Eine Frau flieht vor einer Nachricht
auf der Erde schlafen, er brauche noch nicht einmal eine Matte, lange werde er ohnehin nicht schlafen, denn Ora hatte, wie sich herausstellte, nicht die Schlaftabletten eingesteckt, die er normalerweise nahm, aus der Schublade des Schränkchens anseinem Bett, sondern die pflanzlichen, die sie im Badezimmer gefunden hatte, und die waren nicht von ihm. Von wem sind die denn, fragte Ora, fast ohne die Lippen zu bewegen, ach die, Avram tat die Frage ab, die wirken bei mir sowieso nicht, und Ora dachte an die Frau, die das Deodorant mit Vanillegeruch benutzte, violette Haare hatte und bereits seit einem Monat – hatte er das nicht am Telefon gesagt – nicht mehr bei ihm wohnte.
Um sieben Uhr abends, als sie die Stille zwischen sich nicht mehr ertragen konnten, zog sich jeder in sein Zelt zurück, und sie lagen lange wach, dämmerten manchmal für eine Weile ein, auch Avram war von den Anstrengungen des Tages erschlagen, es gelang ihm fast, einzuschlafen, dank der lächerlichen Pillen, die Ora in seinem Medikamentenschrank gefunden hatte, doch letztendlich war er stärker als die Pillen.
Sie wälzten sich hin und her, seufzten, husteten. Zu heftig rumorte in ihnen die Wirklichkeit. Dass sie im Freien lagen, unbequem auf dem von Steinen und Kuhlen zerfurchten Antlitz der Erde, und auch beunruhigend neu, dieses spannungsreiche verborgene Beben wie der Rücken eines großen Tieres, und das irritierende Blinzeln der Sterne, und die ganze Zeit die warmkühlen, feuchten Wellen Luft, wie der sanfte Atem aus einem verborgenen Mund.
Das Schreien der Nachtvögel, das Rascheln von allen Seiten, das Sirren der Mücken, dauernd das Gefühl, dass etwas an der Wange oder am Bein entlangkroch, das Geräusch leiser Tritte im nahen Gebüsch, das Heulen der Schakale, einmal auch der Schrei eines kleinen Tieres, das zerrissen wurde. Ora war wohl trotz allem eingeschlafen, denn gegen Morgen weckten sie drei Leute in Militäruniform, die auf dem kleinen Absatz vor ihrer Haustür standen und einen Schritt zur Seite machten, damit der Ranghöhere unter ihnen hervortreten und an die Tür klopfen konnte, der Arzt tastete in seiner Tasche nach der Beruhigungsspritze, und die junge Offizierin spannte die Muskeln an, um Ora, falls sie ohnmächtig würde, aufzufangen.
Ora sah sie alle drei, wie sie sich aufrichten, sich räuspern, und der mit dem höheren Dienstgrad hebt den Arm und zögert. Wie hypnotisiert schaute sie auf diese geschlossene Faust und hatte den Gedanken, dieser Moment würde ein ganzes Leben dauern. Dann klopft er an dieTür, dreimal stark, und schaut auf die Spitzen seiner Schuhe; bis die Tür geöffnet würde, bewegt er die Nachricht, die er überbringen soll, in seinem Mund. Um soundsoviel Uhr an dem und dem Ort ist Ihr Sohn Ofer bei einem Einsatz …
Gegenüber, auf der anderen Straßenseite, werden nach und nach die Fenster zugeschlagen, Vorhänge vorgezogen und nur am Rand wieder ein wenig zurückgeschoben, um doch einen kleinen Blick zu ermöglichen, aber ihre Tür wird geschlossen bleiben. Endlich gelang es Ora, die Beine zu bewegen, und sie versuchte, sich im Schlafsack aufzusetzen. Schweißgebadet, die Augen geschlossen, die Hände steif, hatte sie den Eindruck, sie könne sie nicht bewegen – und der ranghöhere Offizier klopft erneut dreimal, und weil es ihm widerstrebt, klopft er zu hart, für einen Moment scheint es so, als wolle er die Tür aufbrechen und mit der Nachricht eindringen, doch die Tür bleibt geschlossen, keiner macht auf, um sie entgegenzunehmen, und er schaut verlegen auf das Formular in seiner Hand, um soundsoviel Uhr an dem und dem Ort ist Ihr Sohn Ofer bei einem Einsatz. Die Offizierin geht zurück zu dem Steinmäuerchen, um die Hausnummer zu überprüfen, es ist das richtige Haus, und der Arzt versucht, durch die Fenster hineinzuschauen, ob irgendwo Licht brennt, aber es brennt kein Licht. Noch ein schwächeres, diesmal zweimaliges Klopfen, und die Tür bleibt zu, und der Offizier stemmt sich für einen Augenblick mit seinem ganzen Gewicht gegen die Tür, als wolle er sie tatsächlich eindrücken und die Nachricht um jeden Preis hineinwerfen; er schaut seine Kollegen verwirrt an, denn ihnen wird jetzt immer klarer, dass hier mit der Zeremonie etwas schiefgeht, dass ihr professioneller und sachlicher Wille, ihr logischer Wille, diese Nachricht zu überbringen, sie loszuwerden, sie rauszukotzen, sie vor allem so schnell wie möglich demjenigen zukommen zu lassen, dem sie per Gesetz und per
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