Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Frau für Caracas

Eine Frau für Caracas

Titel: Eine Frau für Caracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
Vom Netzwerk:
einfüllen...«
    »Ich bitte dich, Dyrenhoff, werde nicht ordinär! Und überhaupt kocht Christine nur Gerichte, die ich anordne. Aber darum geht es ja auch gar nicht!«
    »Richtig, es geht um Anita Eyssing...«
    »Ob sie die richtige Frau für Werner ist?«
    »Das kommt darauf an, ob dein Brüderchen bei ihr mit seinem Rüssel auf Honig stößt.«
    »Deine bilderreiche Ausdrucksweise geht mir allmählich auf die Nerven. Ich möchte wissen, was du von der Geschichte mit den beiden hältst!«
    »Vorläufig nichts! Vorläufig sind noch beide Möglichkeiten drin...«
    »Ich verstehe dich nicht. Was für Möglichkeiten?«
    »Entweder werde ich mich nach ein paar Wochen nach einer neuen Sekretärin umsehen müssen — oder du dich nach einer neuen Christine.«
    »Dyrenhoff!« rief Gerda empört, »du hast einen Zacken zuviel in der Krone! Geh ins Bett und schlaf deinen Schwips aus! Wie kann man nur solch einen Blödsinn verzapfen?!«

    Werner tastete nach dem Radio und schaltete es ein. Wenn es Politik, Wirtschaft oder Sportnachrichten gab, hatte er Pech gehabt. Auch Hindemith oder ein Vortrag über Rabindranath Tagore waren nicht ganz das Richtige. Aber er hatte Glück und erwischte einen musikalischen Bummel durch die Evergreens der letzten zwanzig Jahre. Aber vielleicht war das zu sentimental... Er hatte diese Musik schließlich nicht bestellt, aber wenn er das sanfte Seelenöl weiterträufeln ließ, konnte es den Eindruck erwecken, als verbinde er damit gewisse Absichten. Doch dann hörte er, daß sie die Melodie des Tennessy-Valse leise mitsummte.
    »Sie sind der erste Gast in diesem Wagen«, sagte er nach einer kleinen Weile.
    »Hat das für den Wagen eine besondere Bedeutung?«
    »Wer gibt schon gern zu, abergläubisch zu sein? Aber wenn ich von meinem alten Mathematikprofessor Staudenraus träume, passiert regelmäßig eine Schweinerei auf dem Bau. Der Zement bindet nicht, oder ein Mann fällt vom Gerüst...«
    »Dann scheint also der erste Gast in einem neuen Wagen doch eine besondere Bedeutung zu haben...?«
    »Ich weiß es wirklich nicht, aber ich meine, es kann nur eine gute Vorbedeutung haben, wenn der erste Gast eine so junge und schöne Frau ist wie Sie.«
    »Danke für die Blumen, Herr Gisevius!«
    »Bitte sehr!«
    »Haben Sie das erst seit Venezuela oder waren Sie schon immer so galant?«
    »Es ist meine Natur, aber sie ist durch die spanische Schule erst so richtig zur vollen Entfaltung gekommen.«
    War es die Wirkung der Pfirsichbowle, daß sie einen sentimentalen Walzer mitsummte und sich ihm gegenüber so aufgelockert zeigte, daß er fast eine kleine Herausforderung zu einem Flirt zu spüren vermeinte? Er hätte das Spiel gern fortgesetzt, aber zunächst hatte er noch eine Aufgabe zu erledigen, eine äußerst unangenehme Aufgabe, deretwegen er sich in diesem Augenblick verwünschte, daß er sie nicht Lothar Dyrenhoff überlassen hatte. Severins bevorstehende Haftentlassung...
    Er hatte Zeit genug gehabt, über diese Geschichte nachzudenken, und je länger er sich mit ihr beschäftigte, um so mehr verdichtete sich seine Überzeugung, daß das Auf tauchen jenes Menschen für Anita Eyssing mit irgendwelchen dunklen Gefahren verbunden war. Jenes Menschen... Er spürte die leise Komik, die darin lag, daß er an Severin bereits in jener Formel dachte, die sie gebrauchte, als wäre der Name Severin ein Tabu und als würde mit seiner Nennung der Böse in Person heraufbeschworen.
    »Wie wäre es, Herr Gisevius, wenn Sie etwas langsamer fahren würden?« warnte sie mit einem Blick auf die Tachometernadel, die an die hundert herangeklettert war.
    »Entschuldigung, aber in Ihrer Gegenwart geht einfach das Temperament mit mir durch — und außerdem werden die Bars bereits um drei Uhr geschlossen.«
    »Wie bitte!?« Sie legte die Hand muschelförmig ans Ohr, als wäre der Wagen ein uralter Klapperkasten mit klirrenden Türen und scheppernden Schutzblechen, in dem man sein eigenes Wort nicht verstehen konnte.
    »Ich sagte«, wiederholte er mit lauter Stimme, »ich muß mich beeilen, weil die Bars schon so früh geschlossen werden.«
    »Ohne mich, Herr Gisevius! Sie vergessen, daß ich morgen früh um acht in der Kanzlei sein muß.«
    »Warum tun Sie das eigentlich? Eine zwingende Notwendigkeit, in Dyrenhoffs Kanzlei Sekretärin zu spielen, besteht für Sie doch wohl nicht...?«
    »Doch, sie besteht! Sie besteht aus verschiedenen Gründen. Nicht nur, weil ich damals eine Beschäftigung brauchte, die meine Zeit und

Weitere Kostenlose Bücher