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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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nachdenklich einen Schluck Wein. »Oder vielleicht hat er sich einfach zu sehr geschämt, weil er sich nicht so um sie gekümmert hat, wie ein Mann das sollte - und erzählen Sie mir bloß nicht, Frauen können sich selbst um sich kümmern. Wenn man eine Frau heiratet und ihr ein Kind macht, ist man verpflichtet, sich um sie zu kümmern.« Nachdem er mich einen Augenblick lang angefunkelt hatte, um zu sehen, ob ich auf die Herausforderung in seiner Stimme reagierte, sprach er weiter. »Nein, ich war bei Eddie Mohr.«
    »Eddie Mohr?«, echote ich.
    »Der Mann, dem das Auto gestohlen worden ist. Das Auto, das die Kerle benutzt haben, um die Frau Doktor zu rammen.«
    »Ich hab nicht gewusst, dass Sie ihn kennen.«
    »Ich war mir nicht sicher, dass ich ihn kenne, erst als ich bei Jake nachgefragt habe. Ich meine, es ist kein häufiger Name, aber es könnte mehr als einen geben, der so heißt.« Ich legte die Rippchen auf den Teller und unterdrückte mein Bedürfnis, ihn anzuschreien. Wenn Mr. Contreras heiße Neuigkeiten hat, erzählt er sie häppchenweise und meistens von hinten nach vorn.
    »Ich beiße gleich: Wer ist Eddie Mohr? Außer dass ihm das Überfallauto gehört, natürlich.«
    »War früher mal unser Gewerkschaftsobmann. Ist ein paar Jahre jünger als Jake und ich, vielleicht eben erst siebzig geworden, deshalb hat er nach uns angefangen und gehörte nicht zu unserer Clique. Aber natürlich habe ich ihn gekannt, also habe ich ihn besucht. Hat ein hübsches Häuschen in der Fortieth, östlich von der Kedzie, wohnt dort mit seiner Frau, hat einen schönen Buick. Außer dem Olds, der gestohlen worden ist, meine ich. Der Buick ist das Auto seiner Frau, verstehen Sie - das andere, der Olds, das ist seins.« Mr. Contreras strahlte vor Befriedigung, wichtige Nachrichten übermitteln zu können. »Ich glaube, das habe ich verstanden. Was hatte er zu sagen?« »Oh, er war richtig geschockt. Wissen Sie, ich wollte mich bloß vergewissern, dass er wirklich nichts mit der Verfolgung Ihres Autos und dem Zusammenschlagen der Frau Doktor zu tun hatte.«
    Das hätte ich auch gern gewusst. Ich hätte Eddie Mohr diese Fragen gern selbst gestellt. Ein Grund dafür, dass ich die Laufarbeit selbst erledige, ist der, dass die Reaktionen der Leute einem mehr sagen als ihre Worte. Natürlich konnte ich morgen selbst zu ihm gehen. Ich war erst der dritte Mensch, der ihm Fragen stellte, nach den Cops und Mr. Contreras. Bis dahin hatte er die Antworten bestimmt auswendig im Kopf. Ich wollte fragen, wo Mohr die Autos parkte - auf der Straße oder in einer Garage? Und hatte es etwas zu bedeuten, dass die Autodiebe den Olds genommen hatten? Und wirkte es nicht wie ein seltsamer Zufall, dass der Gewerkschaftsobmann von Diamond Head, wenn auch nur am Rande, in einen Überfall auf Lotty verwickelt war, während ich versuchte, im Todesfall eines früheren Mitarbeiters von Diamond Head zu ermitteln? Mr. Contreras hätte diese Fragen nicht beantworten können, und wenn ich sie ihm gestellt hätte, wäre nu r sein Hochgefühl verflogen.
    »War er überrascht, als Sie kamen?«, fragte ich stattdessen. »Ja, natürlich, da tauche ich nach zwölf Jahren aus heiterem Himmel auf, selbstverständlich war er überrascht.« »Meinen Sie, er war beunruhigt?«
    Er schnaubte. »Worauf wollen Sie hinaus? Wenn Sie meinen, ob er sich verhalten hat, als ob er ein schlechtes Gewissen hätte, ja, das hat er - er hatte Schuldgefühle, als ich ihm gesagt habe, wer die Ärztin ist und wie übel sie zugerichtet wurde. Aber natürlich konnte er nicht wissen, dass man ihm das Auto stehlen würde, um die Frau Doktor damit zu überfallen.«
    »Wie kommt es, dass er zwei Autos hat und Sie mit dem Bus fahren?« Er riss verblüfft die Augen auf. »Wollen Sie unterstellen, er hat mehr Geld, als ihm zusteht? Ich könnte auch ein Auto haben, wenn ich eins wollte - zwei würde ich sowieso nicht brauchen -, aber was soll ich mit einem Auto? Reine Geldverschwendung, die Steuern, das Benzin, die Versicherung, die Mühe, einen Parkplatz zu finden, die Sorge, dass es geklaut wird. Glauben Sie etwa, bloß weil ein Mann sein Leben der Gewerkschaft widmet, kann er sich kein Auto leisten?«
    Ich stocherte im Eisbergsalat herum. »Wissen Sie, Terry Finchley hat nicht versucht, Mitchs Sohn zu finden. Und Jake auch nicht. Aber jemand, der behauptet hat, der junge Kruger zu sein, war nur einen Tag, nachdem Mitchs Leiche gefunden wurde, bei Mrs. Polter und hat sein Zimmer durchstöbert.

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