Eine Frau - Ein Bus
boshafter Freude fort. »Hast du Angst, ich verpasse ihm einen Einlauf mit der Stoßstange?«
Kann man mir einen Vorwurf daraus machen, dass mich das blanke Entsetzen packte, als wir wenig später auf eine gerade einmal vier Meter hohe Unterführung auf einer reichlich holprigen Straße zuhielten. Ich war sicher, genau an der Stelle, wo die Unterführung begann, eine weitere Bodenwelle zu erkennen.
»Oh Gott, oh Gott«, stöhnte ich. »Wie ist die Höhe, die wir nicht unterschreiten dürfen?«
»Dreineunzig«, antwortete er und warf mir einen kurzen Seitenblick zu. »Nein, dreiachtzig«, fügte er beim Anblick meiner entsetzten Miene hinzu.
»Aber was ist mit dem Wellenreiten?«
»Wellenreiten? Wieso wellenreiten?«
Ich machte eine wellenförmige Handbewegung, bereute aber augenblicklich, ihn dazu gebracht zu haben, dass er den Blick von der Straße löste.
»Oh, du redest von den Boden wellen.« Er lachte. Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
Doch schon bald, im Zuge der schlimmsten Katastrophe, die wir erleben sollten, würde mein Mann etwas für mich tun, was ich niemals vergessen würde.
Kapitel Neun
Elvis has left the Bus
Love me Bender
2 Teile Passionsfruchtlikör
2 Teile Champagner
1 Teil Himbeerlikör
Den Shaker auf der Hüfte abstellen, Becken kreisen lassen und trinken. Wenn Sie sich immer noch daran erinnern können, wie die Liebe Ihres Lebens Sie zwingt, in einem Bus zu leben, den Vorgang wiederholen.
W ir erreichten New Orleans im Januar 2005, sieben Monate vor Hurrikan Katrina.
Es mutet seltsam an, jetzt über The Big Easy zu schreiben, mit dem Wissen, dass so vieles, was wir in einer der einzigartigsten Städte der USA gesehen haben, nicht mehr existiert. Nachdem wir zu diesem Zeitpunkt bereits einen Großteil des Landes durchreist hatten, waren wir uns einig, dass New Orleans sehr exotisch war und noch mehr: Als wir durchs French Quarter schlenderten, hatten wir das Gefühl, uns nicht nur in einem anderen Land, sondern auch einer anderen Ära zu befinden.
Tim wollte immer schon den Mardi Gras erleben. Ich hasse Menschenansammlungen (also gut, ich stelle mir vor , dass ich sie hasse). Also einigten wir uns darauf, in der Vorbereitungszeit für die Festivitäten nach New Orleans zu kommen, die ein paar Wochen zuvor beginnen. Während dieser Zeit veranstalten einige der weniger bekannten Karnevalsvereinigungen ihre Paraden. Obwohl wir trotzdem reichlich beworfen wurden (ich hätte eine Maske mitbringen sollen. Diese Kinder auf den Festwagen sind heftig bewaffnet), konnte ich mich mit dieser Perlengeschichte nicht recht anfreunden. Ich meine, wieso sollte ich das Bedürfnis haben, zu schreien und lustig gekleidete Leute anzubetteln, mich mit lustigen Plastikperlen zu bewerfen, die (Gott sei Dank) zu keinem meiner Outfits jemals passen würden?
Da es in der Nähe der Stadt keinen einzigen Campingplatz gibt, entschieden wir uns für einen, der sich etwa eine halbe Autostunde vom French Quarter befindet. Auf der Fahrt in die Stadt sahen wir immer wieder ein Schild, auf dem »NO Intrnl. Airport« stand. Ich zermarterte mir das Gehirn, wie eine doch recht große Stadt wie New Orleans mit einem albernen kleinen Flughafen zurechtkam, von dem aus nicht einmal internationale Flüge gingen. Es dauerte mehrere Tage, bis der Groschen fiel. »NO« war die Abkürzung für New Orleans. So viel zum Thema »Immer schön zuerst Hirn einschalten«.
Natürlich fuhren wir auch zu einem Park, in dem der Mississippi in den Golf von Mexiko mündet: 2320 Meilen von der Stelle entfernt, wo Tim sich fast fünf Monate zuvor in Lake Itasca, Minnesota, in den Oberlauf entleert hatte. Und natürlich schoss ich ein weiteres Foto von ihm, um seine Sammlung zu vervollständigen. Diesmal waren
jede Menge Leute um uns herum, die im Gras saßen und den vorbeifahrenden Booten zusahen. Ich war absolut sicher, dass Tim nie im Leben seine Pose einnehmen würde. Der Vor-der-Bus-Geschichte-Tim wäre viel zu verlegen und gehemmt für so etwas gewesen. Immerhin hatte er sich in Itasca, als die Familie plötzlich um die Ecke gekommen und ihn mittendrin erwischt hatte, in Grund und Boden geschämt. Doch der Tim von jetzt zögerte nicht. Und diesmal wurde er für seine neu entdeckte Unverfrorenheit auch angemessen belohnt, denn obwohl sich so viele Leute um uns herum aufhielten, bemerkte ihn niemand.
Im French Quarter spähten wir durch die düsteren Fenster des New Orleans Historic Voodoo Museum und betraten es erst nach
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