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Eine ganz andere Geschichte

Eine ganz andere Geschichte

Titel: Eine ganz andere Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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meine Kollegin Eva Backman mich hergeschickt hat.«
    »Hergeschickt?«
    »Sie meinte, ich sollte herkommen.«
    »Aber Sie haben sich ihrem Vorschlag nicht widersetzt?«
    Er überlegte.
    »Nein.«
    »Gut. Können Sie mir beschreiben, wie Sie sich fühlen?«
    »Ich glaube … ich glaube, ich bin vielleicht ein bisschen deprimiert.«
    »Deprimiert?«
    »Ja.«
    »Und wie äußert sich das?«
    »Es geht mir nicht so gut.«
    »Ich verstehe. Ich werde Ihnen ein paar Fragen stellen, die ich allen stelle, die herkommen. Sie dienen dazu, dass ich mir so schnell wie möglich ein Bild davon machen kann, wie es Ihnen geht. Vielleicht erscheint Ihnen nicht alles relevant, aber es wäre gut, wenn Sie sie mir trotzdem so ehrlich wie möglich beantworten. Sind Sie einverstanden?«
    »Ja.«
    »Sie fühlen dich also niedergeschlagen?«
    »Ja … ich glaube schon.«
    »Wie lange ist das schon so?«
    »Nicht so lange. Vielleicht ein paar Wochen.«
    »Essen Sie vernünftig?«
    »Nun ja … ja, doch.«
    »Frühstück, Mittag und Abendessen.«
    »Meistens.«
    »Alkohol? Wie viel trinken Sie?«
    »Nicht besonders viel.«
    »Okay. Wie ist es mit der Konzentration?«
    »Mit der Konzentration? Ich weiß nicht so recht …«
    »Haben Sie bemerkt, ob es Ihnen schwer fällt, etwas richtig zu fassen zu kriegen. Einen Entschluss zu fassen?«
    Er überlegte. »Doch, da ist was dran. Ich bin nicht so scharf im Denken wie sonst.«
    »Und das hat sich in letzter Zeit verstärkt?«
    »Ich denke schon.«
    »Gut. Schlafprobleme?«
    »Nicht direkt. Nur …«
    »Nur?«
    »Nur letzte Nacht habe ich wohl schlecht geschlafen.«
    Sie schrieb etwas auf ihren Block, während er gähnte.
    »Ist in letzter Zeit etwas passiert, was Sie damit, dass es Ihnen nicht so gut geht, in Verbindung setzen?«
    Er nickte. »Ja, es ist so einiges passiert. Sie haben sicher Zeitung gelesen?«
    Sie verzog kurz den Mund. »Ja, aber nicht den Expressen.«
    »Aber Sie sind im Bilde?«
    »Ja. Und Sie bringen also diese Geschichte mit dem Reporter in Zusammenhang damit, dass es Ihnen schlecht geht?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Hat mir jedenfalls nicht geholfen, dass es mir besser geht. Außerdem …«
    »Ja?«
    »Ich habe ihn nicht geschlagen, ich habe ihn nur durch die Tür rausgedrängt.«
    »Und das ist in den Artikeln zur Gewalttätigkeit geworden?«
    »Ja.«
    »Auf jeden Fall müssen Sie dich über ihn geärgert haben. Haben Sie sich in letzter Zeit besonders oft geärgert?«
    »Ich glaube nicht. Und sich über die Boulevardpresse zu ärgern, das sehe ich eher als ein Zeichen für Gesundheit.«
    »Wieso?«
    »Weil sie so sind, wie sie sind.«
    »Was bedeutet das?«
    Er dachte kurz nach und suchte nach der richtigen Formulierung.
    »Die sind doch dabei, die gesamte Bevölkerung zu infantilisieren. Die und diese Dokusoaps, die Menschen in diesem Land werden in zwanzig Jahren nur noch Idioten sein.«
    Wieder lachte sie, und er nahm an, dass sie in dieser Frage einer Meinung waren.
    »Außerdem fühlen sie sich als selbsternannte Ankläger und Richter und Einpeitscher in einer Person.«
    »Einigem von dem, was Sie sagen, kann ich zustimmen«, sagte Olltman. »Aber heute ist nun akut etwas passiert, oder?«
    »Ja.«
    »Und was?«
    Er räusperte sich und veränderte seine Haltung. »Ich weiß nicht, was passiert ist. Es wurde irgendwie … schwarz. Und dann konn te ich mich nicht mehr bewegen. Ich kann es nur schwer beschrei
    ben.«
    »Wo waren Sie da?«
    »Zu Hause, ich habe an meinem Küchentisch gesessen.«
    »Und haben gefrühstückt?«
    »Nein … nein, ich hatte gerade einen Brief gelesen.«
    »Einen Brief?«
    »Ja. Sie haben doch Schweigepflicht?«
    »Ja, natürlich.«
    »In jeder Beziehung und in alle Richtungen?«
    »Ja.«
    »Wissen Sie von den Mordfällen, die in letzter Zeit hier in Kymlinge vorgefallen sind?«
    »So in etwa.«
    »Wissen Sie auch, dass der Mörder Briefe schreibt und mitteilt, wen er ermorden will?«
    »Ich habe davon gelesen, ja.«
    »Die schreibt er an mich.«
    »Das ist mir klar geworden.«
    »Und heute Morgen habe ich wieder so einen Brief gekriegt. Ich glaube, der war es, der das ausgelöst hat … was immer da passiert ist.«
    »Ich verstehe. Sie haben einen Brief bekommen, in dem stand, dass ein neuer Mord zu erwarten ist?«
    »Ja.«
    »Und noch mehr?«
    »Ja. Außerdem sind uns gerade zwei Opfer aus Göteborg bestätigt worden. Wir haben vier ermordete Menschen … plus diesen fünften, von dem ich heute Morgen lesen musste. Das ist ein bisschen

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