dass Stürmers Ermordung im Zusammenhang mit dem Kunstraub stand. Es könnte auch ein Mord aus Eifersucht gewesen sein.“
„Sie glauben, dass Kreutzer seinem Konkurrenten damals den Schädel eingeschlagen hat? Das halte ich für völlig ausgeschlossen.“
„Kennen Sie ihn denn so gut, dass Sie Ihre Hand für ihn ins Feuer legen würden?“
Velten musste sich eingestehen, dass er vom Chefredakteur des Morgenkurier tatsächlich sehr wenig wusste, obwohl er ihn seit vielen Jahren fast täglich sah. Kreutzer pflegte keinen allzu vertraulichen Umgang mit den Mitarbeitern der Zeitung. Privat hatte Velten mit ihm kaum Kontakt und auch seine Familie kannte er nur vom jährlichen Grillfest des Verlages und von gelegentlichen zufälligen Begegnungen in der Fußgängerzone.
„Was ist mit der falschen Luxusuhr von Alexander Stürmer, die bei unserer Parkplatzleiche gefunden wurde?“, entgegnete Velten. „Das Ding beweist doch, dass Rothaar und Stürmer sich gekannt haben müssen.“
„Martin Rothaar muss ihn aber nicht erschlagen haben, um an die Uhr zu kommen. Vielleicht hat er sie ihm nach dem Raub gestohlen oder es war ein Geschenk.“
„Warum sollte Stürmer ihm seine Uhr schenken?“.
„Weil er sich mit dem Erlös aus dem Verkauf der gestohlenen Bilder so viele echte Luxusuhren kaufen konnte, wie er nur wollte. Warum sollte er also mit einer Fälschung herumlaufen?“
Velten musste sich eingestehen, dass das nicht unplausibel war. Trotzdem sträubte sich alles in ihm gegen die Vorstellung, dass der biedere Kreutzer einen Mann mitten im Pfälzerwald auf brutale Weise erschlagen hatte.
Marcks ließ nicht locker: „Wir müssen mit ihm reden.“
„Er geht nicht ans Telefon. Ich habe ihm auf die Mailbox gesprochen.“ Er dachte einen Moment nach: „Wissen Sie, da ist noch etwas, das mir zu denken gibt.“
Sie lehnte sich zurück und schaute ihn neugierig an: „Jetzt bin ich aber gespannt.“
„Marion Clarke könnte in den Kunstraub verwickelt sein.“
„Die Inhaberin der Boutique? Wie kommen Sie darauf?“
„Es gibt da ein paar merkwürdige Zufälle.“ Velten hob den Daumen: „Erstens: die Clarke war früher als Escortlady tätig und hatte in dieser Zeit Kontakt zu Fleischmann, einem Verdächtigen in unserem Kunstraubfall. Uns gegenüber hatte sie das verschwiegen und sogar behauptet, ihn überhaupt nicht zu kennen.“
„Das muss nichts bedeuten“, wandte Marcks ein. „Schließlich waren die beiden in der gleichen ‚Branche’ tätig, da läuft man sich schon einmal über den Weg.“
Velten hob den Zeigefinger und fuhr unbeeindruckt fort: „Zweitens: Marion Clarke hatte eine Beziehung mit Alexander Stürmer, dem mutmaßlichen Drahtzieher des Überfalls auf Konstantin Landau. Also war sie mit zwei möglichen Tätern bekannt. Auch ein Zufall?“
„Nun ja, ein bisschen merkwürdig ist das schon“, gab Marcks zu.
„Drittens“, fuhr er fort und gesellte seinen Mittelfinger zu Zeigefinger und Daumen, „war sie ungefähr zur Zeit des Kunstraubs plötzlich flüssig genug, um ihrem Geschäftspartner, diesem Omlor, dessen Anteil an ihrem gemeinsamen Geschäft abzukaufen. Woher hatte sie das Geld? Aus den Einnahmen der Boutique wohl kaum. Der Laden bringt doch angeblich gerade genug ein, damit ein Inhaber mehr schlecht als recht über die Runden kommt.“
„Vielleicht hatte sie Ersparnisse aus ihrer Zeit als Callgirl. Sie wird damals sicher gut verdient haben“, warf Marcks ein.
„Ja, vielleicht. Oder sie war in den Kunstraub verstrickt und hat mir ihrem Anteil Omlor ausgezahlt.
Marcks dachte nach: „Sie haben schon recht, das sind reichlich viele Zufälle. Aber weshalb hätte sie ihr Geschäft weiterführen sollen, wenn sie plötzlich im Geld schwimmt?“
„Weil es ihr Spaß macht. So, wie der Laden eingerichtet ist, sieht er
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