Eine franzoesische Affaere
kleine Kaffeepause zu nutzen.
Kaffee und Zigaretten waren für ein paar Monate fast ihre einzige
Nahrungsquelle gewesen, in den Staaten angekommen, hatte sie wenigstens wieder
angefangen zu essen. Immerhin war sie bei zwei Mahlzeiten am Tag angekommen und
sah nicht mehr so ausgezehrt aus.
„Danke.“,
murmelte Malcolm.
Es duftete herrlich und die aufgeschäumte Milchkrone führte einen in
Versuchung, sie zuerst abzulöffeln, bevor man den Kaffee trank. Für gewöhnlich nahm
er seinen Kaffee schwarz oder nur die doppelte Espresso-Variante. Er hatte nie
genug Zeit für Milchkaffee oder ausführlichen Kaffeeklatsch. Essen und Trinken
liefen bei ihm nur im Gehen und Stehen ab. Es sei denn, er wurde zum Dinner
eingeladen und hatte sowieso frei. Aber auch dann fiel ihm nach wenigen Minuten
das Sitzen schwer und eine innere Unruhe überkam ihn, die ihn am liebsten
flüchten lassen würde. Hier in Sids Gesellschaft war die Unruhe zwar da, doch
es war nicht dieselbe.
„Ich brauchte
einen Tapetenwechsel… So sagt man doch? Natürlich hätte ich nicht gleich über den
großen Teich fliegen müssen. Wenn man schon einen Neuanfang wagt, warum dann
nicht gleich richtig? Ich konnte es tun, weil ich nichts und niemanden
zurücklasse… Wenn das Ihre Frage beantwortet. Ich hatte keinen Kopf für
Verehrer und Zettel mit Telefonnummern fliegen hier in den Müll.“
Sid zuckte mit der rechten Schulter, rührte ihren Kaffee um und nahm dann die
Tasse auf, um einen wärmenden Schluck zu trinken, wobei sie sich anschließend
genüsslich den Schaum von der Oberlippe leckte, der leicht nach Zimt schmeckte.
Seinen hatte sie pur gelassen, weil er nicht den Eindruck machte, als würde er
auf Verzierungen stehen.
„ Écoutez … Zut! “, fluchte Sid leise, weil sie ihre kleine Schwäche nicht
unterdrücken konnte.
Sie verzog den sonst lächelnden Mund zu einem Schmollen, das ganz allein ihr
galt. Mit leicht zusammengezogenen Brauen sah sie zu ihm auf, weil er sie auch
sitzend locker überragte.
„Hören Sie, Malcolm. Ich glaube, Sie haben falsche Schlüsse gezogen. Ich bin
nicht mit Ihrer Schwester befreundet. Ich habe sie heute Nachmittag zum ersten
Mal gesehen und mit King habe ich erst ein paar Mal gesprochen, weil er mit
seiner Chefin regelmäßig zum Essen kommt. Ich fand einfach, dass sie ein süßes
Paar abgeben… Ich wollte nicht vorlaut sein, oder doch. Schieben Sie es auf den
Vollmond. Ich sagte Ihnen ja schon, dass Sie der Typ sind, dem ich nur zu gern
widerspreche. Jeder hat wohl eine solche Schwäche, oder nicht?“
Malcolm hatte
sich von ihrem Anblick gefangen nehmen lassen. Eine hübsche, kleine Küchenfee.
Elegant und liebreizend. Sie bewegte sich mit einer Selbstverständlichkeit, die
entweder auf jahrelange Übung im Geschirrtragen zurückzuführen war oder auf
eben jenes schnelles Lernen, das sie angemerkt hatte. Eigentlich war ihm das
egal. Sie war so oder so ein ganz atemberaubender Anblick. Für einen
Menschen.
Es war gar nicht mehr wichtig, ob sie nun mit Fiona befreundet war, oder nicht.
Sollte seine Schwester hier des Öfteren zum Essen kommen, würden sie ganz
gewiss Freundinnen werden. Jemand wie Sid, so offen, ehrlich und spontan, war
genau der richtige Umgang für seine Schwester. Natürlich wäre es schöner, wenn
sie zu den Immaculates zählen würde, da sich dann gewisse, mögliche
Missverständnisse vermeiden ließen, andererseits ließ er es auch nicht zu, dass
sie sich mit den verwöhnten Eishexen in ihrem Alter traf, die ihr Vater noch
als gepflegten Umgang bezeichnete. Es war eben sein erklärtes Ziel, ihr Leid zu
ersparen. Und so auch die Oberflächlichkeit in gewissen Kreisen. Fiona war eben
wirklich jemand ganz Besonderes. Das sollte nicht verloren gehen.
Sid stützte
sich mit dem Ellenbogen auf dem Tresen ab und legte ihren Kopf auf der Hand ab,
so dass sie ihn leicht zur Seite neigte und ihn mit einem schiefen Lächeln
bedachte.
„Wenn es Sie beruhigt… Ich habe wirklich Kommunikationswissenschaften studiert
und Psychologie im Nebenfach. Ich habe zudem eine Ratgebersendung im Radio
moderiert. Lebenshilfe… Wobei natürlich Paarprobleme und ähnliche Themen einen
großen Teil einnahmen.“
… L` heure bleue, avec Sidonie St. Pierre* ... (*Die Blaue Stunde mit
Sidonie St. Pierre)
Völlig unbewusst streckte Sid ihre Hand nach ihm aus und berührte seine in der
Absicht, sie zu umfassen. Allerdings hatte sie nicht mit der heftigen Reaktion
gerechnet, die die harmlose Berührung in ihr
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