Eine fremde Welt 3 - Fiona
die Lehrer und auch meine Mitschüler.
Ich habe sogar ziemlich schnell ein paar Freundinnen gefunden, mit
denen ich mich eigentlich ganz gut verstehe, dachte ich. Aber vor
ungefähr zwei Wochen sind neue Mitschülerinnen zu uns an die Schule
und in meine Klasse gekommen.« Sie schaut mich jetzt an. »Sie sind
einfach nur böse, gemein, fies und falsch. Erst waren sie ganz nett, haben
alle Mädchen um sich versammelt und es geschafft, dass sie auf einmal
die Königinnen sind. Selbst die Lehrer merken nicht, wie falsch sie sind.
Sie haben mitbekommen, dass ich eure angenommene Tochter bin.« Ich
schaue sie an, weil sie das Wort angenommen so noch nie benutzt hat.
»Das ist deren Wort, nicht meins. Sie sagen, ich sei nur hier, weil ich bei
euch wohne, ansonsten sei mein Rang doch eher bei den
Sozialschmarotzern anzusiedeln, wobei ich ja auch nichts anderes sei als
ein Schmarotzer.« Jetzt weint sie. »Wenn ich mich dagegen wehre, dann
kriegen sie es immer so hin, dass ich die Böse bin. Du und Jonathan, ihr
werdet nächste Woche einen Brief bekommen, in dem steht, dass ich
mich schlecht benehme. Aber das tue ich nicht, Fiona. Ich versuche
wirklich nett zu allen zu sein, aber sie wenden sich alle von mir ab und
heute ist eine Geldbörse verschwunden und in meinem Spind
aufgetaucht. Ich hab sie nicht genommen, Fiona. Bitte, ihr dürft mich
nicht weggeben ich ... Ich hab euch doch lieb.« Jetzt habe ich einen
zitternden schluchzenden Teenager in meinem Arm.
»Emely, ich möchte, dass du mir bitte kurz zuhörst.« Ich schüttle sie
leicht. »Bitte schau mich an.« Als ich ihre volle Aufmerksamkeit habe,
fange ich an. »Emely, deine Eltern sind tot und Verwandte hast du nicht.
Wir haben deine Zustimmung, dass du bei uns leben möchtest, dass du
uns magst. Deshalb haben Jonathan und ich vor Weihnachten
beschlossen, dass du bei uns wohnen sollst. Dass wir dich zu uns
nehmen werden. Das ist von einem Richter genehmigt und gesetzlich
festgelegt. Vor Weihnachten, lebst du ein Jahr bei uns. Sollten sich bis
dahin keine Verwandten gemeldet haben, die für den Richter besser
geeignet sind als wir, um deine Eltern zu sein, und du deine Zustimmung
erteilst, kannst du bei ihnen leben. Wenn sich niemand meldet – und so
sieht es ja im Moment aus – und du deine Zustimmung gibst, heißt du ab
Weihnachten Emely McGregor, dann bist du unsere Tochter. Wenn du
aber nicht adoptiert werden möchtest, sondern nur bei uns leben willst,
ist das auch in Ordnung, aber dann darfst du trotzdem bei uns wohnen
und wir betrachten dich dann ebenfalls als unsere Tochter. Das tun wir
schon jetzt. Des Weiteren, unsere Tochter hat es nicht nötig zu klauen
oder sich durch komisches Gehabe, wichtig zu machen. Weil du das nicht
nötig hast. Wenn also diese beiden wichtigtuerischen Tussis dir das
Leben zur Hölle machen und dich wie den letzten Dreck behandeln,
möchte ich, dass du mir das sofort sagst, denn das musst du dir niemals
gefallen lassen. Diese kleinen Hexen kenne ich zu genüge. Was meinst
du, wie ich zum Teil behandelt wurde. Emely, für die obere Gesellschaft
war ich zu Beginn ein Bauerntrampel. Ich bin ganz normal in die Schule
vor Ort gegangen, nicht auf so ein Nobelinternat. Erst beim Studium
hab ich dann solche Tussis leider kennengelernt, und ich weiß sehr gut,
wie du dich fühlst. Wir rufen jetzt Jonathan an und er soll das regeln,
egal wie viel Arbeit er hat, das wird er bis Montag geklärt haben. Jetzt
fahren wir weiter zu Milan, und der soll dich ein bisschen aufbauen über
das Wochenende.«
»Danke, Fiona, ich hab dich lieb.« »Ich hab dich auch sehr lieb.«
Als wir in Italien ankommen, wartet Milan bereits vor der Tür. Er scheint
gewusst zu haben, was für Sorgen Emely hat. »Hallo Milan, ich hoffe, du
kannst Emely wieder zum Lächeln bringen. Sie ist etwas durcheinander.
Bis zum Abendessen, Emely.« Ich laufe ins Gutshaus zu Mum. »Schön,
dass du da bist, Fiona. Beth ist auch bereits angereist. Sie hat sich aber
etwas hingelegt, der Bauch ist ziemlich gewachsen. Zum Essen kommt
sie hierher.« »Super. Ich begrüße noch Vater und meinen Großvater,
dann gehe ich auch kurz auf das Zimmer, um ein Telefonat mit Jonathan
zu führen.«
Als ich ihm alles erzählt habe, ist auch er erst mal beschämt, weil wir es
nicht bemerkt haben, dann aber wird er herrlich wütend. »Ich regle das,
Fiona. Es wird mich nicht mehr als ein Anruf kosten, aber der wird es in
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