Eine fremde Welt 3 - Fiona
Ich werde mich hier wohlfühlen. Was mir am meisten Sorgen
macht, ist die Vorliebe für SM von Jonathan. Ich bin nicht dumm oder
blauäugig. Ich weiß, dass er das nicht ablegen kann. Ich weiß, dass er
Spaß mit mir im Bett hat. Dass ihn der Sex erfüllt, gefällt, aber das hat
nichts damit zu tun, dass er nicht gerne mal dieses andere hat.
Ich habe lange nachgedacht und ich werde ihm vertrauen müssen. Und
das werde ich auch tun, vielleicht rede ich mit Mia oder Beth darüber.
Mit meinen Freunden. Oder auch mit Tanja, der Freundin von Mia und
Beth. Ich werde es auf mich zukommen lassen, jetzt muss ich mich erst
meiner Familie stellen und einiges erklären. Wenn mir vor ein paar
Wochen jemand gesagt hätte, dass ich mich auf Weihnachten freue, hätte
ich ihm nicht geglaubt, aber ich freue mich auf mein Leben mit Jonathan
und Emely.
11. Weihnachten
Es ist Heilig Abend und wir fahren die letzten paar Kurven hinauf zum
Weingut. Emely kommt aus dem Staunen nicht heraus. Es ist jedes Mal
ein Erlebnis, den dekorierten Weg, der mit Lichterketten eingesäumt ist,
zu durchfahren. An der Stelle, an der ich entführt wurde, habe ich
Jonathan gebeten anzuhalten. Hier hat vieles, was in den letzten Monaten
passiert ist, begonnen. Als er mich von hinten umarmt, weiß ich, dass es
auch ein Beginn ist, und so sehe ich die Stelle jetzt als einen Beginn von
etwas Neuem. Damit kann ich umgehen, damit kann ich auch leben.
»Lass uns zum Gut fahren, Jonathan.«
Als wir in das Gut hineinfahren, sind wir leise, alle sind der Uhrzeit nach
eigentlich beim Weihnachtsessen. Ich hoffe es jedenfalls. Emely ist etwas
nervös, naja ich natürlich sowieso und selbst bei Jonathan, der sonst
immer so cool wirkt, meine ich ein nervöses Zucken um die Augen
wahrzunehmen. »Nervös?« Er grinst mich an. »Etwas, ich möchte
ungern mit einem blauen Auge die Feiertage verbringen.« Ich schmunzel
zurück. »Ich liebe dich, Jonathan, auch mit blauem Auge.« »Du kleines
Biest.« Emely lacht. Ich dreh mich freudig zu ihr um. Sie schaut mich
erschrocken an. »Süße, wenn du dich über etwas freust, darfst du lachen.
Glaubst du, deine Mama wäre böse auf dich? Sie würde sich so was von
freuen.«
Ich gebe es ja zu. Ich bin auch nervös, sehr nervös. Wir steigen aus und
gehen zum Haus. Da ich den Schlüssel habe, können wir unbemerkt ins
Haus gehen. Natürlich läuft uns Mama Lou über den Weg. Ich halte ihr
den Mund zu. »Leise, Mama Lou, bitte.« Sie nickt und umarmt mich.
Drückt mich und vergießt ein paar Tränchen.
»Hallo Mama«, spreche ich in die Runde. Es ist auf einmal ruhig. In die
Stille hinein sage ich: »Bitte lasst mich reden. Erst reden – ja? Bitte.
Ich will mich bei euch entschuldigen«, als sie zu sprechen anfangen, bitte
ich mit der Hand um Ruhe. »Bitte lasst mich reden, bitte.
Ich will um Verzeihung bitten, dass ich euch so wenig vertraut habe, dass
ich euch nicht sehen wollte. Meine Ruhe wollte, euch nicht bei mir haben
wollte. Das ist eigentlich unverzeihlich von mir gewesen. Ich hab das
aber erst später wirklich begriffen. Ich möchte euch ein paar Dinge
erzählen, die ich auch schon länger sagen wollte. Aber es kam einfach
was dazwischen. Ich habe Mia gezwungen, mit niemandem darüber zu
reden, und das war auch nicht gut. Das tut mir sehr leid, Mia. Das stelle
ich aber jetzt klar. Ich bin Sole Head, was bedeutet, dass sich das
Literaturstudium wirklich gelohnt hat. Mama, ich schreibe Romane und
sie sind auch gut. Ich habe total viele davon verkauft, das wollte ich euch
schon länger erzählen, denn ich bin darauf sehr stolz und ich hoffe ihr
auch. Das ist aber noch nicht alles.« Ich hole kurz Luft, denn damit
werde ich sie jetzt ziemlich fordern, das ist mir durchaus klar.
»Ich habe geheiratet, vor einer Woche, in Las Vegas. Ich habe Jonathan
geheiratet und ich habe zusammen mit Jonathan Emely zu uns
genommen. Die beiden warten draußen, ich habe sie darum gebeten. Ich
wollte erst mit euch allen reden. Emely ist sechzehn. Sie hat mir erlaubt,
euch ihre Geschichte zu erzählen, weil sie zur Familie gehören wird. Ich
möchte, dass sie zu unserer Familie gehört. Ich habe sie in der Klinik
kennengelernt. Sie musste mit ansehen, wie ihr Vater durchgedreht ist
und dabei erst ihre Mutter mit einem Messer umgebracht hat und dann
ihre beiden jüngeren Geschwister. Als sie versucht hat zu fliehen, hat ihr
Vater sie in ihrem Zimmer erwischt und sie
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