Eine ganz andere Geschichte
offensichtlich das Meer zu sehen gibt …«
»Diese anderen Personen«, unterbrach Barbarotti, »was kannst du zu denen sagen?«
»Ich komme noch dazu«, sagte Inspektorin Backman. »Das ist ja gerade das Interessante. Gibt es einen von ihnen, der der Mörder sein könnte? Gibt es einen von ihnen, der …?«
»… Gunnar heißt?«, ergänzte Barbarotti.
»Es ist schwer, auf einer Fotografie zu sehen, ob jemand Gunnar heißt«, erklärte Backman geduldig. »Aber wir glauben, dass wir einen Weg zur Lösung unseres Problems gefunden haben. Wir haben einen Mann, der auf vier Fotos mit drauf ist, und auf einem davon hat er einen Arm um Anna Eriksson gelegt. Es könnte also sein, dass …«
»Anna Eriksson«, sagte Barbarotti. »Gut, verstanden. Und jetzt seid ihr also dabei und befragt ihre Bekannten noch einmal?«
»Wir haben gerade angefangen«, sagte Eva Backman. »Leider ist es nicht so, dass die Leute auf dem Polizeirevier auftauchen, nur wenn man an sie denkt. Aber Astor Nilsson und ich haben gerade mit einem Mädchen gesprochen, Linda Johansson, ich weiß nicht, ob du dich an sie erinnerst … sie behauptet jedenfalls, dass Anna Eriksson vor ein paar Jahren mit einem Typen zusammen war, und das könnte der auf dem Foto sein.«
»Jana? Und?«
»Sie glaubt, er hieß Gunnar, aber sie erinnert sich nicht mehr an seinen Nachnamen.«
Gunnar Barbarotti überlegte.
»Jedenfalls nicht Barbarotti?«
»Nein, dieser Kerl ist gut zehn Jahre jünger als du. Ähnelt eigentlich Zlatan Ibrahimovic ein wenig.«
»Dann bin ich es nicht«, sagte Inspektor Barbarotti. »Aber ich glaube, es wäre sehr nützlich, wenn ihr ihn finden würdet.«
»Danke für den Tipp«, sagte Eva Backman. »Ja, das wäre erst einmal alles. Aber jetzt muss ich weiterarbeiten. Ist es gut gelaufen bei Olltman?«
»Es ist ausgezeichnet gelaufen«, versicherte Barbarotti noch einmal.
»Sie hat gesagt, dass es für meine Gesundung sehr wichtig ist, dass du
mich auf diese Art immer unterrichtet hältst.«
»Das glaube ich ja nicht.«
»Ich habe sie jedenfalls so interpretiert«, sagte Barbarotti. »Nun arbeite schön und ruf mich an, wenn du feststeckst.«
»Küss mich«, sagte Eva Backman.
»Ich habe eine andere«, erwiderte Barbarotti.
Es dauerte eindreiviertel Stunden, die Krebse und Jakobsmuscheln nach Dobrowolskis Anweisungen zuzubereiten – und knapp zehn Minuten, sie aufzuessen.
Zumindest, wenn man allein speiste. Der Wein reichte etwas länger, und als er das Geschirr in die Maschine gestellt hatte, nahm er Glas und Flasche mit auf den Balkon. Das Wetter war den ganzen Tag grau gewesen, mit durchziehenden Regenschauern, aber jetzt, als es fast neun war, bot der westliche Himmel plötzlich einen grandiosen Sonnenuntergang. Er beschloss, Backman nicht noch einmal anzurufen, um nachzufragen, wie es lief, auch wenn es ihm in den Fingern juckte. Stattdessen trank er würdevoll und ohne Hast die ganze Weinflasche aus. Wünschte sich ab und zu, dass er nicht vor zwölf Jahren aufgehört hätte zu rauchen, gerade jetzt hätten ein oder zwei Zigaretten ausgezeichnet gepasst, während sein Balkon unter purpurfarbenen Wolken, die von unten von einer Sonne beleuchtet wurden, die nicht mehr am Horizont zu sehen war, in ein apokalyptisches Licht getaucht wurde. Man könnte fast eine Leiter erwarten, die vom Himmel heruntergelassen wird, dachte Barbarotti – und dass sich ein Haufen molliger Engel in goldenen Gewändern mit ihren Harfen und diversen anderen Glückseligkeiten zeigten. Wie hieß diese schwülstige Maltradition noch … Düsseldorfer Schule, oder?
Zufrieden mit dieser kunsthistorischen Reflexion wandte er seine Gedanken finsteren Dingen zu.
Bedeutend dunklerem, schwarzem Expressionismus sozusagen. Vier Menschen waren getötet worden. Vier Menschen, die sich während einer Urlaubsreise in Frankreich getroffen hatten … was hatte Backman gesagt … 2002?
Und das, dieser Urlaub, sollte also den Grund bergen, warum sie fünf Jahre später ihr Leben verloren? Einer nach dem anderen von einem Gewaltverbrecher ermordet wurden, der sich auch noch damit amüsierte, einem Kriminalinspektor in Kymlinge Briefe zu schreiben und ihm zu erzählen, wen er zu töten gedachte?
Warum?
Er trank von dem Wein. Er hatte nicht das Gefühl, dass dieses Warum? kleiner geworden war, seit der Zusammenhang ans Tageslicht gekommen war. Wahrlich nicht. Aber es war möglich, neue Fragen zu stellen, eine andere Art von Fragen.
Wie hatten sie sich getroffen,
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