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Eine ganz andere Geschichte

Eine ganz andere Geschichte

Titel: Eine ganz andere Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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hätte, hätten zwei Meter Schnee gelegen oder das Rathaus in hellen Flammen gestanden.
    Es ist nicht möglich, dachte er. Es ist verdammt noch mal nicht möglich.
    Und trotzdem war ihm klar, dass es so war. Dass alles genau so zusammenhing, und dass jetzt nur noch der Sack zugezogen werden musste, damit der Mörder nicht herauskullerte.
    Wundersam sind die Wege des Herrn, dachte Inspektor Barbarotti und schob die Tür zur Baldersgatan 12 auf. Wie wahr. Hatten sie abgemacht, es gäbe drei Punkte?

VII

    29. – 31. August 2007

    40
    B arbarotti und Backman leiteten die Befragung. Jonnerblad, Tallin und Sorgsen saßen auf der anderen Seite des Spiegelfensters und beobachteten. Asunander hatte entschieden, dass es so gemacht werden sollte.
    Es wurde auch aufgenommen. Sicherheitshalber sowohl auf Tonband als auch auf DVD. Asunander hatte auch das angewiesen, und was ihn betraf, so saß er in einem anderen Raum und schaute auf einen Fernsehmonitor.
    Die Frau hieß Ulrika Hearst. Sie war 37 Jahre alt, geborene Lindquist, verheiratet mit einem Engländer. Sie hatten sie am Tag zuvor ausfindig gemacht.
    »Hoss & Boss?«, fragte Barbarotti.
    »So haben sie sich genannt«, sagte Ulrika Hearst. »Schon als sie noch klein waren. Vielleicht hat auch jemand anderer sich den Namen ausgedacht, das weiß ich nicht.«
    »Und Sie haben sie immer so genannt?«
    »Ja. Hoss und Boss. Sie haben nie ihre richtigen Namen benutzt.«
    »Und Sie haben sie ihr ganzes Leben lang gekannt?«
    »Ja, sie sind ja meine Cousins. Ihre Mutter und meine Mutter sind Schwestern. Sie haben in Varberg gewohnt, wir in Kungsbacka. Wir hatten ziemlich viel Kontakt, ich bin Einzelkind. Hoss und Boss sind meine einzigen Cousins.«
    Sie schob eine Locke ihres blonden Haars hinter das Ohr. Ließ ihre blauen Augen zwischen den beiden Kriminalinspektoren hin und her wandern, als versuche sie zu entscheiden, an wen sie sich eigentlich wenden sollte.
    »Wir sind in erster Linie an Hoss interessiert«, übernahm Backman.
    »Das habe ich verstanden«, sagte Ulrika Hearst.
    »Können Sie uns etwas über ihn erzählen?«
    Sie dachte nach.
    »Er war … schwierig«, sagte sie. »Sie waren beide schwierig.«
    »Schwierig?«, fragte Eva Backman nach.
    »Ich weiß nicht so recht, wie ich es sagen soll«, fuhr Ulrika Hearst fort. »Als Kind hatte ich nicht so viele Freunde. Ich war allein in der Schule und so. Hoss und Boss waren gewissermaßen Teil meines Weltbilds, und dann geht man ja davon aus, dass alles normal ist. Nicht wahr? Wenn man ein Kind ist jedenfalls. Das ist wohl ein Teil von dem Prozess, erwachsen zu werden, oder? Sich von den Wahnvorstellungen und Mythen der Kindheit zu lösen.«
    Backman nickte. »Ich verstehe, was Sie meinen«, sagte sie. »Und wann haben Sie entdeckt, dass sie schwierig waren?«
    »Als ich sechzehn war, sind wir nach Stockholm gezogen«, erklärte Ulrika Hearst. »Ich habe an einem guten Gymnasium angefangen und neue Freunde gefunden. Zu meinen Cousins habe ich sozusagen einen größeren Abstand gekriegt. Ja, und da habe ich eingesehen, dass sie ziemlich speziell waren.«
    »In welcher Hinsicht waren sie speziell?«, fragte Barbarotti.
    »Na, zunächst einmal waren sie Besserwisser«, erklärte Ulrika Hearst mit einem Lächeln, das sie aber schnell wieder abbrach. »Sie wetteiferten offensichtlich darum, wer der Beste war, aber wenn ich auf Besuch war, rotteten sie sich zusammen und gingen auf mich los. Ich war ihre blöde Cousine, die nichts kapierte … ich war ja außerdem zehn Monate jünger als sie, ich bin im Dezember geboren, die beiden im Februar. Manchmal wetteiferten sie geradezu darum, mich reinlegen zu können.«
    »Sie wetteiferten darum, Sie reinlegen zu können?«, wiederholte Backman. »Das klingt nicht besonders nett.«
    »Das war es auch nicht«, bestätigte Ulrika Hearst. »Einmal, ich glaube, ich war acht Jahre alt, behauptete Hoss, er hätte ein Portemonnaie voll mit Geld in einem Brunnen verloren, aber weder er noch Boss könnten hinunterklettern und es herausholen, weil sie an einer merkwürdigen Ohrenkrankheit litten, die ihnen verbot, in enge Röhren zu klettern. Wenn ich es schaffen würde, sollte ich die Hälfte vom Geld kriegen. An der Brunnenwand gab es eiserne Trittstufen, aber da in der Tiefe gab es natürlich kein Portemonnaie, und sobald ich unten war, haben sie den Deckel draufgelegt. Ich habe da unten in der Dunkelheit mehr als eine Stunde hocken müssen. Ich weiß noch, dass ich mich einnässte, habe mich

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