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Eine für vier 01 - Eine für vier

Eine für vier 01 - Eine für vier

Titel: Eine für vier 01 - Eine für vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Brashares
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wegzogen, um sich an anderen Orten ein wirkliches, echtes Leben aufzubauen.
    Lena ließ die Tränen von ihrem Kinn tropfen und den Hals hinunterrinnen. Sie wusste selbst nicht so recht, worüber sie eigentlich weinte.
    Selbst als die Party zu später Stunde endete, konnte Lena nicht schlafen. Sie saß an ihrem Fenster und betrachtete den Mond. Sie wartete auf einen Wind, der den Rand des Meer–Monds zu einem fedrigen Muster auflöste. Sie malte sich all die fröhlichen Einwohner von Oia aus, die jetzt in einen tiefen, trunkenen Schlaf versanken.
    Aber als sie sich ein Stück zum Fenster hinausreckte, entdeckte sie im hinteren Fenster im zweiten Stock ein zweites Ellbogenpaar. Es waren Bapis runzlige Ellbogen. Er saß an seinem Fenster und schaute zu den Monden hinaus, genau wie sie es tat.
    Sie lächelte, sowohl innen als auch außen. Eins hatte sie auf Santorin gelernt: Sie war nicht wie ihre Eltern und auch nicht wie ihre Schwester, aber sie war ganz genauso wie Bapi - stolz, schweigsam, ängstlich. Zu seinem Glück hatte Bapi einmal in seinem Leben den Mut gefunden, seine Chance zu nutzen und sich Liebe von einem Menschen zu holen, der sich darauf verstand, sie zu geben.
    Lena betete bei den beiden Monden, dass sie denselben Mut aufbringen würde.

Den ganzen Motztag. Tristtag. Mieswoch.
Düstertag. Frusttag. Stöhnabend.
     
    James Joyce

Den nächsten Morgen verschlief Lena. Also, sie schlief nicht gerade. Aber nachdem sie aufgewacht war, blieb sie noch stundenlang im Bett, weil ihr nichts einfiel, was sie mit sich anfangen sollte. Sie war launisch, stand unter Strom und war zugleich apathisch.
    Effie bereitete dem Morgen ein Ende, als sie hereingepoltert kam, weil sie für irgendeinen Anlass Lenas Kleiderschr ank plündern musste. »Was ist denn los mit dir?«, fragte Effie über die Schulter, während sie ohne jede Hemmungen Lenas Sachen durchwühlte.
    »Ich bin müde«, behauptete Lena.
    Effie machte ein misstrauisches Gesicht.
    »Wie wars gestern Abend?«, fragte Lena, um die Aufmerksamkeit von sich abzulenken.
    Effies Augen strahlten auf. »Es war unglaublich toll«, schwärmte sie. »Andreas kann super küssen. Viel besser als jeder amerikanische Junge.«
    »Das hast du bereits erwähnt«, stellte Lena mürrisch fest. »Und außerdem bist du erst vierzehn.«
    Mit einem Mal hörte Effie auf, mit den Kleiderbügeln herumzuklappem. Sie verharrte in völliger Reglosigkeit.
    »Was ist?«, fragte Lena. Es machte sie nervös, wenn Effie still war.
    »O mein Gott«, hauchte Effie.
    »Was ist?«, schrie Lena.
    Sie zuckte zusammen, als sie Papier rascheln hörte und sah, was Effie in den Händen hielt. Es war die Zeichnung, die sie von Kostos gemacht hatte.
    »O mein Gott«, wiederholte Effie, diesmal langsamer. Sie wandte sich zu Lena um und schaute sie an, als sähe sie ihre Schwester mit neuen Augen. »Es ist nicht zu fassen.«
    »Was?« Lenas Wortschatz schien sich auf dieses eine Wort reduziert zu haben.
    »Es ist nicht zu fassen.«
    »Was?«, schrie Lena wieder und setzte sich im Bett auf.
    »Du bist in Kostos verliebt«, hielt Effie ihr vor.
    »Nein, bin ich nicht.« Falls Lena bisher noch nicht gewusst hatte, dass sie in Kostos verliebt war, dann wusste sie es jetzt. Denn sie wusste, wie sich eine Lüge anfühlte.
    »Bist du wohl. Und das Traurige daran ist, dass du viel zu feige bist, um was anderes zu machen, als Trübsal zu blasen.«
    Lena versank wieder unter ihrer Decke. Wie üblich hatte Effie ihre komplizierten Seelenqualen mit einem einzigen Satz auf den Punkt gebracht.
    »Gib’s doch einfach zu«, drängte Effie.
    Das wollte Lena jedoch nicht. Störrisch verschränkte sie die Arme über ihrer Schlafanzugjacke.
    »Okay, dann lass es«, sagte Effie. »Ich weiß sowieso, dass es stimmt.«
    »Tja, da bist du aber schief gewickelt«, fauchte Lena wie ein kleines Kind.
    Effie setzte sich aufs Bett. Ihr Gesicht war jetzt ernst. »Lena, hör mir mal zu, okay? Uns bleibt nicht mehr viel Zeit hier. Du bist verliebt. Ich hab so was bei dir noch nie gesehen. Deshalb musst du tapfer sein, okay? Du musst Kostos deine Gefühle gestehen. Ich schwör dir, wenn du das nicht tust, wirst du’s bis ans Ende deines Lebens bereuen.«
    Lena wusste, dass all das stimmte. Effie hatte den Nagel so haargenau auf den Kopf getroffen, dass Lena sich gar nicht erst die Mühe machte, Widerspruch einzulegen. »Aber, Ef«, sagte sie, und dabei verriet ihre Stimme, wie wund und gequält sie im Innersten war, »was ist, wenn er

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