Eine Frau besorgen - Kriegsgeschichten
bebten, ihre nackten Schultern leuchteten in der Nacht.
Was willst du von mir, Sascha Grab?
Dich will ich, Emilia Kaštja, sagte ich.
Sie starrte wie hinter einem fleckigen Fensterglas hervor. Sie steckte sich die Nägel in den Mund und kaute in ihrer Ratlosigkeit daran. Ich habe nicht gewußt, daß Frauen sogar an Kunstnägeln kauen.
Aber warum ausgerechnet mich, Sascha Grab?
Ich möchte, sagte ich, während ich mir die verschwitzten Hände an der Hose abwischte, daß du dabei schreist. Oder kreischst. Sing für mich. Sei sehr laut, darum bitte ich dich, Emilia Kaštja.
Ich mag es aber stumm, widersprach Emilia Kaštja.
Mit mir muß es aber laut sein. Sehr laut. So laut, daß dabei alles andere verstummt. Verstehst du?
Ich verstehe, sagte Emilia Kaštja und setzte sich auf einen frischen Erdhügel. Sie warf das Gold von sich ab, schmiß alles in das Grab. Sie schlüpfte aus ihrem leichten Sommerkleid, auf dem griechische Schwalben einander jagten, und ihre Schultern bewegten sich kaum. Emilia Kaštja war nackt, aber noch lächelte sie nicht.
Ich bin kein schlauer Mensch, sagte ich.
Emilia Kaštja lächelte endlich und lehnte sich zurück, langsam und vorsichtig, alles darbietend, was sie nur zu bieten hatte. Sie sagte nicht, ihr Körper gehöre mir, sondern daß sie mir bei allem helfen würde. Und das war, glaube ich, mehr als alles andere. Ich ließ mich auf sie nieder und tat mein Glied dorthin, wo sich ihr Körper mir öffnete. Ich drang in ihr Fleisch. Und ich war darin und rührte mich nicht. Es war gut, in ihr zu sein, und daß es damit auch genug war. Vielleicht hatte ich auch ein bißchen Angst. Man muß sich nicht bewegen, man muß nur in einem anderen Menschen sein, lange, reglos. Leise tönte Radio Gibraltar, zählte die Namen auf. Emilia Kaštja wandte den Kopf ab und keuchte laut. Ich war auf ihr, in ihrem Fleisch, als mich ein seltsames Gefühl ergriff. Daß wir nicht allein waren. Daß, wenn man es tut, immer jemand von oben zusieht.
Wir sind nicht allein, sagte ich.
Ich höre dein Radio, Sascha Grab.
Gott sieht uns zu, Emilia Kaštja.
Ich höre dein Radio, Sascha Grab!
Ich höre es! Ich höre es! Ich höre es!
Schließlich kam die Morgendämmerung. Über uns wälzte sich der Dunst. Aber natürlich. Ich hatte gedacht, daß es in meinem Leben einen Moment geben würde, wo ich Radio Gibraltar nicht hören würde. Einen einzigen solchen Moment würde es geben, und das würde auch genug sein. Das würde mich vielleicht beruhigen. Mein Plan, meine Sehnsucht war, daß Emilia Kaštja mir dabei half. Ich hatte mich getäuscht. Oder ich weiß nicht. Denn dort unter dem Nachthimmel, während ich im Körper des Mädchens war, während ich ihr zu beweisen versuchte, daß wir nicht allein waren, während sie kreischte, deklamierte und sang, winselte und keuchte, ganz wie ich sie gebeten hatte, geschah etwas mit Radio Gibraltar. Das Radio sagte auf einmal den Namen von Emilia Kaštja an.
Das Mädchen erstarrte plötzlich.
Gott mit dir, Sascha Grab, hauchte sie mir ins Gesicht.
Und Radio Gibraltar sagte wieder den Namen von Emilia Kaštja an, was ganz unüblich war, denn in der Vergangenheit treiben, schwimmen und drängen sich derart viele Namen, daß bei Radio Gibraltar Zeit und Platz nicht ausreichen, um den einen auf Kosten des anderen zu wiederholen oder besonders hervorzuheben, dachte ich, bisher zumindest, doch als Radio Gibraltar den Namen von Emilia Kaštja schon mindestens zum hundertsten Mal ansagte, wußte ich, daß es unwiderruflich war. Vielleicht geschah, was ich mir immer erträumt hatte.
Jetzt war schon Vormittag, denn der Rücken tat mir weh.
Ich hob das Grab aus und hörte Radio Gibraltar. Und auf einmal sah ich, wie sich Beine zögernd näherten, ich sah die hechelnde, zum Zubeißen bereite Fratze des Hundes, und Augenblicke später standen Milorad Borzo, der Schriftsteller, und Slava Caesar, die schwarze Dogge, neben mir. Sie starrten das Mädchen an, meine Geliebte, Emilia Kaštja, die ich auf den Boden gelegt hatte. Milorad Borzo nickte und zündete sich eine Zigarette an. Dann zeigte er auf den Hund.
Ich habe ihn nur für eine Nacht aufgenommen, sagte er leise.
Slava Caesar schaute uns an, als verstünde er die menschliche Sprache. Emilia Kaštja, Emilia Kaštja, Emilia Kaštja, tönte Radio Gibraltar. Der Hund leckte dem Schriftsteller die Hand, der sich daraufhin nervös ins Haar griff. Er rieb sich die Stirn.
Das ist Wahnsinn, wirklich nur ein einziges Mal,
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