Eine franzoesische Affaere
zuzurufen, dass es nichts mehr zu sehen gab, weil
sie plötzlich um die Hüften gepackt und über das Geländer gestoßen wurde. Sie
stieß einen spitzen Schrei aus, doch es war zu spät, um sich festzuhalten. Sie
segelte durch die Luft und drehte sich im letzten Moment auf den Bauch, um dann
mit lautem Scheppern so heftig auf dem Deckel eines großen Müllcontainers
aufzukommen, dass sogar ihr Fliegengewicht eine Delle in das rostige Metall
machte. Sie schürfte sich Hände und Knie auf, mit denen sie sich
geistesgegenwärtig abgestützt hatte, und brach dann keuchend auf dem
Müllcontainer zusammen. Es dauerte ein paar Sekunden, bis sie wieder ruhiger
atmen und feststellen konnte, ob sie sich bei dem Sturz Knochen gebrochen
hatte.
Tief
einatmen… ganz ruhig…
Nico riss die Augen weit auf, als sie dabei einen kleinen Fetzen eines ihr
bekannten Duftes aufschnappte. Sie rollte sich von dem Container herunter und
taumelte in die Richtung, aus der der Geruch kam, wobei ihre Augen rot
aufflammten, um besser sehen zu können. An der gegenüberliegenden Mauer
entdeckte sie eine feuchte Stelle, die sie mit ihren Fingerspitzen berührte und
dann mit der Nase testete. Damons Blut!
In dem Moment wurde die Tür zum Haus aufgestoßen und der schattenhafte Umriss
von Miss Hinkle stand auf der Schwelle. Sie bot ein absolut groteskes Bild.
Nico konnte einfach nicht glauben, dass diese harmlose Frau sie einfach so
herunter gestoßen hatte.
„Du bist
nicht tot! Warum bist du nicht tot?!“, wisperte ihre Nachbarin und brach dann
in Wehklagen aus, wobei sie an ihren Kleidern zerrte und die Stirn an den
Türrahmen stieß, als wollte sie sich den Kopf selbst spalten.
Nico eilte an ihre Seite und packte sie um die Schultern, um sie in den Flur
gegen die Wand zu drängen. Diesmal hatte die Frau keine Chance zur Gegenwehr,
da sie ihre Kräfte nicht zurückhielt.
„Sehen Sie
mich an! Warum wollten Sie mich umbringen?! Antworten Sie! Wo ist Damon?!“,
verlangte sie zu wissen und schüttelte die Frau leicht, damit sie aufhörte,
sich wie eine Irre zu gebärden.
Miss Hinkle
brach unvermittelt in Tränen aus, die ihr Aussehen noch abstoßender machten,
weil sich ihr Gesicht dabei in tausend kleine Fältchen verzog. Nico hatte keine
Wahl, als in ihre Gedankenwelt einzudringen, weil die Frau vollkommen außer
sich war. Beinahe wie ein Drogenjunkie… Und die Droge hieß Blut!
Nico wurde beinahe schlecht, als ihr klar wurde, dass jemand Miss Hinkle dazu
benutzt hatte, ihr und Damon eine Falle zu stellen. Nein, nicht jemand. Ihr
Vater.
„Er will
dich… nur dich… Ich will ihn aber ganz allein für mich!“, schluchzte die Frau
so erbärmlich, dass Nicos Mitleid sich regte, obwohl sie noch die Nachwirkungen
des Sturzes spürte. Sie war eine einsame ältliche Frau, die von einem Teufel
verführt worden war. Er trug nicht umsonst den Beinamen “El Brujo“ . Es
war ihm ein Leichtes gewesen, ihren schwachen Geist zu manipulieren.
Nico schleifte Miss Hinkle nach oben in deren Wohnung, wo sie sie auf ihr Bett
warf und an Armen und Beinen an den Bettrahmen fesselte. Sie musste einen
kalten Entzug machen, Nico hatte keine Zeit zu verlieren und konnte sich gerade
nicht um die Sterbliche kümmern, die schließlich nicht in Lebensgefahr war, solange
sie ihrem Manipulator nicht zu nahe kam. So konnte sie wenigstens sicher sein,
dass die arme Frau sich in ihrer Verzweiflung nicht aus dem Fester stürzen
würde.
Sie setzte sich neben die Frau auf das Bett und umfasste deren Kinn fest, damit
sie ihr in die rot glühenden Augen sehen konnte. Das ließ die Frau sofort jede
Gegenwehr einstellen.
„Wo ist sein
Versteck? Los, sprechen Sie! Sie haben doch einen Auftrag zu erfüllen, sonst
wird er sehr… sehr wütend auf sie werden!“, flüsterte Nico und bemerkte den panischen
Ausdruck in den Augen der Frau. In ihrem Kopf schossen so viele Gedanken
durcheinander, dass es beinahe unmöglich für sie sein würde, die Antwort auf
diese Frage zu finden. Dazu hätte sie einen mächtigeren Telepathen gebraucht
und sie wollte niemanden rufen.
Das war allein ihre Sache. Der Lord schuldete ihr noch Vergeltung für das Leben
ihrer Mutter und den Beinahetod ihres Vaters.
Nicos Miene
überzog sich in eiskalter Entschlossenheit, wie man sie noch nie zuvor an ihr gesehen
hatte. Sie ließ von der jammernden Frau ab, als sie endlich erfahren hatte, wo
sich der Unterschlupf des Lords und seiner Männer befand.
Sie eilte in ihre Wohnung, um ihre Stofftasche über
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