Eine für vier 01 - Eine für vier
erbrechen - sie hatte etwas, was sich Reflux nannte -, und dann würden ihre Eltern Tibby, den übellaunigen Teenager, wieder vergessen.
Sie fasste sich ins Haar. Es war nicht nur am Ansatz fettig. Es war bis in die Spitzen fettig. Sie würde eine Fettschmiere auf dem Kissen hinterlassen.
»Tibby, Schätzchen?« Das war immer noch ihr Dad. So leicht gab er nicht auf.
»Ich komm zum Nachtisch runter!«, schrie sie. Ihre Chancen standen gut, dass er’s bis dahin vergessen hatte.
Es war sieben Uhr. Sie würde sich Gameshows angucken, bis die Teenie-Soaps anfingen. Die würden sie bis zehn Uhr durchbringen. Sie wusste, dass diese Serien im Unterschied zu den Notarztserien keine Verbindung mit dem richtigen Leben hatten. Dann gab es auf VH-1 stundenlang Rockumentaries, hochtrabende Dokumentarfilme über Rockbands, deren Mitglieder noch vor Tibbys Geburt an einer Überdosis Drogen gestorben waren. Die waren gut zum Einschlafen.
Das Telefon klingelte. Als Tibbys Mutter das erste Mal schwanger wurde, hatte Tibby ihren eigenen Telefonanschluss bekommen. Beim zweiten Mal hatte es den eigenen Fernseher gegeben. Wenn das Telefon hier drin bei ihr klingelte, wusste sie, dass es für sie war. Sie kroch noch tiefer unter die Decke.
Wenn man gerade in der Küche war und auf einen Rückruf von Carmen hoffte, ging der Anrufbeantworter nach drei Sekunden an. Wenn man einen halben Meter vom Telefon entfernt war und sich vor dem Anruf abschirmen wollte, klingelte es stundenlang, ohne dass sich etwas tat. Schließlich sprang der Anrufbeantworter doch an.
»Hallo, Tibby? Hier ist Bailey.«
Tibby erstarrte. Sie wich vom Telefon zurück.
»Ich hab hier die Nummer 555-4648. Ruf mich an, ja?«
Tibby lag fröstelnd unter ihrer Decke. Sie konzentrierte sich auf die Werbung für Hilfen bei Potenzstörungen. Sie wollte schlafen.
Sie dachte an Mimi, die unten in ihrer kleinen Kiste fror, so wie sie hier oben in ihrer großen.
Bridget brauchte lange, um sich für das große Endspiel anzuziehen. Einige Mädchen hatten ihre Trikots mit Bildern von Taco-Zutaten verziert. So etwas hätte Bridget toll gefunden, wenn ihr nicht jede Energie abhanden gekommen wäre.
Beide Mannschaften hatten Papierschlangen an den Toren aufgehängt. Neben dem Spielfeld stand ein Tisch, der mit Wassermelonen beladen war.
Ihre Fußballschuhe saßen zu locker. Bridget wusste, dass sie abgenommen hatte. Ihr Stoffwechsel brauchte ständige Nahrungszufuhr. Aber konnte man an den Füßen abnehmen?
»Bridget, wo hast du denn gesteckt?«, fragte Molly. Bridget wusste, dass am Morgen ein inoffizielles Kicken stattgefunden hatte.
»Ich hab mich fürs große Finale ausgeruht«, sagte Bridget.
Molly war nicht sensibel genug, um noch etwas anderes herauszuhören, und das wollte Bridget auch nicht.
»Also gut, Tacos«, sagte Molly. »Wir haben ein hartes Spiel vor uns. Die Cocos sind voll im Schwung. Ihr habt ja gestern alle gesehen, dass sie zur Höchstform aufgelaufen sind. Wir müssen unser Letztes geben, wenn wir sie schlagen wollen.«
Bridget nahm sich fest vor, niemals »Wir müssen unser Letztes geben« zu sagen.
Molly wandte sich ihr zu, mit einem Gesicht, das voller Entgegenkommen war. »Bist du bereit, Bee? Zieh dein Ding durch. Leg dich voll ins Zeug.«
Die übrige Mannschaft jubelte. Bridget stand einfach nur da. Man hatte sie in die Verteidigung gesteckt. Im Tor festgesetzt. Sie angeschrien, wenn sie mit dem Ball mehr als zwei Meter dribbelte. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich noch weiß, wie das geht«, sagte sie.
Vom ersten Augenblick an war Bridget langsam. Sie war zaghaft. Sie bemühte sich nicht um den Ball. Wenn er von selbst zu ihr kam, kickte sie ihn weg. Das verwirrte ihre Mannschaft und machte sie schlaff. Ihre Mitspielerinnen waren daran gewöhnt, auf ihre Kraft und Intensität zu bauen. In den ersten fünf Minuten schossen Los Cocos zwei Tore.
Molly gab der Schiedsrichterin ein Zeichen, dass sie eine kurze Unterbrechung brauchte. Sie schaute Bridget an, als wäre sie ihr völlig fremd. »Komm in die Hufe, Bridget. Spiel! Was ist denn los mit dir?«
In diesem Augenblick hasste Bridget sie aus ganzem Herzen. Mit Autorität war sie noch nie klargekommen. »Als ich gut war, hast du das vergeudet. Jetzt bin ich nicht gut. Tut mir Leid.«
Molly schäumte vor Wut. »Willst du mich bestrafen?«
»Wolltest du mich bestrafen?«
»Ich bin die Trainerin, verdammt noch mal! Ich hab versucht, aus einer Angeberin eine richtige Spielerin zu
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