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Eine Frau - Ein Bus

Titel: Eine Frau - Ein Bus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doreen Orion
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nicht unterkriegen lässt«. Die Leute in diesem Teil des Landes sind offenbar sehr nett. Ich hätte am liebsten Gemüse aus Frances’ Garten auf die Bühne geworfen oder im Takt der Musik mit einer Dobro-Gitarre auf ihren Kopf eingedroschen.
    Während wir bei Bob und Frances waren, starb Tante Virginia. Ich fand nie heraus, ob sie die Tante von jemand Bestimmtem war, vielmehr schien sie die Tante von so ziemlich jedem hier zu sein. Ich hatte sie selbst nie kennen gelernt, und obwohl jeder betonte, was für ein wunderbarer Mensch sie gewesen sei, konnte ich mich nicht überwinden, an ihrem Begräbnis teilzunehmen. Ich war noch nie bei einer Bestattung gewesen, bei der die Leiche offen aufgebahrt wurde. Natürlich hatte ich als Ärztin genug Leichen gesehen, aber keine hübsch zurechtgemachten. Allein die Vorstellung fand ich ziemlich abgedreht. (Juden balsamieren ihre Toten weder ein, noch bahren sie sie offen auf. Wir verfrachten sie einfach in die Kiste und vergraben sie.) Doch als ein Familienmitglied der jüngeren Generation (und damit körperlich imstande, den Sarg auf den Schultern zu tragen) wurde Tim gebeten, als Sargträger
zu fungieren. Wenn er hinging, würde ich ebenfalls gehen müssen (sagte er zumindest).
    Der Raum für die Aufbahrung im Bestattungsinstitut war winzig, so dass ich keine andere Wahl hatte, als einen Blick auf Tante Virginia zu werfen, auch wenn ich mich noch so bemühte, es nicht zu tun. Wir kamen herein, und da lag sie. Einerseits empfand ich es als höchst indiskret - niemand mag es, angestarrt zu werden, während er schläft, selbst wenn es der endgültigste aller Schlafzustände ist. Ich fand, dass der Tod mehr Privatsphäre verdiente. Andererseits war das hier ihre Party. Sie war hier, nur redete eben keiner mit ihr. Nicht dass niemand sie beachtet hätte, nein, nein. »Meine Güte, sie sieht so hübsch aus«, sagten alle. Nun ja, natürlich tut sie das. Das ist bei gewachstem Obst auch so.
    Erst als wir wieder nach Hause kamen und Bob und Frances sich darüber unterhielten, Tante Virginia hätte besser ausgesehen als seit Jahren, begriff ich, dass ein offener Sarg eine Möglichkeit für die Verwandten darstellt, ihre schlimmen Erinnerungen durch schönere zu ersetzen. Diese Erkenntnis linderte mein Unbehagen ein wenig. Meine Güte. Das hätte man mir doch mal sagen müssen.
    An unserem vorletzten Tag in Van Buren fuhr Frances mit mir zu ihrem Bruder und dessen Ziegenfarm. Es müssen über hundert Ziegen gewesen sein, und alle blökten, was ihre Lungen hergaben. (Okay. Noch eines. Ziege bleibt »Ziege« auf dem Teller - nicht dass ich so etwas jemals essen würde, aber trotzdem.) Als wir den Hügel hinaufliefen, zeigte er auf einige der Tiere, darunter auch Mutterziegen mit ihren Jungen. Ich würde ganz bestimmt nicht denselben Fehler begehen wie mit den wunderbaren Tieren, der mir vor einigen Jahren bei einem Besuch bei Tims Bruder Mike in Grass Valley, Kalifornien, unterlaufen war.

    Mike hatte ein paar weitläufige Gehege auf seinem Hof, wo er Schweine, Schafe und Hühner hielt. (Okay. Ein letztes Mal - Schwein bleibt Schwein auf dem Teller, Schaf wird zu Lamm, sprich eine Art Altersumkehrprozess, den nicht einmal unsere jugend- und schönheitsbesessene Kultur nachahmen möchte, und dann wieder die Sache mit dem Huhn.) Aus irgendeinem Grund war ich völlig begeistert von einem der Schweine. »Wie heißt es?«, fragte ich. Mike sah mich seltsam an.
    »Äh … wir geben ihnen keine Namen«, erklärte er und hatte Mühe, sich das Lachen zu verbeißen.
    »Aber wie kann man ein Haustier halten, ohne ihm einen Namen zu geben?«, beharrte ich.
    »Äh … sie sind keine Haustiere.« Ich hatte keine Ahnung, wovon er sprach, bis Tim mich später beiseitenahm und es mir erklärte. Oh.
    So angenehm es war, Zeit mit Bob und Frances zu verbringen, hatte ich nach zweieinhalb Wochen doch das Bedürfnis, unsere Reise fortzusetzen. Zwar konnte ich die angenehmen Seiten eines familienorientierten Lebens auf dem Lande durchaus nachvollziehen, empfand es aber doch als ein wenig eng. Vielleicht liegt es daran, dass ich Einzelkind bin, aber ich habe gern Zeit für mich allein. Es würde mich in den Wahnsinn treiben, wenn ständig jemand ins Haus gepoltert käme oder, schlimmer noch, von mir erwarten würde, dass ich mich anziehe und sie besuche. Auch Tim war ein wenig im Zwiespalt: Zwar mochte er einerseits das Gemeinschaftsgefühl, nicht aber die Tatsache, dass es hier nur wenig anderes als die

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