Eine franzoesische Affaere
trommelte, der keinen Millimeter nachgab. Er musste sich
nicht einmal anstrengen, sie abzuwehren. Einfach nur den Arm ausstrecken, so
dass sie zurückweichen musste und dann ihre Hand aus seinem Griff zerrte, um
ihn aufgebrachter denn je anzufunkeln.
„Ich glaube
dir nicht! KEIN WORT! Du bist nicht derjenige, der versucht hat, mich
anzunagen! Warum willst du mir Angst einjagen?! Schwärze, Dunkelheit, pah! Wenn
du so gefährlich bist, dann musst du mir das schon beweisen! Schlägst du
Frauen? Nimmst du sie gegen ihren Willen?! WAS?! NA LOS, TU MIR WEH! Zeig mir,
wie sehr ich mich in dir täusche!“
Sid zitterte nicht mehr vor Kälte, sie war voller kaum zu bändigender Gefühle,
die ihre Brust zu sprengen drohten. Wut, Verwirrung, Angst. Voller Angst, ihn
endgültig zu verlieren. An irgendein Hirngespinst, das er sich in seinem sturen
Kopf zusammengebraut hatte.
„HÖR AUF
DAMIT!", schrie Malcolm aufgebracht zurück
Das Letzte, was er wollte, war, ihr weh zu tun. Schon gar nicht körperlich. Ihr
Innerstes hatte er schon längst angegriffen und verletzt. Schlimmer konnte es
kaum kommen.
„SAG NICHTS, WAS DU SPÄTER BEREUEN KÖNNTEST, VERDAMMT!"
Vielleicht hätte er den Schlag ins Gesicht zulassen sollen. Dann wäre sie
vielleicht gleich gegangen und er hätte ihr nicht noch mehr weh getan, indem er
demonstrierte, wie überlegen er ihr war und wie wenig ihm ihre Worte und Gesten
offenbar anhaben konnten. Doch das stimmte nicht. Ihre Traurigkeit war seine,
genau wie die Wut und der Schmerz darüber, nicht zu ihm durchdringen und dem
Kern der Wahrheit näher zu kommen. Es reichte, wenn er sie kannte und es war
seiner Meinung nach immer noch besser, diese nicht zu teilen.
Eine Welle
der Trauer erfasste Sid heftiger denn je. Was sollte sie gegen ihn ausrichten,
wenn er so sehr davon überzeugt war, schlecht für sie zu sein? Der Ausbruch
hatte sie ihre letzten Kräfte gekostet und sie konnte einfach nicht mehr. Ihre
Gedanken überschlugen sich wild und kaum nachvollziehbar.
Warum sollte sie warten, bis die Sonne unterging? Ratten würden sich kaum davon
abhalten lassen… Sollte sie nicht lieber die Polizei oder die
Gesundheitsbehörde alarmieren? Was, wenn andere Unschuldige auch angefallen
werden würden?
Mutlos ließ sie sich mit dem Rücken gegen die Flurwand fallen und sah mit
hängenden Schultern auf ihre Fußspitzen.
„Wenn du so
sehr darauf erpicht bist, dass ich dich so schnell wie möglich vergesse, dann
lass mich einfach gehen. Es kann dir dann doch nur absolut egal sein, was aus
mir wird… Du kannst nicht gleichzeitig der Bösewicht und der Retter in der Not
sein! C’ est pas possible! C’ est pas juste*! “, sagte sie mit leiser,
enttäuscht klingender Stimme. Beinahe wie ein kleines verlorenes Mädchen.
(Das ist nicht richtig! Das ist nicht fair!)
Sid kniff die Augen fest zusammen, als sie spürte, dass die Tränen zum
ungünstigsten Zeitpunkt fließen wollten. Es kam ihr beinahe vor, als würde sie
daran ersticken.
„ Tu as
gagné, Malcolm… Je ferais tous ce que tu veus*… “, gab sie klein bei und
umklammerte den Riemen ihrer Tasche, als wäre er ein Rettungsanker.
(*Du hast gewonnen, Malcolm. Ich mache alles, was du willst.)
Keine Fragen mehr… Keine Träume mehr… Kein Sehnen nach ihm, das sie um den
Schlaf brachte. Zurück nach Paris, wo es angeblich genauso gefährlich für sie
war wie nun hier in Manhattan. Aber davon wusste Malcolm nichts. Er würde nur
erleichtert aufatmen, wenn sie einen ganzen Ozean als Abstand zwischen sie
gebracht haben würde. Warteten die Ratten auch dort auf sie...?
„Ich bin
nicht richtig böse. Ich bin nur nicht gut für dich. Du musst zuhören, wenn ich
mit dir rede.", erwiderte er dumpf, nicht einmal richtig vorwurfsvoll, und
bemerkte gleichzeitig die hinterlassene Spur von Suppentropfen auf dem hellen
Läufer unter seinen Füßen, der den dunklen Boden auf dem Weg nach draußen
zierte. Warum hatte er nicht hellen Boden und dunklen Teppich bestellt?
Eine Frage, deren Antwort ihm in diesem Moment nicht egaler sein konnte. Es
ging hier nicht darum, wer gewann, sondern darum, ihr klarzumachen, dass sie
beide keine Zukunft haben konnten. Es würde für beide einen Verlust bedeuten.
Sowohl für sie als auch für ihn. Es gab keine Sieger. Er würde lieber der
Verlierer sein, wenn er sie dadurch nicht einer ständigen Gefahr aussetzen
würde, die das Zusammensein mit ihm einher brachte.
„Aber du
ziehst es ja seit jeher vor, mich immer wieder zu schlagen.
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