Eine Frau flieht vor einer Nachricht
immer beängstigend langsam zueinander, und statt sofort alle Sinne zu schärfen und sich zu bewähren, taucht jetzt ihre dumme Angewohnheit auf, diezum Überleben herzlich wenig taugt, wie Ilan ihr mal erklärt hat, sie klammert sich an die kleinen, völlig unwichtigen Details der Situation (dass sich unter Avrams Armen schnell Schweißflecken ausbreiten, dass einer der Hunde wohl ein gebrochenes Bein hat, es hängt angewinkelt und lahm an seiner Hüfte, wie Ilans Lider wild geflattert haben, als er ihr vor neun Monaten mitteilte, er werde sie verlassen; dass der Mann aus dem Nachal Kedesch zu allem Überfluss auch noch zwei identische Eheringe an zwei Fingern trug).
Die Hunde rücken enger zusammen, bilden eine Art Phalanx, an deren Spitze ein großer schwarzer Hund mit mächtigem Brustkorb steht, direkt dahinter ein kräftiger goldfarbener Hund. Der schwarze Hund bellt sie wild und laut an, atmet kaum, und der goldene knurrt tief und anhaltend. Unheilverkündend.
Avram dreht sich um sich selbst und macht Geräusche eines Asthmaanfalls. Sie hat den Eindruck, seine Augen werden immer größer und füllen sein Gesicht völlig aus. Du nach hier, ich nach da, zischt er ihr zu, du musst schreien und treten!
Sie versucht zu schreien. Ihr wird klar, sie kann nicht. Eine Art Scheu vor Avram, so eine idiotische Verschämtheit, vielleicht auch vor den Hunden? Vor sich selbst? Wann hat sie wirklich mal geschrien? Wann hat sie Schreie losgelassen, die ihr den Hals aufrissen? Wann würde sie das tun?
Die Hunde stehen da und bellen wie von Sinnen. Das Bellen und Jaulen schüttelt ihre von dumpfer, hartnäckiger und roher Wut geladenen Körper. Ora schaut sie an, noch immer zu langsam. Und der Film vor ihren Augen läuft zu schnell. Sie starrt gebannt auf die Mäuler, auf die Schleimfäden an den Lefzen. Die Hunde kommen näher, umzingeln sie. Avram faucht ihr zu, sie soll einen Stock nehmen, irgendwas, und Ora versucht, sich an Dinge zu erinnern, die sie hier und da von Adam gehört oder bei zufälligen Gesprächen seiner Freunde aufgeschnappt hat. Idan, ein süßer Junge und begnadeter Musiker, der sich beim Militär zur Hundestaffel gemeldet hatte, der erzählte ihr einmal, als sie ihn und Adam zu einem Konzert nach Caesarea fuhr, wie man Hunde darauf dressiere, den »dominanten Körperteil« des Gesuchten anzugreifen, den Arm oder das Bein, mit dem er versucht, sich vor dem Hund zu schützen. Er hatte Ora erklärt, ein normaler Hund schnappenur leicht nach einem Arm, aber ein Hund der Staffel – Idan selbst besaß einen belgischen Schäferhund, die hätten den stärksten Trieb, hatte er gesagt, die kannst du in jede Richtung dressieren –, ein Hund der Staffel würde richtig zupacken und den Arm oder das Bein oder das Gesicht nicht mehr loslassen; erstaunlich, wie ihr diese nützliche Information jetzt prompt einfiel, aber Idan schickte Hunde in den Angriff, und sie befand sich hier auf der falschen Seite des Hundes.
Der Schwarze, drängt Avram sie, gib acht auf den Schwarzen. Und wirklich, das große Männchen, zweifellos der Anführer, stellt sich nicht weit von ihr auf und starrt sie mit blutunterlaufenen Augen an; ein gewaltiger Brocken, der aussieht, als lege er in ebendiesen Momenten die Umrisse seiner Hundegestalt ab und verwandele sich in ein urzeitliches Tier. Im selben Moment kommt ein anderer Hund quer übers Stoppelfeld auf sie zugerast, klein und mutig, Ora hüpft hoch, klammert sich an Avram, reißt ihn beinah um, und Avram blickt sie einen Moment wütend an, sieht jetzt selbst aus wie ein Tier, aber wie ein friedliebendes, vegetarisch lebendes, eher ängstliches Tier, ein Gnu, ein Lama oder Kamel, das plötzlich in ein Schlachthaus geraten ist, dann holt er zu einem gezielten Tritt gegen den Hund aus, und der fliegt in entsetzlicher absoluter Stille wie ein ausgebreiteter Lumpen, den Kopf unnatürlich nach hinten gebogen durch die Luft, und über ihm fliegt auch Avrams Allstar -Schuh.
Ich hab ihn umgebracht, flüstert Avram entsetzt.
Völlige Stille. Die Hunde nehmen nervös die Witterung auf. Ora kommt der Gedanke, wenn sie und Avram nicht angreifen, würden sich auch die Hunde vielleicht beruhigen. Sie denkt an ihren Hund Nikotin. Versucht, seine Weichheit zu beschwören, überredet seinen häuslichen Geruch, von ihr zu ihnen hinzuströmen. Sie schaut sich um. Das Feld ist gefleckt von Hunden. Wahrscheinlich verwilderte Haushunde. Hier und da schimmert ein Halsband aus einem zotteligen, verdreckten
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