Eine für vier 01 - Eine für vier
deiner besten Freundinnen gingen, nur um an dich ranzukommen, und dieser besten Freundin brach dann das Herz, wenn die Wahrheit ans Licht kam. Lena zog durchschnittliche Typen den süßen Jungs vor, aber selbst die durchschnittlichen enttäuschten sie.
Ihrer persönlichen Ansicht nach gaben sich die meisten Mädchen nur deshalb mit Jungen ab, weil sie die Bestätigung brauchten, hübsch zu sein. Das war etwas - vielleicht das Einzige was Lena auch ohne Bestätigung von sich wusste.
Lenas Freundinnen nannten sie Aphrodite, die Göttin der Liebe und der Schönheit. Die Sache mit der Schönheit traf mehr oder weniger zu, aber das mit der Liebe war ein Witz. Lena war kein romantischer Typ.
»Lena, das ist Kostos«, sagte Grandma. Ihr war anzusehen, dass sie sich Mühe gab, ganz locker zu wirken, sich in Wirklichkeit aber vor Aufregung kaum noch einkriegte.
»Kostos, das ist meine Enkeltochter Lena«, sagte Grandma so schwungvoll, als überreichte sie dem Kandidaten einer Gameshow sein neues, rotes Auto.
Lena reichte ihm förmlich die Hand und wehrte damit jedes spontane griechische Wangenküssen ab.
Während er ihr die Hand gab, schaute er ihr ins Gesicht. Lena konnte ihm anmerken, dass er Blickkontakt mit ihr suchte, aber sie sah zu Boden.
»Im Herbst geht Kostos nach London auf die Universität«, prahlte Grandma, als gehörte er zu ihrer Familie. »Er var für die Fußball-Nationalmannschaft nominiert«, fügte sie noch hinzu. »Wir sind alle so stolz auf ihn.«
Jetzt sah Kostos zu Boden. »Valia gibt noch mehr an als meine eigene Großmutter«, murmelte er.
Lena bemerkte, dass er einen Akzent hatte, die englische Sprache aber sicher beherrschte.
»Aber in diesem Sommer hilft Kostos seinem Bapi«, verkündete Grandma und wischte sich buchstäblich eine Träne aus dem Augenwinkel. »Bapi Dounas hatte ein Problem mit seinem ...« Sie klopfte sich mit der Hand aufs Herz. »Daher hat Kostos seine Pläne über den Haufen geworfen, um zu Hause zu bleiben und ihm zu helfen.«
Das war Kostos jetzt endgültig peinlich. Auf einmal wurde er Lena sympathisch.
»Valia, Bapi ist so stark wie eh und je. Ich hab schon immer gern in der Schmiede gearbeitet.«
Lena wusste, dass er log, und das gefiel ihr an ihm. Dann fiel ihr etwas Besseres ein.
»Kostos, kennst du schon meine Schwester Effie?«
Effie war die ganze Zeit in der Nähe herumgehüpft, deshalb war es nicht weiter schwierig, ihren Ellbogen zu erwischen und sie herüberzuziehen.
Kostos lächelte. »Man sieht euch an, dass ihr Schwestern seid«, sagte er. Dafür hätte Lena ihn am liebsten umarmt. Aus unerfindlichen Gründen achteten die Leute sonst mehr auf die Unterschiede zwischen ihnen statt auf die Ähnlichkeiten. Vielleicht musste man Grieche sein, um sie zu bemerken. »Wer ist die Ältere?«, fragte er.
»Ich, aber Effie ist die Nettere«, sagte Lena.
»Also bitte!«, sagte Grandma und gab praktisch schon ein Schnauben von sich.
»Nur ein Jahr älter«, mischte sich Effie ein. »Fünfzehn Monate, um genau zu sein.«
»Aha«, sagte Kostos.
»Sie ist erst vierzehn.« Grandma fühlte sich offensichtlich dazu genötigt, darauf hinzuweisen. »Lena wird am Ende des Sommers sechzehn.«
»Hast du noch Geschwister?«, fragte Effie. Sie war eifrig darauf bedacht, das Thema zu wechseln.
Kostos’ Gesicht wurde plötzlich verschlossen. »Nein... ich bin allein.«
»Ach«, sagten beide Mädchen. Lena konnte an Kostos’ Gesichtsausdruck ablesen, dass noch mehr dahinter steckte, und sie schickte ein stummes Stoßgebet zum Himmel, dass Effie nicht weiter danach fragen würde. Sie wollte keine Vertraulichkeiten heraufbeschwören.
»Kostos... äh... spielt Fußball«, warf Lena ein, um ganz sicher zu gehen.
»Er spielt Fußball?« Grandma war so empört, dass sie förmlich schrie. »Er ist ein Champion! In Oia ist er ein Held!«
Kostos lachte und Lena und Effie lachten mit.
»Ihr jungen Leute. Redet ihr miteinander«, befahl Grandma und verschwand.
Lena fand, dass jetzt eine gute Gelegenheit gekommen war, Kostos und Effie einen Augenblick allein zu lassen. »Ich hol mir noch was zu essen«, sagte sie.
Eine Weile später saß sie auf dem einzelnen Stuhl, der draußen vor der Haustür stand, und aß köstliche gefüllte Weinblätter, die dolmades hießen, und Oliven. Sie hatte zwar schon unzählige Male in Maryland griechisch gegessen, aber ganz so hatte es noch nie geschmeckt.
Kostos lugte zur Tür hinaus. »Da bist du ja«, sagte er. »Du sitzt gern
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