Eine ganz andere Geschichte
gekommen, um Frieden für deine Seele zu finden?«, fragte Axel Wallman und kratzte sich in der Achselhöhle. »Auf Anraten deines Arztes. Na, das kann ja bedeuten, dass er ein kluger Kerl ist. Auf der Müllhalde sind wir alle gleich. Klein und unbedeutend zwar, aber gleich.«
»Es ist eine Frau«, sagte Barbarotti. »Mein Arzt, meine ich.«
»Oho«, sagte Wallman. »Habe ich schon erzählt, dass ich immer noch unschuldig bin?«
»Du hast es erwähnt.«
»Diesbezüglich hat sich die Situation seit Sonntag nicht geändert.«
Barbarotti überlegte einen Moment lang.
»Ich glaube, ich mache einen Spaziergang«, sagte er. »Ich muss mich ein bisschen bewegen, es führt doch wohl von hier ein Weg zum See hinunter?«
»Zumindest führte er gestern noch dorthin«, bestätigte Wallman. »Aber für heute haben Saarikoski und ich beschlossen, auf den Spaziergang zu verzichten. Du musst also allein klarkommen.«
»Ich werde mein Bestes tun«, sagte Gunnar Barbarotti.
Ungefähr nach einer halben Stunde, als er sich ein gutes Stück am Seeufer entlang bewegt und etwas ins Schwitzen geraten war, brummte das Telefon erneut in seiner Tasche. Es gab eine neue SMS zu lesen. Noch ein Reporter auf der Jagd nach der Wahrheit, dachte Barbarotti, blieb aber dennoch stehen und drückte auf den Yes-Knopf.
Denke an dich. Marianne
Marianne?, dachte Inspektor Barbarotti. Sie denkt an mich. Wow, danke, gütiger Gott!
Er ließ sich auf einen Stein am Seeufer sinken. Fühlte sich plötzlich erschöpft. Es war nicht das Gleiche wie letztes Mal am Küchentisch, es erinnerte eher an … an Champagner? Und es ging in drei Sekunden vorüber. Denke an dich. Dass drei Worte so schwer sein können. Eine Schar Kanadagänse – auch sie ziemlich schwer – ließen es sich nur ein paar Meter von ihm entfernt im Sonnenschein gut gehen, sie schienen sich von seiner Anwesenheit nicht gestört zu fühlen. Diese meine ge ringsten Brüder, dachte Barbarotti. Ich muss antworten, jetzt kommt es drauf an. Ein paar wohlgewählte Worte, und meine Seele ist im Hafen.
Es dauerte eine Weile, die Botschaft zu komponieren. Schließlich tippte er mit zitternden Fingern.
Und ich an dich. Gunnar
Er war zufrieden mit sich. Keine großen Worte. Kleine Worte, die große Gedanken ausdrücken sind besser als umgekehrt, wie seine Schwedischlehrerin auf dem Gymnasium es der Klasse einzuschärfen versucht hatte (Untertreibungen sind in den meisten Lebenslagen bedeutend wirkungsvoller als Übertreibungen, vergesst das nicht, ihr Sprösslinge!) – und er versäumte es nicht, ihr einen dankbaren Gedanken zu schicken.
Er blieb noch eine Weile auf dem Stein sitzen, dachte über die merkwürdigen Choreographien des Lebens nach, über den Fragebogen, den er am vergangenen Abend auf dem Balkon ausgefüllt hatte, über den holprigen Weg, der ihn zu seiner jetzigen Position im Koordinatensystem des Lebens geführt hatte, über Marianne – und ob noch ein Brummen kommen würde.
Dem war nicht so. Nun ja, dachte Gunnar Barbarotti, es ist auch so schon gut. Ich habe mich ein Stück aus dem Tal des Todesschattens entfernt, man darf nicht zu viel verlangen. Er stand auf und trat den Rückweg zu Axel Wallmans Heim an.
Inspektorin Backman rief gegen fünf Uhr an und teilte mit, dass sie ein paar Stunden später aufzutauchen gedachte. Barbarotti begann sofort seine Batterie aufgestauter Fragen abzufeuern, aber sie unterbrach ihn und erklärte, dass er sich gedulden müsse, bis sie sich gegenübersaßen. Es gab da einiges zu berichten, der Tag war im Hinblick auf die Ermittlungen nicht vergebens gewesen, und wie stand es um ihn? Und hatte er sich wirklich gedacht, dass sie diesen sonderbaren Wallman treffen sollte?
»Ja, das gehört dazu«, gestand Barbarotti. »Zumindest heute, ich werde hier übernachten, aber das brauchst du nicht. Frische Luft und stärkende Waldspaziergänge, aus diesem Garn ist meine Genesung gestrickt.«
»Wie schön.«
»Ja, aber leider ist das nur ein Zitat. Auf jeden Fall könnte ich mir nichts Besseres wünschen … doch übrigens, mein Gehirn hat sich gemeldet, es behauptet, es brauchte etwas, worin es sich verbeißen kann.«
»Ich werde die Ware liefern«, versprach Eva Backman. »Und du hast keine weiteren Attacken gehabt?«
»Nicht die Spur«, sagte Barbarotti.
»Willkommen im Paradies der Müllhalde, meine Schöne«, verkündete Axel Wallman, als sie endlich kurz nach acht Uhr auftauchte. »Ich ziehe weibliche Polizeibeamte vor, genau wie
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