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Eine Freundschaft im Winter

Eine Freundschaft im Winter

Titel: Eine Freundschaft im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaya McLaren
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voran ins Haus ging.
    Tom stellte im Rocky Mountain National Park auf dem Timber-Creek-Campingplatz ein großes weißes Segeltuchzelt auf – ein Unterfangen, das nicht gerade leicht war. Er pumpte eine Doppelluftmatratze auf, legte zwei Schaumstoffkissen darauf und machte das Bett. Dann hängte er den Brautschleier aus Tüll, den er auf dem »Dirtbag Ball« getragen hatte, an einer Zeltstange über dem Bett auf und drapierte ihn wie einen Baldachin. Außerdem hatte er einen Stock mit Nägeln gespickt, an denen Laternen mit Kerzen hingen. Diesen Stock befestigte er an der Zeltdecke. Er holte eine Kühlbox, gefüllt mit Champagner, verschiedenen Beeren und Schokolade, und stellte sie in die Ecke neben das Bett – zwei Plastikchampagnerflöten platzierte er auf dem Deckel. Schließlich machte er einen Schritt zurück und begutachtete nervös seine Bemühungen. Er fand, es sah gut aus.
    Tom zwang sich, ein paarmal tief durchzuatmen, warf dann einen Blick auf die Uhr und machte sich auf den Weg zum Amphitheater. Dort sollte Lisa am Abend einen Vortrag über die Grünrückenforelle halten, die schon mal als ausgestorben deklariert worden war. Er drückte sich am Eingang herum, nahm aber erst auf einem der Ränge Platz, als Lisa bereits zu sprechen begonnen hatte.
    Genau genommen hörte er kein Wort von dem, was Lisa erzählte. In seinem Kopf versuchte er, sich die Worte zurechtzulegen, die er ihr später sagen würde. Und er stellte sich vor, was sie erwidern würde. Er beobachtete sie, wie sie in ihrer Park- Ranger-Uniform den Vortrag hielt, und malte sich aus, wie er ihr die Uniform ausziehen würde. Und er stellte sich den Sex vor, den sie heute Nacht haben würden. Versonnen berührte er den Ring in seiner Tasche, und er sah deutlich vor sich, wie er an ihrem Finger steckte. Da ging sein Atem schneller, war unregelmäßig und zittrig. Es waren vierzig quälend lange Minuten.
    Am Ende rief Lisa: »Noch irgendwelche Fragen?«
    Sollte er die Hand heben und sagen: Ja, ich habe eine Frage!, und dann vor ihr auf die Knie fallen? Wäre das romantisch? Oder nur peinlich? Soll ich?, fragte er sich. Soll ich es jetzt tun? Doch er beschloss, sich ruhig zu verhalten und bei seinem ursprünglichen Plan zu bleiben.
    Lisa bedankte sich bei den Zuschauern fürs Kommen, und die Besucher gingen. Während sie die Bilder und Karten, die sie für die Präsentation gebraucht hatte, zurück in ihre Segeltuchtasche steckte, kam ein älterer Herr auf sie zu, um ihr Angelgeschichten aus seiner Jugend zu erzählen. Tom setzte sich wieder hin und wünschte, der Mann würde endlich verschwinden. Aber der dachte nicht im Traum daran. Lisa sah zu Tom und lächelte ihm zu. Nach einer gefühlten Ewigkeit zog seine Frau den Mann endlich weg, und die Bahn war frei für Tom.
    Ruhig atmen, ermahnte er sich.
    »Was ist los?«, fragte Lisa.
    »Nichts«, sagte er.
    »Ich kann dir ansehen, dass etwas nicht stimmt.«
    Er unterdrückte ein Lachen und schüttelte den Kopf.
    Sie bemerkte es und fragte: »Was ist so lustig?«
    Er schloss sie in die Arme und küsste sie. »Hast du alles?«
    »Ja, wir können gehen.«
    Sie gingen zu ihrem Auto, wo sie ihr Präsentationsmaterial ablegte und sich stattdessen eine kleine Tasche schnappte, in die sie Sachen für eine Nacht gepackt hatte. Tom nahm ihr die Tasche ab und hängte sie sich über die Schulter. Dann ergriff er ihre Hand und führte Lisa zum Zelt.
    »Warte hier kurz«, bat er sie.
    Er schlüpfte hinein und zündete die Kerzen an. Dann kam er nach draußen, nahm Lisa bei der Hand und geleitete sie ins Zelt.
    Ungefähr sieben schmutzige Witze schossen ihr durch den Kopf, doch es gelang ihr wundersamerweise, sie für sich zu behalten.
    Er ergriff ihre beiden Hände und sah Lisa mit ernster Miene an. »Lisa, du bist meine beste Freundin. Du bringst mich zum Lachen, du lässt mich über mich selbst hinauswachsen. Du weckst in mir den Wunsch, ein besserer Mensch zu sein. Ich liebe es, Zeit mit dir zu verbringen. Wenn ich nicht bei dir bin, wünschte ich, ich wäre es.« Und an dieser Stelle vergaß Tom, was genau er noch hatte sagen wollen, und so schüttete er ihr einfach sein Herz aus. »Ich möchte jeden Morgen mit dir aufwachen, ein bisschen mit dir rangeln und dir dann einen Frühstückshaferbrei machen. Ich möchte dein Brennholz für dich hacken und deinen Gehweg vom Schnee befreien und dir den Rücken kratzen. Ich möchte dein Leben leichter machen. Ich möchte deine Beine massieren, wenn du vom vielen

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