Eine franzoesische Affaere
Sache.“
Sid sah sich mit traurig schimmernden Augen in dem Raum um, wo überall Impressionen
der Feierlichkeit auf den Bildschirmen zu sehen waren, als würden die Gäste
zugestimmt haben, bei einer Folge von „Big Brother“ mitzuwirken.
Non… Jamais! Das kann ich Papa nicht antun, er hätte ein solches Spektakel
verabscheut.
So wollte sie ihren Vater nicht herabwürdigen, indem sie zuließ, dass jemand
das größte Kapital aus seinen wunderbaren Rezepten schlug. Es war sein Leben
und sein Herzblut, das sollte jemand übernehmen, der mit der gleichen Liebe und
Begeisterung bei der Sache war. Und wenn sie es dafür verschenken müsste, dann
wäre das immer noch besser, als einen dreckigen Scheck dafür in den Händen zu
halten.
Sid war
Theodor blind für die Umgebung gefolgt, sie dachte, er würde eine der Bars
ansteuern oder sich irgendwann einfach verabschieden, nachdem er seine
Kavalierspflicht getan hatte. Erst als sie einen Schwall kalter Abendluft
spürte, wurde ihr klar, dass sie das Gebäude durch den Haupteingang verlassen
hatten. Draußen standen einige der rauchenden Gäste, die nicht das Glück gehabt
hatten, von Julian Stanton in ein Séparée geführt worden zu sein.
Es war ein Schock, Malcolm und Fiona auf dem mit einem roten Teppich
ausgelegten Bürgersteig vor sich zu entdecken, die anscheinend darauf warteten,
dass ihre Limousine vorgefahren wurde. Sid tat zwei schnelle Schritte auf ihn
zu und verharrte dann stocksteif auf der Stelle, bevor sie sich in aller
Öffentlichkeit in seine Arme stürzte, um ihn anzuflehen, es sich anders zu
überlegen. Es ging ja nicht darum. Sie konnte die Tatsachen nicht willentlich
beeinflussen.
Ihre Hand glitt kraftlos von Theodors Arm und sie verharrte wie eine leblose
Statue mitten auf dem roten Teppich und versank in Malcolms Blick, als er sich
abrupt zu ihr umdrehte. Der Wind wehte ihr das Haar ins Gesicht und bauschte
den Tüll um ihre Beine auf, doch sie spürte dessen Kälte nicht. Sie brachte in
ihrem Kopf keinen vollständigen Satz mehr zusammen, um sich für ihre
überstürzte Flucht zu entschuldigen oder wenigstens einen richtigen Abschied
zustande zu bringen.
Je t’ aimerais toujours… (Ich werde dich immer lieben.)
Die Verlustangst und der Alptraum des Abschieds schienen sie unter einer
riesigen dunklen Welle zu begraben. Sie war doch nicht stark genug, die Sache
wie ein erwachsener Mensch zu beenden. Es tat einfach zu weh, als würde ihr
jemand das Herz herausreißen. Sid würde nur dastehen und ihn fortfahren sehen
können.
Sonst nie um
einen kleinen Scherz oder eine Unterhaltung verlegen, stand Malcolm schweigend
neben seiner Schwester draußen auf dem roten Teppich und starrte sichtbar
ungeduldig die Straße entlang. In der Hoffnung, bald die Limousine zu erspähen,
die sie nach Hause bringen würde. Genauergesagt seine Schwester. Er würde sich
in seinem Apartment umziehen, nachdem Fiona sicher abgesetzt worden war und
dann noch auf Patrouille gehen. Irgendetwas zusammenzuschlagen würde vielleicht
das taube Gefühl in ihm vertreiben. Diese Kälte, die sich mit dem kühlen
Nachtwind zu einem Eisklumpen rund um sein Herz formte, das sogar den eben noch
so tief empfundenen Hunger zu verschlingen schien.
Fiona sah die ganze Zeit über so aus, als wollte sie ihm irgendetwas Nettes
sagen. Etwas, das ihn tröstete. Er wollte es nicht hören. Es gab für den Moment
nichts, was die Situation erträglicher gemacht hätte. Dabei versuchte Sid nur,
ihr Leben weiterzuleben. Er hatte ihr doch selbst dazu geraten, sie dazu
gedrängt, ohne ihn auszukommen. Nun tat sie es und er... musste damit leben.
Plötzlich schien seine Schwester von einer inneren Starre ergriffen zu sein,
die Malcolm stutzig machte, weil ein noch viel plötzlicheres Gefühl der
Erleichterung in ihr folgte.
Malcolm drehte sich abrupt um, um den Grund für Fionas Aufregung noch sehen zu
können, der ihn vielleicht auch von seinen trüben Gedanken ablenken könnte und
erstarrte ebenfalls. Sid mit Theo. Nicht Sid mit Julian.
Er nahm einen tiefen Atemzug und blinzelte. Es konnte ja sein, dass er nun doch
Wahnvorstellungen hatte, da die Wirkung von Alkohol an der frischen Luft
bekanntlich verstärkt wurde. Doch sie war immer noch da, als er in ihre Richtung
sah und Theo tauschte mit seiner Schwester an Malcolm vorbei ein klitzekleines
triumphierendes Lächeln.
Malcolm und
Sid hatten nur noch Augen füreinander. Die Zeit schien um sie herum
stillzustehen. Sowohl Fiona als auch Theodor
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