Eine für vier 01 - Eine für vier
aufzuhalten und all die schönen Dinge zu sehen, die es dort gab, fing ihr Vater als Anwalt in einer privaten Kanzlei an und war jetzt nur noch jeden zweiten Abend daheim. Tibby fand,
dass es von schlechtem Timing zeugte, sich zwei zusätzliche Kinder zuzulegen und dann überhaupt nicht mehr zu Hause zu sein.
Früher hatten ihre Eltern dauernd vom einfachen Leben geredet, aber jetzt verbrachten sie ihre ganze Zeit damit, sich neue Sachen anzuschaffen, hatten jedoch nicht sehr viel Zeit, um damit zu spielen.
Nicky steckte beide Hände in den Jogurt und leckte dann die Finger ab. Tibbys Mutter riss ihm den Jogurt weg und Nicky fing an zu plärren.
Tibby hatte vorgehabt, von Bailey und ihrer Leukämie zu erzählen, aber wie üblich gab es kaum eine Gelegenheit, wo sich so etwas wie eine Unterhaltung einfügen ließe.
Sie ging auf ihr Zimmer und lud die Batterien für ihre Kamera wieder auf. Ihr Blick fiel auf ihren schlafenden Computer. Die Einschalttaste pulsierte wie ein langsamer Herzschlag unter ihrer Abdeckung aus Kreppband.
Normalerweise leuchtete und surrte ihr Computer den ganzen Abend lang, weil sie ihren Freundinnen E-Mails schickte. Aber heute waren sie alle weit weg. Mit dem Kreppband sah der Computer aus, als hätte er einen Knebel im Mund.
»Hallo, Mimi«, sagte sie. Mimi schlief. Tibby füllte Futter in Mimis Fressnapf nach und gab ihr frisches Wasser. Mimi schlief immer noch.
Das Licht brannte, und sie hatte noch sämtliche Klamotten an, als sie eine Weile später einzudösen begann. Dabei lösten sich ihre Gedanken und sie dachte an Erwachsenen-Windeln und Deo-Roller und sterile Tücher und bakterienfreie Seife und besonders saugfähige Slipeinlagen und an Bailey, die in einem unordentlichen Haufen auf dem Boden lag.
»Da kommt dein Freund«, sagte Diana und beobachtete Eric dabei, wie er mit großen Schritten die Terrasse betrat.
Bridget heftete ihren Blick auf ihn. Schau hoch, du.
Das machte er auch. Und sah dann so schnell wieder weg, dass es fast schon erfreulich war. Er hatte sie jedenfalls bemerkt, und wie!
Er nahm auf der anderen Seite der Terrasse Platz. Bridget haute in ihre Lasagne rein. Sie hatte einen Riesenhunger. Und sie liebte Kantinenessen, das in großen Mengen aufgetischt wurde. In dieser Hinsicht tickte sie nicht ganz richtig.
»Bestimmt hat er in New York eine Freundin«, sagte ein Mädchen, das Rosie hieß.
»Das werden wir noch sehen«, sagte Bridget herausfordernd.
Diana stupste sie am Ellbogen an. »Bridget, du bist komplett verrückt.«
Emily schüttelte den Kopf. »Gib s auf. Du kommst in Teufels Küche.«
»Wer will das beurteilen?«, fragte Bridget.
Diana setzte ihre Sigmund-Freud-Miene auf. »Und überhaupt, es geht ihr ja gerade darum, in Teufels Küche zu kommen, stimmt’s?«
»Quatsch, darum geht’s doch nicht«, sagte Bridget schnippisch. »Habt ihr euch den Typen denn überhaupt schon mal angesehen?«
Sie stand auf und ging zum Büfett, um sich noch eine Portion Lasagne zu holen. Dabei machte sie einen Umweg, damit sie an Eric vorbeikam. Sie wusste, dass ihre Freundinnen sie beobachteten.
Direkt hinter ihm blieb sie stehen. Sie wartete darauf, dass in seinem Gespräch mit Marci, der Assistenztrainerin, eine Pause eintrat. Dann beugte sie sich vor. Auf der Terrasse ging es hoch her, deshalb war es absolut verständlich, dass sie ganz dicht an sein Ohr herankam. Als sie sich zu ihm hinunterneigte, fielen ihre Haare wie ein Vorhang nach vorn und streiften seine Schulter. »Wann findet das Trainingsspiel statt?«, fragte sie.
Er wagte es kaum, den Kopf zu ihr zu wenden. »Um zehn.«
Sie machte ihn nervös.
»Okay. Danke.« Sie richtete sich wieder auf. »Wir machen euch alle fertig.«
Jetzt wandte er sich zu ihr um und sah sie erstaunt und fast ein bisschen verärgert an. An ihrem Gesicht konnte er ablesen, dass sie ihn nur hochnahm. »Das werden wir ja sehen.« Immerhin lächelte er dabei.
Sie entschwebte zum Büfett und gönnte sich einen schnellen Blick auf die beeindruckten Mienen ihrer Freundinnen. »Ha«, machte sie, formte das Wort tonlos mit dem Mund.
Liebe Carmen,
die anderen Mädchen aus der Hütte haben meine Chancen bei Eric auf 40 zu 60 erhöht. Ich benehme mich sehr kokett und sehr schlecht. Du würdest dich kaputtlachen. Aber was soll man machen, wenn man tausend Meilen entfernt mitten im Ozean festsitzt?
Wir haben den nächsten Ort besichtigt, Mulegé. Dort stammt Erics Mutter her. Es gibt da eine große Missionskirche und ein
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