Eine franzoesische Affaere
anfachten. Es war vielleicht nicht beleidigend gemeint, klang
aber danach.
Malcolm
stutzte. Er hatte mit allem gerechnet, aber ihr Ausspruch ganz sicher nicht
wörtlich zu nehmen. Ein verschollen geglaubter Freund vielleicht, der sich nach
langer Zeit mal wieder bei Sid gemeldet hatte. So etwas in der Art war zu
vermuten. Es sei denn, Sid tanzte nicht nur in der Küche sondern übte sich
zusätzlich in okkultem Gläserrücken. Er beließ es dabei, ihre Bemerkung für
einen Scherz zu halten.
„Wie lange
sind Sie schon in New York? Man möchte meinen, Sie sind erst seit Kurzem hier.
Sie streuen immer wieder französische Brocken ein, als würden Sie am liebsten
nur Ihre Heimatsprache sprechen. – Ich bin übrigens Engländer, aber schon so
lange in den Staaten, dass man keinen Unterschied mehr ausmachen kann.“
Theodor und Fiona waren beide hier geboren worden. Er dagegen hatte zur
Belustigung von Queen Anne of Stuart an einem ihrer Geburtstage in goldenen
Pumphöschen tanzen müssen. Lady Almatha Lancaster war schon seit Henry VIII. in
den Diensten des englischen Königshofes gewesen. In wechselnden Rollen
natürlich. Der Stammbaum der Familie wurde stets mit gefälschten Daten und
Nachkommen weitergeführt, um Auffälligkeiten zu vermeiden. Das würde Sid aber
nicht im Geringsten ahnen und er hatte nicht vor, ihr jemals davon zu erzählen.
Sie wusste von ihm bereits mehr als genug. Geschwätzigkeit war in seinem Umfeld
eher schädlich. Um nicht zu sagen, tödlich.
Nach einem
flüchtigen Blick in seine Augen drehte sich Sid weg und eilte in die Küche, wo
sie eine altmodische Espressomaschine in einem der Regale verstaut hatte. Ein
Stückchen Heimat . Es war ein altes Ritual zwischen ihr und Papa gewesen,
nach der Arbeit gemeinsam noch einen Espresso zu trinken. Sie hatte das
Kännchen schnell befüllt und auf dem Herd abgestellt. Es war ein elektrischer
und kein Gas, aber es würde genauso gut funktionieren. Zumindest fühlte sie
sich nicht mehr von seinen Augen seziert und würde ruhiger auf seine
Anspielungen antworten können, wenn etwas Abstand zwischen ihnen lag.
„Kaffee kommt
sofort! Und Sie haben völlig Recht, Malcolm! Ich bin erst seit kurzem in den
Staaten. Ich bemühe mich, die Sprache besser zu lernen… Ich dachte immer, mein
Englisch wäre perfekt, aber es ist ein Unterschied, wenn man in dem Land wohnt.
Ich sollte mir wohl die französischen Einlagen abgewöhnen. Sie rutschen mir
einfach heraus, weil ich in meiner Muttersprache natürlich schneller und mehr
reden kann.“
Sid zog der Milch im Topf eine Grimasse, weil sie sich vorstellen konnte, dass
er da draußen sicher die Augen über ihre Behauptung verdrehte und für sich
meinte, dass sie schon genug plapperte.
„Ich kam vor
knapp über einem Monat… Sind meine Sprachschwierigkeiten damit verziehen? Ich
lerne schnell!“, rief sie nach draußen, während sie Milch aufschäumte und den
sirupartigen Kaffee in die Tassen einschenkte. Die Küche war von einem
vertrauten Geruch angefüllt und Sid sog ihn gierig durch die Nase, wobei sie
kurz die Augen schloss und sich das Gesicht ihres Vaters vorzustellen. Er hatte
auch viel zu selten gelächelt, als hätte ihm jemand einmal das Herz gebrochen.
Und das war vermutlich die Wahrheit, denn ihre Mutter war gar nicht tot, so wie
sie die ganzen Jahre gedacht hatte.
Warum war
sie vor ihm geflüchtet?
Doch noch Kaffee zu kochen, war eher eine Möglichkeit, ihm auszuweichen. Je
schneller er die Entschuldigung vorbrachte und verschwand desto besser. Für sie
beide. Beinahe wäre er aufgestanden, um ihr einfach nach hinten folgen und
zusehen zu können, wie sie zwei Tassen zubereitete. Einfach so. Weil er wusste,
dass er Spaß daran haben würde, Sid bei solch häuslichen Tätigkeiten zuzusehen.
„Ich finde ihren Akzent hinreißend.“ Schon wieder sprach er viel zu leise. Das
ungute Gefühl, sie irgendwie beleidigt zu haben, machte ihn konfus. Er hatte
lediglich genauso neugierig Fragen stellen wollen, wie Sid das am Nachmittag
getan hatte. Aber doch nicht, um sie zu diskreditieren.
Sid legte die
Kaffeelöffel auf die Untertasse und eine Minitafel Schokolade dazu, weil es ihr
schon in Fleisch und Blut übergegangen war. Sie würde bei weiterer Überlegung
Malcolm kein Süßmaul unterstellen. Geschickt balancierte sie die beiden Tassen
mit der rechten Hand und ging um den Tresen herum, wo sie vor Malcolm eine
Tasse abstellte und dann selbst auf einen der Hocker hopste, um seinen Besuch
für eine
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