Eine Frau flieht vor einer Nachricht
gesteckt. Ich habe sie gehört. Alles stand in Flammen. Mein Gesicht und meine Hände sind von der Hitze verbrannt, ich bin ganz schwarz vom Ruß. Sie haben auch meine Hefte verbrannt. Ein ganzes Jahr Arbeit ist kaputt, das ganze letzte Jahr, die Idee, die ich hatte, alles hinüber, alles verbrannt.
Diese Wichser, jeder freie Moment, den ich hatte, im Camp, an den Wochenenden, auf den Fahrten zum Camp, du hast ja gesehen, wie ich in dem Jahr war, Orale. Sieben Hefte, so ein Scheiß, richtig dicke Notizbücher, jedes zweihundertzwanzig Seiten, alles meine Ideen …
Seine Stimme schlug um, er begann zu weinen, redete weinend weiter. Es war schwer, ihn zu verstehen. Ilan erhob sich, stand da und hörte Avram zu, wie er schluchzte. Plötzlich riss er sich die Kopfhörer runter und warf sie auf den Tisch; hör auf, hör auf, es reicht, sagte er sich, wann macht er endlich Schluss?
Die Ägypter schossen stärker und häufiger. Granaten aus 240-mm-Mörsern schlugen nacheinander ein. Die Beobachter berichteten laut und aufgeregt, Boote mit nicht erkennbarer Ausrüstung landeten im Uferbereich unterhalb des Postens. Angst wehte durch die Schützengräben und die Bunker. Die Boote spritzten dann mit Wasserkanonen. In den ersten Momenten ein Gefühl der Erleichterung: Die Wassertropfen reinigten die Luft von dem Staub überall – aus Bunkern, Kaffeebechern, Nasenhöhlen –, doch nach einer Weile begann der Boden des Postens abzusacken. Die Soldaten beschossen die Boote aus allem, was sie hatten, und bewarfen sie mit Granaten. Die Boote drehten ab, doch der ganze Komplex des Postens sank auf einer Seite ein und sah aus wie ein schiefes, bitteres Lächeln.
Der Kommandeur befahl den Soldaten, in den Befehlsbunker zu kommen. Ilan fand ein Eckchen und setzte sich auf den Boden. In seinem Kopf sägte Avrams Stimme weiter, flüsterte, phantasierte, er flehte um sein Leben. Soldaten und Offiziere kauerten an den Wänden, vermieden es, sich anzuschauen. Jetzt, wo die Wasserkanonen den dichten Staub weggespült hatten, roch man den ekelerregenden Kotgestank, den sehr konkreten Bodensatz der Angst. Ein Soldat mit glatten, zarten Wangen, der aussah, als wäre er fünfzehn, lag mit geschlossenen Augen zusammengerollt neben Ilan und murmelte schnell und mit großer Hingabe. Ilan tippte an sein Bein und bat ihn, auch für ihn zu beten. Der Knabe sagte, ohne die Augen zu öffnen, er bete nicht, er sei überhaupt nicht fromm, er memoriere nur chemische Formeln, so habe er sich vor den Abiturpüfungen erfolgreich beruhigt, und das habe bisher immer geholfen. Ilan bat ihn, auch für ihn Formeln zu sagen.
Mit gesenkten Köpfen saßen die Soldaten und Offiziere da. Draußen brüllte die Wüste, ein riesiges Tier; verletzt und geschunden bäumte sie sich bei jeder weiteren Verletzung auf. Fast die ganze Zeitmeinte Ilan zu hören, wie ägyptische Soldaten das Tor zum Posten aufbrachen. Sein Hirn produzierte diese Stimmen mit größter Genauigkeit. Immer wieder schlugen die Ägypter mit ihren Gewehrkolben gegen das Tor, immer wieder gab es direkt hinter der Mauer Explosionen, und er hörte ihr Jubeln, als sie hereinstürmten, und Schreie auf Arabisch, Schüsse, Sirenen, und das Flehen auf Hebräisch wurde immer schwächer. Ein metallischer Geschmack breitete sich in seinem Mund aus, ließ die oberen Zähne und die Nase erstarren und betäubte sie. Es wird nicht weh tun, es wird nicht weh tun, murmelte der junge Soldat neben ihm, er hielt die Augen fest geschlossen, ein feuchter Fleck breitete sich auf seiner Hose aus.
Fiebrig versuchte Ilan, sich an eine Methode zu erinnern, die er als Jugendlicher entwickelt hatte, eine Methode, um glücklich zu sein. Wie funktionierte die noch? Er hatte sich in verschiedene Zonen unterteilt, und wenn es ihm an einer Stelle schlechtging, war er zu einer anderen gehüpft. Das hatte nie wirklich geklappt, ihm aber zumindest das Gefühl eines inneren Hüpfens gegeben, das dem Fliegen mit einem ganz privaten Schleudersitz glich und ihn für einige Momente über die Scheidung seiner Eltern erhob, über den endlosen Aufmarsch neuer Männer bei seiner Mutter, über die Abscheulichkeiten seines Vaters mit den Soldatinnen vor aller Augen, und auch über den aufgezwungenen Umzug von Tel Aviv nach Jerusalem, die verhasste Schule und die entsetzliche Ödnis – drei ganze Tage und Nächte jeder Woche in dem Transport-Camp, das sein Vater befehligte. Einmal, beim Wacheschieben mit Avram unter der Antenne auf der
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