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Eine Frage des Herzens

Eine Frage des Herzens

Titel: Eine Frage des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Schalter kam. Sie war klein und hübsch, mit warmen braunen Augen und einem offenen Lächeln. Er sah, dass sie Bernie anblickte, ohne sie zu erkennen, aber den Habit und das Kreuz wahrnahm, die sie als Angehörige desselben Ordens auswiesen.
    »Guten Morgen, Schwester«, sagte sie, dann fügte sie an Tom gewandt hinzu: »Und Ihnen auch.«
    »Guten Morgen«, erwiderte Tom.
    »Was kann ich für Sie tun?«, fragte sie mit einem weichen Akzent.
    »Schwester, wir hätten gerne eine Auskunft.« Bernies Stimme klang fest, befehlsgewohnt. Nur Tom war in der Lage, das tief verborgene Zittern darin zu entdecken.
    »Natürlich. Der Aussprache nach zu urteilen kommen Sie beide von weit her. Amerika?«
    »Ja, Connecticut«, antwortete Bernie lächelnd.
    »Ah! Ich habe Verwandtschaft in Hartford und New Briton. Und einige Cousins und Cousinen in Springfield, Massachusetts. Ich hoffe sie eines Tages zu besuchen, vielleicht in meinem Sabbatjahr.«
    »Sie sind im Star of the Sea, unserem Konvent in Black Hall, jederzeit herzlich willkommen, Schwester«, sagte Bernie. »Ich bin dort Äbtissin.«
    Hut ab, Bernie, dachte Tom. Eine gute Gelegenheit, deine Position in die Waagschale zu werfen.
    »Danke, ich würde gerne irgendwann kommen, wenn ich nicht vorher in diesem Untergeschoss an Altersschwäche sterbe, so Gott will«, entgegnete die Nonne lachend. »Übrigens, ich bin Schwester Dymphna. Suchen Sie etwas Bestimmtes?«
    »Ja, Informationen über einen Säugling männlichen Geschlechts, am 4 . Januar 1983 geboren.«
    »Und wie lautet sein Name?«
    »Das weiß ich nicht.«
    Schwester Dymphna sah sie verwirrt an. Tom spürte, wie Schweißtropfen zwischen seinen Schulterblättern hindurch den Rücken hinabliefen.
    »Sein Geburtsname war Thomas Sullivan. Aber er wurde zur Adoption freigegeben«, erklärte Bernie.
    Der Blick, den Schwester Dymphna und sie austauschten, verriet, dass keine weitere Erklärung erforderlich war. Die Nonne sah Tom und dann abermals Bernie an, eher mitfühlend als neugierig.
    »Wie lautet der Name der Eltern?«, fragte sie.
    »Bernadette Sullivan und Thomas Kelly«, antwortete Bernie.
    »Informationen über Adoptivkinder dürfen wir nur mit einer Sondergenehmigung erteilen, und die zu erhalten erfordert ziemlich viel Papierarbeit«, erwiderte Schwester Dymphna ruhig.
    »Ich verstehe«, sagte Bernie, doch ihr Ton war flehentlich und ihre Augen … Tom stellte seit eineinhalb Tagen fest, dass sie einem Zusammenbruch nahe war, und Schwester Dymphna schien genug Einfühlungsvermögen zu besitzen, es ebenfalls zu bemerken.
    »Wir möchten nur wissen, wo er sich befindet. Und ob es ihm gutgegangen ist.«
    Schwester Dymphna spähte rasch über die Schulter, als wollte sie sich vergewissern, dass sich die jüngere Nonne außer Hörweite befand. Sie hielt sich hinten im Archiv auf und bückte sich, um einen Armvoll Manila-Aktenordner ins Regal zurückzutun.
    »Wir stellen nach und nach auf Computer um«, sagte Schwester Dymphna. »Die Unterlagen aus den achtziger Jahren sind noch nicht vollständig erfasst, aber ich werde in unserer Datenbank nachschauen, ob wir die Namen gespeichert haben.« Ihre Finger flogen über die Tastatur, dann betrachtete sie stirnrunzelnd den Bildschirm. »Fehlanzeige.« Sie hob den Blick. »Moment, ich überprüfe kurz etwas anderes.«
    Sie ging nach hinten, ins Archiv. Bernie stand dicht neben ihm, an den Schalter gelehnt, als würde sie fürchten, ihre Beine könnten versagen. Tom hätte sie gerne gestützt, aber er hielt sich zurück. Sein Herz klopfte wie verrückt.
    Eine Minute später war Schwester Dymphna wieder da. Sie hatte einen großen braunen Umschlag in der Hand, runzelte jedoch die Stirn.
    »Was ist, Schwester?«, fragte Bernie.
    »Seltsam. Ich habe die Geburtsunterlagen gefunden. Der Junge wurde am 4 . Januar um halb acht Uhr morgens geboren, wie Sie sagten. Er wog 3 , 36 Kilogramm. Sullivan lautete sein Name.«
    »Wir haben ihn Thomas genannt. Thomas James Sullivan«, sagte Bernie, und Tom wagte nicht, sie anzublicken. Thomas nach ihm und James nach ihrem Vater und Sullivan – ihr Familienname, weil sie ihn nicht heiraten und seinen Namen annehmen konnte.
    »Darüber befindet sich nichts in der Akte«, sagte Schwester Dymphna. »Und auch keinerlei Informationen über alles Weitere.«
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte Bernie.
    »Üblicherweise schreibt der Kinderarzt einen Untersuchungsbericht für die Akten, damit das Kind bei einer Agentur registriert werden

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