Eine franzoesische Affaere
Biester ernährten sich
von ihnen, als wären sie nicht mehr als Unrat, den sie von der Straße auflasen?
Sid seufzte bekümmert und stützte die Ellenbogen auf den Knien ab, um das
Gesicht dann in den Händen zu vergraben. 300 Jahre … Wie fühlte sich das
wohl an, so lange zu leben? Für ihn war sie nichts mehr als ein vorübergehendes
Abenteuer, selbst wenn ihre Affäre länger als nur einen Tag gedauert hätte.
Ça y’ est… Et alors? Du darfst solche Dinge
bestimmt nicht wissen... Was wird er als Nächstes tun? Gehirnwäsche?
Konnten diese Kreaturen das nicht? Dann würde sie ihn also wirklich
vergessen.
Es war wohl bezeichnend für ihren Gemütszustand, dass ihr der letzte Gedanke am
meisten Angst machte.
Um die Sache
jetzt noch als schlechten Scherz abzutun, war es wohl ein wenig zu spät. Wie
gern hätte Malcolm lachend an den Kopf geworfen, sie sollte nicht so
leichtgläubig sein. Er, ein Vampir? Das war doch wohl die lächerlichste
Erzählung seit Anne Rice und ihren schwulen Kino-Blutsaugern.
Er hätte ihr sagen können, die schnellen Bewegungen kämen vom Kampfsporttraining
und das Rot in seinen Augen wäre reine Einbildung ihrer Überspanntheit gewesen,
doch er tat es nicht. Er hatte Sid die Wahrheit gesagt. Zumindest einen Teil
davon und er konnte sich schon darüber freuen, dass sie ihn nicht mit der
kochendheißen Suppe übergoss. Warum sie also weiter reizen und für dumm
verkaufen? Das Leben war keine Radiosendung mit Wunschkonzert. Sie würde von
selbst darauf kommen, wieso sie nicht zusammen bleiben konnten. Angefangen von
ihrem Blut bis zu der Tatsache, dass sie alterte und er nicht.
"Es ging
von uns beiden aus, Sid."
Während sie ihr Gesicht in den Händen barg, lehnte er sich ins Sofa zurück, um
besser nachdenken zu können, was er als nächstes mit ihr tun sollte. Er hatte
sie einer absoluten Gefahr ausgesetzt. Wenn sie mit diesem Wissen irgendwo
hausieren ging, war sie dran. Er konnte ihr Gedächtnis nicht manipulieren, aber
andere konnten es. Immaculates waren für Sterbliche nicht existent. Sie hatten
sich schließlich bis an Selbstaufgabe grenzend angepasst. Nur noch dem Blut und
ihren Ritualen treu. Sid konnte man weder mit dem einen noch mit dem anderen
anfreunden. Sie war zerbrechlich. Nicht einmal im Traum würde ihm einfallen,
aus ihr einfach eine Lost Soul zu machen oder sie zu seinem Vergnügen zu
beißen. Ihre Frage, ob er sie gestern im Rausch nicht vielleicht doch schon
gebissen hätte, hatte ihn zutiefst schockiert.
Das tat er genauso wenig, wie ständig dumme und gutgläubige Frauen zu
verführen. Erstens hielt er Sid nicht für dumm und zweitens war sie nur halb so
gutgläubig, wie sie gerade tat. Sonst hätte er ganz sicher nie mit ihr
geschlafen.
"Und es
war kein Fehler für mich, selbst wenn ich dir gerade das Gefühl vermitteln
sollte."
Natürlich war sie nicht die Erste in den dreihundertzwei Jahren seiner
Existenz. Wenn er bis heute nie eine Affäre oder Beziehung ohne ernstere
Absichten gehabt hätte, dann wäre er wahrscheinlich nicht so kontrolliert
sondern verzweifelt.
Was meinte sie überhaupt mit nur dreihundert Jahre alt? Das war schon
eine ordentliche Lebensspanne, wie er fand. Bis sie ihn uralt genannt hatte und
sich somit nicht festlegte, ob er für sie nun ein Mann in den besten Jahren
oder ein alter Lüstling kurz vor der Mumifizierung war. Theo hatte wohl recht
gehabt. So einen wie ihn fasste man im Angesicht der Wahrheit wohl nicht mal
mehr mit der Kneifzange an.
"Der
Vollmond spielte dabei vielleicht eine Rolle, aber ich habe dich am helllichten
Tag beim Mittagessen geküsst, Sid. Der Mond war gar nicht da. Und am Abend
vorher wusste ich nicht einmal, ob ich dich mag, als ich in das Restaurant
gekommen bin. Ich hatte lediglich die Absicht, mich zu entschuldigen, wobei ich
die Rechnung ohne den Wirt gemacht habe."
Sie hatte ihn verzaubert. Ihr wundervoller Charme und ihre Schönheit rührten
sogar einen finsteren Gesellen wie ihn.
"Und ich
hatte sicher nicht von Anfang an vor, dich in mein Bett zu kriegen. Wenn dem so
wäre, würden wir nicht hier sitzen, diskutieren und versuchen, eine Suppe zu
essen, die du wahrscheinlich viel besser zubereitet hättest. Es ist nur so, diese
Buffy-Nummer ist nur halb so romantisch, wie man sich das vorstellt, Sid. Wir
haben keine Zukunft. Hart gesagt, du bist ein Mensch, du wirst sterben und ich
habe keine Lust, dir beim Altern zuzusehen. Es gibt rein gar nichts, was du mir
zu bieten hast. Liebe reicht nicht,
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