Eine franzoesische Affaere
- Aber das habe ich
diesmal wohl verdient. - Komm mit."
Sid verstand
nicht, was er meinte. Nicht gut für sie?! Würde er sich nicht so sturköpfig
abweisend verhalten, dann würde es ihr nicht so schlecht gehen. Er wollte sie
also weiter quälen und Sid war schon darüber hinaus, sich ihm entziehen zu
können. Er hätte sie wirklich schlagen müssen, um sie endgültig zu vertreiben.
Er hatte ihr nicht einmal ein Haar gekrümmt und das wunde Handgelenk hatte sie
nur ganz allein sich selbst zu verdanken, weil sie zu ungeduldig gewesen war,
seinem Griff zu entkommen. Selbst seine bevormundende Hand auf ihrem Arm war
kaum auszuhalten. Ihre Haut darunter schien zu verbrennen.
Malcolm nahm
sie behutsam am Arm und führte sie zurück zum Sofa.
„Setz dich!", forderte er sie nachdrücklich auf und platzierte sie mit
sanftem Druck auf der Couch. Den Schneebesen immer noch zwischen zwei Fingern
haltend. Den feinaromatischen Duft der Suppe in der Nase, der jetzt durch das
gesamte Apartment strömte.
„Wir können
weiter streiten, wenn du gegessen hast.", murmelte er beinahe zerknirscht
bei dem aufgelösten Anblick, den sie bot. Vollkommen resigniert. Ohne Feuer.
Ohne dieses freche, durch nichts unterzukriegende Funkeln in ihren Augen, für
das er sie von Anfang an eigentlich gemocht hatte. In der Küche füllte er zwei
schwarze Suppenschalen mit der fertigen Nudelbrühe, stellte in jede einen
Löffel und balancierte die kochendheißen Gefäße, ohne eine Miene zu verziehen
und ohne ein Handtuch oder Kochhandschuhe zu bemühen, zurück zu Sid.
„Vorsicht,
heiß."
Er zwang sich zu einem grimmigen Lächeln, setzte sich aber nicht ihr gegenüber
auf den Hockersessel, sondern direkt neben sie auf das Sofa. Nur wenige
Zentimeter von ihr entfernt. Mit dem Vorhaben, ebenfalls zu essen.
„Ich würde dir auch Schokolade anbieten, aber ich habe keine Süßigkeiten im
Haus. - Die Suppe ist gut. Die Brühe kommt sogar aus Frankreich." Wieder
eine typische Malcolm-Version von Es tut mir leid.
Er nahm seine Schüssel und fing an zu löffeln. Dank der Franzosen war sie auch
einigermaßen genießbar. Um etwas Besseres bieten zu können, hätte er sich mehr
Zeit nehmen müssen, aber die stand nun mal nicht zur Verfügung. Er aß zwei,
drei Löffel voll, dann seufzte er und stellte seine Schale zurück auf den
Glastisch. Ohne Untersetzer geholt zu haben. Normalerweise stellte NIEMAND
etwas auf seinen Tisch, ohne etwas drunter zu legen. Es war egal. Ein
Scheißtisch war ersetzbar. Sid nicht.
Sie hatte bisher nicht einen Löffel probiert. Nicht ein Wort darüber verloren,
ob sie überhaupt Suppe mochte oder nicht. Ihr Tee war unangerührt, was nicht
daran lag, dass er keinen Zucker gebracht hatte und sie klammerte sich so sehr
an ihre Tasche, als würde nicht viel fehlen und sie ging tatsächlich. Es kam
ihm so vor, als müsse er die Feder in ihr, die bereits bis zum Anschlag
aufgezogen worden war, nur noch einmal ganz kurz anticken, um ihr den fehlenden
Antrieb zum Verschwinden zu geben.
„So geht das
nicht.", sagte er leise, setzte sich auf dem Sofa so zurecht, dass er sie
gut ansehen konnte und streckte dann den Arm aus, um ihr die Tasche abzunehmen.
Sie zuckte zusammen, ließ ihn aber gewähren. Wohl gespannt darauf, was als
nächstes passieren würde. Malcolm stellte das Gepäck zwischen sie beide auf den
Boden. Dann nahm er ihre Schüssel, rührte darin herum, pustete hinein, um sie
ein bisschen abzukühlen und hielt ihr schließlich einen gefüllten Löffel voll
davon vor den verschlossenen Mund.
Sid wusste
nicht, was schlimmer war, sich mit ihm zu streiten oder von ihm umsorgt zu
werden. Auf diese unpersönliche Weise, als hätte er einen herrenlosen Streuner
von der Straße aufgelesen, den er bei der erstbesten Gelegenheit in ein Heim
stecken würde, weil er Flöhe hatte. Sie wollte nicht essen, ließ die Schale
einfach auf dem Tisch stehen und starrte auf die dampfende Oberfläche. Was für
ein krasser Gegensatz zu dem unbeschwerten Essen gestern… Sids Augen weiteten
sich in Erinnerung daran. Es schien so weit weg zu sein. Lichtjahre.
Warum kümmerte es ihn, ob sie aß oder nicht? Sie würde einfach hier sitzen
bleiben und warten, bis die Sonne aufging. War das nicht genug?
„Ich bin über
Dreihundert Jahre alt. Ich gehöre zur Rasse der Immaculate. Du kannst mich aber
auch gern als Vampir bezeichnen. Die Ratten, die dir aufgelauert haben, waren
keine gewöhnlichen Ratten, sondern ein Aryaner, der mit Vorliebe kleine
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