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Eine Frau - Ein Bus

Titel: Eine Frau - Ein Bus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doreen Orion
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brachte. Ich musste seine Zähigkeit zwar bewundern, doch trotz der Verlockung, die die vielfältigen Outfits darstellten (einschließlich diverser Taucheranzüge, wenn auch allesamt in Schwarz), konnte ich mich der Frage nicht erwehren, ob dieser Typ nicht vielleicht ein leckes Ventil im Tank hatte.
    Obwohl Wasserskifahren, noch dazu bei Eiseskälte, nicht die Beschäftigung meiner Wahl wäre, machte Brian eines deutlich, was in unserem Haushalt eher nicht an der Tagesordnung war: die Bedeutung, genau das zu verfolgen, was man liebte. Ich konnte mich nur fragen, ob es einen Grund hatte, weshalb wir auf dieser Reise ständig über einen ganz bestimmten Menschenschlag stolperten (was automatisch die Frage aufwarf, ob ich vielleicht eine Spur zu lange im karma-verseuchten Boulder lebte). Nach gerade einmal einem Monat unterwegs und ohne eine berufliche Beschäftigung in Aussicht, ganz zu schweigen davon, dass wir verschiedenste Biografien zu hören bekamen und Menschen wie Brian kennen lernten, begann Tim von einer Praxis auf Teilzeitbasis zu träumen, in der er nur die Fälle annehmen würde, die ihn wirklich interessierten. Und nach einer längst überfälligen Konferenz mit seinem inneren Allround-Freak dachte er darüber nach, ob er nicht den Rest seiner Zeit damit zubringen sollte, alte Häuser zu renovieren.
    Seit Vanture mit dem Umbau des Busses begonnen und wir uns mit den Jungs dort angefreundet hatten, beneidete Tim den Besitzer. Chris meinte, er könnte nicht verstehen, wie die Leute morgens aufstehen und sich über ihren Job
beschweren konnten. Er freue sich jeden Tag beim Aufwachen auf seine Arbeit. Als Tim anfing, seine eigene Betätigung unter neuen Gesichtspunkten zu betrachten, erinnerte er mich daran, was Chris zu ihm gesagt hatte.
    »So will ich sein«, erklärte er.
    Obwohl ich jammerte, außer mir keine Frau zu kennen, die mit einem Akademiker mit Handwerker-Ambitionen verheiratet sei, freute es mich sehr, dass Tim sich Gedanken machte, wie er sein Leben verbessern könnte. Und es stellte sich heraus, dass mein Ehemann nicht der Einzige war, der sein Weltbild zu hinterfragen begann: Im einzigartigen Maine, als ich mich auf ein paar besonders hübsche Fotogelegenheiten freute (leider hatte ich mittlerweile herausgefunden, dass die künstlerischen Möglichkeiten meines neuen Hobbys namens Naturfotografie innerhalb des Hauses nur sehr limitiert waren, so sehr ich mich auch um Motive bemühte), schlug ich tatsächlich vor, eine (wenn auch kleine) Wanderung zu unternehmen.
    Es war nicht weiter schwierig, sich vom Zauber des Acadia National Park einfangen zu lassen. Obwohl wir vom Campingplatz aus eine wunderschöne Aussicht auf das Meer hatten (vermutlich hasse ich die Natur in Wahrheit nicht, sondern ziehe es einfach nur vor, mich durch ein Fenster an ihr zu erfreuen, es sei denn, ich habe eine Kamera in der Hand - was wahrscheinlich im Prinzip dasselbe ist, als sehe man sich etwas durch ein Fenster an, nur eben durch ein kleineres), gingen wir fast jeden Tag mit Miles durch den Park. Wir unternahmen so vielfältige »Wanderungen«, von kurzen Spaziergängen für mich bis zu langen, anstrengenden Touren für Tim, dass ich mir die Kamera über die Schulter schwang und sogar ein Lächeln auf den Lippen hatte, während ich meine Schuhe zuschnürte.
Einen Tag verbrachten wir am Strand, wo ein paar Geisteskranke - und glauben Sie mir, ich habe Menschen schon aus geringfügigeren Gründen für geisteskrank erklärt - im Meer schwammen.
    In Maine kam Miles das erste Mal mit dem Meer in Berührung, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Als er am Strand entlanglief und vor den Wellen flüchtete (obwohl Pudel eigentlich Wasserratten sind, hat unserer stets vermieden, nass zu werden), konnte er nicht widerstehen, einen Schluck zu trinken. IGITT! Armer Pudel. Während des restlichen Jahres beging er immer wieder denselben Fehler, weil er offenbar nicht fähig war, diese Sache mit dem Salzwasser zu durchblicken.
    Eines Tages kamen wir mit einem älteren Parkranger ins Gespräch. Er und seine Frau hatten den Großteil ihres Lebens damit zugebracht, durchs Land zu reisen und in einem Nationalpark nach dem anderen zu arbeiten. Während diese Lebensform für mich nicht in Frage kam, konnte ich doch zum ersten Mal ihren Reiz nachvollziehen: Zu leben , was man liebt, jeden Tag, statt mit dem zu leben, was man liebt (beispielsweise - oh Gott, vergib mir, dass ich so etwas jetzt sage - mit Schuhen). Ich hatte diesen Punkt

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