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Eine Frage des Herzens

Eine Frage des Herzens

Titel: Eine Frage des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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James wusste, worum es sich handelte, denn er kannte sie aus eigener Erfahrung.
    Das Badezimmer war aus Marmor, und der Stein fühlte sich kühl unter ihren bloßen Füßen an. Sie setzte sich auf den Rand der Wanne und drehte den Wasserhahn auf, und die Wanne füllte sich langsam. Sie spitzte die Ohren, auf Motorengeräusche in der Einfahrt lauschend. Erst als sie das leise Summen der Porsches hörte, das die Ankunft der Brüder anzeigte, zündete sie eine Votivkerze an.
    Die Flamme beleuchtete ihr Gesicht im Spiegel. Sie betrachtete ihre Augen. Sieht so ein Zombie aus?, fragte sie sich. Hinter den Funken, die sie versprühten, erblickte sie den Tod, als hätte ihre Seele den Körper bereits verlassen. Ihre Lebensgeister waren dahin. Was blieb, war das Fleisch, das danach verlangte, berührt zu werden. Daher wusste sie, dass sie trotz allem noch ein Mensch war, denn sie sehnte sich hin und wieder nach jemandem, der sie in die Arme nahm.
    Schritte und Stimmen drangen aus dem Salon im Erdgeschoss zu ihr herauf – Pierce und Andy stritten, wer als Erster einen Blick ins Social Register werfen durfte. Dann hörte sie, wie Andy in die Küche ging, um sich einen Schlummertrunk zu holen, und Pierce die Treppe heraufkam.
    Sie ließ ihren Bademantel zu Boden gleiten, stellte die Kerze auf den Rand der Wanne und glitt in das kühle Wasser. Sie tat ein wenig Badeöl, aus Mrs. Wells’ Badezimmer ausgeliehen, in die Wanne. Sich zurücklehnend, schloss sie die Augen und stellte sich vor, Schauspielerin zu sein. Ihre Aufgabe bestand darin, eine erschöpfte junge Bedienstete zu spielen, die sich in die Badewanne ihres Herrn stahl, weil die Dusche im Dachgeschoss defekt war. Dass diese Situation der Realität entsprach, machte es ihr nicht leichter, die Szene nachzuvollziehen.
    Die Badezimmertür ging auf. Pierce trat ein – und erschrak.
    »Jesus!«
    »Oh, es tut mir leid!«, rief Kathleen und spielte die Schamhafte, die ihre Blöße zu bedecken suchte. Sie war verzweifelt, einsam und hatte gesehen, wie er sie betrachtete. Sie wusste ihren Körper zu benutzen und hasste sich dafür, doch ihre Haut schmerzte vor Verlangen, jede Handbreit ihres Körpers sehnte sich danach, berührt und umarmt zu werden. »Es war so heiß oben, und ich hatte nicht damit gerechnet, dass Sie so früh nach Hause kommen. Bitte verzeihen Sie mir …«
    Pierce war bereits dabei, sich in fieberhafter Eile zu entkleiden. Er ließ seine Sachen auf den Fußboden fallen und zog sie hoch. Er küsste sie so grob, dass ihre Lippe blutete. Als sie aus der Wanne stieg und seine Arme sie umfingen, hörte sie, wie Wasser auf den Boden platschte. Seine Hände waren überall auf ihrem Körper, berührten ihre Brüste, glitten zwischen ihre Beine. Handtücher, auf den Boden geworfen, die Badematte, ihr Bademantel …
    Draußen auf dem Korridor hörte sie Andrew in sein Zimmer wanken. Ihr Magen verkrampfte sich, als der nette Bruder, der seine Phantomschwester Louise erwähnt und draußen unter dem Baum einen Teil von Kathleens wahrem Selbst entdeckt hatte – ihre weiße Tracht im Sonnenlicht, hatte er gesagt –, vorüberging. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Mit den Netten konnte sie nichts anfangen. Es musste Pierce sein, der eiskalte Bruder mit den Haifischaugen – der schien für sie wie geschaffen.
    Pierce drang in sie ein, auf dem harten kalten Steinboden des Badezimmers. Er machte keinerlei Anstalten, sie in sein Bett mitzunehmen, doch es war ihr egal. Sie hatte die Arme um ihn geschlungen, spürte die Lippen eines Mannes auf ihrem Mund, spürte ihn in sich, sie ausfüllend, und hörte ihn flüstern, er habe von Anfang an gewusst, dass sie genau das wollte, sie habe ihm keine einzige Minute etwas vormachen können.

8
    B evor er zur Arbeit ging, kochte Seamus Tee. Er nahm am Küchentisch Platz und las die
Irish Times.
Das Apartment war klein, aber er bewohnte es allein. Er musste an allen Ecken und Enden sparen, um es sich leisten zu können. Bevor Kevin um Eileens Hand angehalten hatte, hatte er Seamus in den Ohren gelegen, eine Wohnung mit ihm zu teilen. »Dir auf Schritt und Tritt bei der Arbeit zu begegnen ist schon schlimm genug«, hatte Seamus ihn aufgezogen. »Meinst du, ich möchte auch noch meine ganze Freizeit mit dir verbringen? Das glaubst du doch selber nicht.« Jemand anders hätte sich vielleicht einen Mitbewohner gewünscht, aber nicht Seamus. Nachdem er die ersten dreizehn Jahre seines Lebens in einem Heim verbracht hatte, wo

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