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Eine Frau mit Geheimnis

Eine Frau mit Geheimnis

Titel: Eine Frau mit Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: JOANNA MAITLAND
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bald auftauchen“, meinte Dominic betont beiläufig, um seine Sorge zu verbergen, „wenn auch nur, um seine Kleidung zu wechseln. Für eine Spielhölle mag er präsentabel genug aussehen. Aber woanders würde man ihn wohl kaum empfangen.“
    Dominic hatte seine Post zur Hälfte durchgesehen. Erstaunlich, wie hoch der Stapel innerhalb weniger Tage geworden war … Zum Großteil handelte es sich um Rechnungen und Einladungen.
    Zu seiner Überraschung entdeckte er auch einen Brief von Alexandrow und überflog ihn. Warum hatte der Junge ihm geschrieben? Er hatte sich doch von ihm verabschiedet und seine Dankbarkeit zur Genüge bekundet. Mit so blumigen Formulierungen hätte Dominic nicht gerechnet. Nun, vielleicht entsprach das dem russischen Stil. Darüber würde er später nachdenken. Jetzt hatte er keine Zeit dafür. Er legte das Blatt beiseite und öffnete die restlichen Briefe.
    Soeben hatte er das letzte Schreiben beantwortet, als die Bibliothekstür aufschwang und Leo eintrat. „Ich hörte dich gar nicht ankommen.“
    Leo grinste. „Kein Wunder. Wir Spione pflegen uns lautlos zu bewegen.“ Lässig schlenderte er zum Schreibtisch und sank in den Sessel, der davor stand. Die Hände vor der Brust gefaltet, schloss er die Augen.
    Nur mühsam bekämpfte Dominic seine Nervosität. „Wenn du schlafen willst – oben findest du ein weiches Bett.“
    Leo öffnete langsam die Augen. „So ungeduldig?“
    „Verdammt, Leo, ich hätte dich nicht dahin geschickt, wenn es unwichtig wäre. Was hast du erfahren?“
    Leo richtete sich auf und streckte die Beine aus. „Nichts, was eine Kutsche oder eine Droschke betreffen würde. Die Dame hat sich allein entfernt. Zu Fuß.“
    „Bist du sicher?“
    „Zumindest hat es der Lakai behauptet. Ich drückte eine halbe Guinee in seine Hand, und er hatte keinen Grund zu lügen.“
    „Wohl kaum. Aber es war gefährlich für eine Dame, allein durch die Londoner Straßen zu gehen. Mitten in der Nacht! Trug sie einen Mantel?“
    „Anscheinend nicht. Und das hat meine Nachforschungen erleichtert.“
    „Also hast du etwas herausgefunden.“
    „Nun, vielleicht“, erwiderte Leo. „Aber es ist ziemlich verwirrend. In der Nähe des Eingangs traf ich einen jungen Straßenkehrer, der sich ebenfalls an die Dame erinnerte. Weil sie keinen Mantel anhatte, fiel sie ihm auf. Er fegte das Pflaster vor ihren Füßen, und sie schenkte ihm ein paar Pennys.“
    „Hat er gesehen, wohin sie ging?“
    „Ja. Und das ist es, was mich verblüfft. Sie betrat das Pulteney Hotel.“
    „Was? Das ganze Haus war für das Zarengefolge reserviert. Da gab es keinen Platz für andere Gäste.“
    „Genau das dachte ich mir auch, Dominic. Um sicherzugehen, befragte ich einige Leute vom Hotelpersonal. Alle bestritten, dass in jener Nacht eine Dame, auf die meine Beschreibung passen würde, erschienen wäre.“
    „Dann muss sich der Straßenkehrer geirrt haben. Vielleicht sah er sie in eine andere Tür am Piccadilly gehen.“
    „Soll ich mich noch einmal danach erkundigen?“
    „Nein. Wenn Lord Leo Aikenhead so hartnäckige Fragen stellt, würde es auffallen.“
    „Und was wirst du jetzt tun?“
    „Ich werde einige meiner Informanten in die verschiedenen Häuser am Piccadilly schicken. Vielleicht sollten sie auch deinen Straßenkehrer noch einmal verhören. Möglicherweise erinnert er sich an weitere Anhaltspunkte.“
    „Für dich bedeutet das sehr viel, nicht wahr?“ Ausnahmsweise klang Leos Stimme ernst und sanft.
    Dominic schaute seinem Bruder in die Augen. Wahrscheinlich vertraute er Leo mehr als sonst jemandem auf dieser Welt. Doch diese Angelegenheit war zu privat, und er wollte nichts davon verraten. Insbesondere, weil er fürchtete, er hätte Alexandra endgültig verloren …
    Statt zu antworten, sagte er nur: „Danke für deine Bemühungen, Leo. Wenn meine Leute etwas herausfinden, gebe ich dir Bescheid.“ Dann stand er auf, trat ans Fenster und starrte hinaus. Wenig später bekundete ein leises Klicken, dass er allein war.
    Warum ist sie zu Fuß fortgegangen? Selbst wenn sie keine Kutsche besitzt – sie hätte eine Droschke mieten können. Allein am Piccadil ly – in diesem Kleid und diesen Schuhen. Wenn sie überfallen wur de … Nein, er ertrug es nicht, sich das vorzustellen.
    Bedrückt kehrte er an den Schreibtisch zurück, setzte sich und blätterte in den Briefen. Irgendetwas brauchte er, um sich auf andere Gedanken zu bringen. Am nächsten Tag würde er neue Maßnahmen ergreifen. Aber

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