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Eine Frau in Berlin

Eine Frau in Berlin

Titel: Eine Frau in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonyma
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»Tripper« und »Syphilis«. Zwar hat sie als Apothekersfrau ganz gute Kenntnisse über die menschlichen Gebresten gesammelt; doch auf diesem Spezialgebiet fehlen ihr die nötigen Erfahrungen. »Ich habe Knötchen«, so behauptet sie steif und fest. Im Lexikon werden diese Knötchen als charakteristisch für eine beginnende Syphilis bezeichnet; drei bis vier Wochen nach der Ansteckung sollen sie fällig sein. Die Witwe rechnet sich aus, daß ihr Treppenschänder, der Kleine, Bartlose, sie vor genau vier Wochen gehabt hat.
    »Was? Der Wanja? Dieses Kind?« Ich kann es nicht glauben: »Der soll – ?«
    »Warum nicht. Gerade so'n dußliges Wurm. Außerdem weiß ich ja nicht, ob es wirklich der Wanja gewesen ist. Wie willst du es also wissen? Und dann noch dieser Pole – !«
    Die Witwe schluchzt jammervoll. Was sollte ich tun? Nachzuschauen hätte keinen Zweck gehabt; ich verstehe nichts von sowas. Mein Vorschlag, Herrn Pauli zu befragen, wurde mit wilder Abwehr beantwortet. Bleibt also nichts weiter übrig, als den morgigen Tag abzuwarten und möglichst früh die Stelle aufzusuchen, die im Krankenhaus für die vergewaltigten Frauen eingerichtet worden ist. Wobei mir einfällt, wie mir die Ohren juckten, damals, als wir in der Schule anhand von übergroßen anatomischen Modellen das menschliche Ohr durchnahmen. Vermutlich haben bei der Witwe die Symptome auch erst dann richtig eingesetzt, als sie die Beschreibung im Lexikon las. Mal abwarten bis morgen. Vielleicht muß ich auch bald hingehen und mich untersuchen lassen. Bin einen Tag überfällig.
    Donnerstag, 24. Mai 1945
    Der Wecker rasselte – auf zum Schippen. Diesmal zog ich die blauen Trainingsbuxen an und band mir eine Küchenschürze um. Wieder Wolkenhimmel. Es nieselte, als wir antraten. Wir schippten emsig. Sogar zwei Männer schaufelten diesmal mit, das heißt, wenn des Aufsehers Blick sie traf, sonst nicht. Plötzlich gegen zehn Uhr Geschrei, eine Russenstimme: »Frau, komm! Frau, komm!« Ein Ruf, der nur allzu populär ist. Im Nu waren die Frauen wie weggefegt. Sie verkrochen sich hinter Türen, Loren, Schuttbergen, machten sich kauernd ganz klein. Doch nach einer Weile kamen die meisten, darunter ich, wieder zum Vorschein. »Sie werden doch nicht – ? Hier, auf offener Straße? Ist ja auch bloß ein einziger.«
    Dieser nun schritt zur Tat. Er schien mit Befehlen ausgerüstet, sammelte die Restbestände von uns Frauen und trieb uns zu einem Haufen zusammen. Wir zockelten hinter ihm drein, vor ihm her. Er rannte um uns herum wie ein Hund um die Schafherde; ein Leutnant mit gezückter Knarre. Quer durch die Schrebergärten trabten wir und landeten schließlich auf dem Gelände einer Werkzeugmaschinen-Fabrik.
    Die weiten Hallen mit den Hunderten von Werkbänken lagen verödet. Ein deutsches »Hau-ruck!« hallte von den Mauern wider. Gerade wurden die übermannshohen Teile einer Schmiedepresse von deutschen Männern unter russischem Befehl mit Kränen auf Waggons verladen. Überall sah man Männer, die etwas losschraubten, abdrehten, einschmierten, wegschleppten. Draußen auf den Werksgleisen stand Güterwagen an Güterwagen, etliche bereits hoch beladen mit Maschinenteilen.
    Was sollten wir Frauen hier? Wir drückten uns in der Halle herum, wußten nicht, wohin. Ausrücken konnten wir nicht, das sahen wir gleich; alle Tore waren von Soldaten bewacht.
    Schließlich erging der Befehl an uns, in der großen Montagehalle alles einzusammeln, was Messing oder sonstwie »helles Metall« sei, und es in Kisten zu einem der Waggons zu tragen.
    Mit irgendeiner Zufallsgefährtin, die mich gar nicht ansah und auf meine Redeversuche beharrlich schwieg, schleppte ich eine Kiste, griff da und dort nach Glänzendem, nach Kupfergewinden, Messingbarren – wie eine Elster. Ich durchwühlte die Eisenschränke der Arbeiter, fand Pfeifen, verkrumpelte Taschentücher, sauber gefaltetes Stullenpapier – ganz, als habe der Kumpel erst gestern mit der Arbeit aufgehört. Unsere Elsternbeute warfen wir einfach auf den Boden eines Waggons. Drinnen turnten zwei Frauen herum und sortierten die Metallteile nach Hausfrauenart, schön der Größe nach.
    Über Mittag wurden wir in eine Halle beordert, eine Art Lagerschuppen. Auf hohen Borden türmten sich Metallbarren verschiedenster Art, Gewinde und Schrauben und Muttern, letztere von Faustgröße. Endlos reichten wir das Zeug durch die Händekette. Die Frau am Schluß stapelte laut Befehl alles in Kisten.
    Ich dachte an die gestrigen

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