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Eine ganz andere Geschichte

Eine ganz andere Geschichte

Titel: Eine ganz andere Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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beispielsweise? Diese vier und ihr Mörder. Waren sie zusammen aus Schweden losgefahren? Oder waren sie erst in Frankreich aufeinander gestoßen?
    Konnte es sich um eine Art Charterreise gehandelt haben?
    Er dachte nach. Letzteres erschien nicht vollkommen abwegig, und in diesem Fall musste es bedeutend mehr Menschen geben, die Informationen über dieses Quartett hatten, das fünf Jahre später sein Leben verlor.
    Wenn es sich beispielsweise um eine Busreise gehandelt hatte. Barbarotti selbst hätte sich niemals für diese Art, sich in die Welt hinauszubegeben, entschieden, aber er wusste, dass es Leute gab, die so etwas taten. Nicht nur, um nach Stockholm zu fahren und ins Theater zu gehen oder eine Glasbläserei in Småland zu besichtigen. Man konnte auch bis nach Rom oder Lissabon kommen. An den Gardasee, nach Amsterdam oder Gott weiß wohin.
    Fünfzig Menschen in einem Bus. Zehn oder fünfzehn Tage in Europa. Etwas passiert, und jemand beschließt, das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen.
    Fünf Jahre später? Why on earth?, dachte Gunnar Barbarotti und trank einen Schluck Wein. Und außerdem, warum sprach er von einem Quartett, wo es sich doch eigentlich um ein Quintett handelte?
    Dieser Gunnar – der Gott sei Dank offensichtlich nicht mit ihm selbst identisch war – war ja wohl zweifellos auch ein Kandidat auf der Todesliste. Was bedeuten konnte, dass sechs Personen in dieses Wirrwarr involviert waren. Fünf Opfer und ein Täter.
    Noch weitere? Vielleicht ja nicht, der Briefeschreiber hatte behauptet, dass Gunnar der Letzte sein sollte, der sein Leben verlieren würde, also würde es hoffentlich bei fünf Toten bleiben. Schlimm genug, wahrlich schlimm genug.
    Und Hans Andersson? Äußerst unklar, dachte Barbarotti. Dass es jemanden geben könnte, der darin verwickelt war und den der Mörder zunächst ermorden wollte, sich dann aber doch entschied, ihn laufen zu lassen … das war gelinde gesagt eine merkwürdige Strategie. Wenn dieser Hans Andersson tatsächlich zu der französischen Bande gehörte, würde das ja bedeuten – wenn sonst nichts – dass er den Mörder benennen könnte? Wenn er überhaupt existierte, wie gesagt.
    Oder?, dachte Barbarotti, und in dem Moment rauschte eine gigantische Krähenwolke über den Balkon und brachte ihn dazu, den Faden zu verlieren. Ich sollte Stift und Papier nehmen, dachte er. Sollte versuchen, ein bisschen systematisch zu bleiben.
    Sollte meinen armen Kopf für etwas ganz anderes benutzen, dachte er, als die Krähen verschwunden waren. Ich nehme an den Ermittlungen nicht mehr teil.
    Er trank wieder von seinem Wein und schaute auf die Uhr. Zwanzig nach neun. Vielleicht hatte Backman für heute Schluss gemacht? Vielleicht konnte er sie anrufen, wenn man es recht bedachte?
    Aber er hielt sich zurück. Ging stattdessen in seine Wohnung und suchte diese Einschätzungshilfe, die er von Doktor Olltman bekommen hatte. Kehrte in den Sommerabend und zu seinem letzten Glas Wein zurück.
    Eine Frage, dachte er, auf eine Frage müssen sie ja wohl bald eine Antwort finden.
    Wer dieser Gunnar war. Es sprach schließlich so einiges dafür, dass es schlecht für ihn aussah.
    Dann lehnte er sich auf dem Stuhl zurück und sah die erste Seite des Fragebogens an.
    Institut für klinische Neurowissenschaft, Abteilung für Psychiatrie, Karolinska-Institut, Stockholm, stand ganz oben.
    Ich bin ein Fall für die Wissenschaft geworden, dachte Gunnar Barbarotti und nahm den Stift in die Hand. Mama wäre stolz auf mich.
    Doch während er dasaß und versuchte, seine vermeintliche Seele zu diagnostizieren – heruntergebrochen auf Begriffe wie Lebensfreude, Unruhegefühle, Gemütsverfassung, Konzentrationsvermögen und gefühlsmäßiges Engagement –, verdunkelte sich der apokalyptische Himmel zu einem neuen Farbton, der an geronnenes Blut erinnerte, ein kalter Windhauch fuhr über das Balkongeländer, und die Morgenstunde mit dem Brief des Mörders auf dem Küchentisch schlich sich wieder in seinen Kopf.
    Danke für deine Mitarbeit?
    Gunnar?
    Er merkte, wie er fror.
    25
    A uf dem Weg zu Axel Wallman am Donnerstagmorgen hielt er am ICA Basunen in Kymlingevik an, um sich Proviant zu besorgen, und erblickte die Schlagzeilen.
    NÄCHSTES OPFER HEISST GUNNAR
POLIZEI MACHTLOS
    lautete die eine.
    GUNNAR,
DU BIST DES TODES
    verkündete eine andere.
    Sieh mal einer an, dachte Barbarotti. Dieses Mal hat er sich an alle beide gewandt, will offensichtlich volle Aufmerksamkeit fürs Finale.
    Er stellte fest,

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