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Eine geheime Liebe - Roman

Titel: Eine geheime Liebe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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nicht einmal Carolina, die die Zwillinge sonst mit ihrem erlesenen Geschmack tyrannisierte. Der Aperitiv wurde vom Geraschel des Geschenkpapiers
begleitet. Die Geschenke hatte ich auf meinem Platz vorgefunden, sehr zum Unwillen von Annette, die verzweifelt den Kopf schüttelte, weil ihre schöne Ordnung auf den Kopf gestellt wurde. Emotionslos packte ich die Pakete aus und fühlte mich wie eine leere, energielose Hülle, während die anderen im Bewusstsein, ihre Pflicht getan zu haben, miteinander plauderten. Zunächst fand ich eine Jugendstilbrosche, die Mattia auf einer seiner letzten Reisen nach New York in meinem Lieblingsgeschäft auf der First Avenue erworben hatte. Unter den Geschenken war auch ein korallenrotes Kaschmir-Twinset mit einem indonesischen Tuch, also Dinge, die ich nie würde tragen können, da der Sommer hier nach abgerissenen Jeans verlangte oder bestenfalls, wenn man wirklich Eleganz unter Beweis stellen wollte, nach bunten Röcken von Soleiado. Ich musste gar nicht die Karte lesen, um zu wissen, dass sich nur Marco so etwas ausdenken konnte. Für meinen Geschmack hat er sich noch nie interessiert. Der alte Ring gehörte zur Aussteuer von Carolina, und ich hätte nie geglaubt, dass sie sich davon trennen würde. Vielleicht ließen meine vierundsiebzig Jahre sie hoffen, ihn schnell zurückzubekommen. Guido trat mit einer Rose in der Hand auf mich zu. Am Stiel hing mit einer roten Schleife ein Umschlag. Er kannte meine Leidenschaft für Briefe und war stolz, bei einem Trödelhändler einen Brief von Eleonora Duse gefunden zu haben. Ich dankte es ihm mit einer Umarmung. Sein Feingefühl trieb mir die Tränen in die Augen, aber nun nahmen die anderen fröhlich ihre Plätze ein und gaben den Startschuss für das
Abendessen. Annette brachte Crostini mit provenzalischen Kräutern, dazu verschiedene Pasteten.
    Der Schnee, der nun wieder fiel, ließ die Fensterbretter weiß werden und verlieh der Atmosphäre etwas Friedliches. Gezänk und Gemecker, diese ständigen Begleiter der Mahlzeiten meiner Jugend, hatten hier keinen Platz. Annettes Lasagne wurde mit begeistertem Juchzen begrüßt, zur großen Freude meiner Angestellten, die sich nun wieder als Herrin der Lage fühlte. Von der alten Pendeluhr im Flur hatte es soeben neun geschlagen, als wir vollkommen unerwartet vom Klang der Türglocke aufgeschreckt wurden. Bester Beweis auch dafür, dass keiner meiner reizenden Verwandten das Tor zur Straße geschlossen hatte und selbst der ungeschickteste Dieb ungehindert Richtung Haus hätte spazieren können.
    »Das wird André sein, um dir zu gratulieren, Mama«, sagte Mattia, um der Situation die Spannung zu nehmen, da den Gästen die Überraschung ins Gesicht geschrieben stand. Thierry klärte die Frage schließlich, indem er zur Tür ging und wenig später mit einer eleganten jungen Frau wieder erschien. Die schwarzen Haare fielen ihr auf die Schulter, die von einem schwarzen Mäntelchen bedeckt wurde. Ich ging ihr mit ungezwungener Natürlichkeit entgegen und stellte sie dem neugierigen Publikum in meinem Speisezimmer vor. Leise wünschte sie uns einen guten Abend und setzte sich an den Tisch, wo Annette - erstaunlich schnell und als wüsste sie von diesem Besuch - Teller, Besteck und Gläser hingestellt hatte. Die Kinder widmeten ihr nicht viel
Aufmerksamkeit, sondern beschränkten sich auf einen matten kollektiven Gruß. Die anderen fühlten sich verpflichtet, ihr Fragen zu stellen, waren aber nicht wirklich beunruhigt wegen dieser »Fremden«, die an der Familientafel aufgenommen wurde. Ein paar Minuten, ihre Eleganz und eine mutmaßlich gute Vorbereitung auf die Rollen der einzelnen Familienmitglieder genügten, um sie perfekt mit ihrer Umgebung verschmelzen zu lassen. Endlich war ich glücklich. Ich hätte meiner inneren Stimme Glauben schenken sollen. Sie wusste, was ich stillschweigend erhofft und herbeigesehnt hatte.
    »Aber wir haben ja gar keine Musik. Heute hören wir keine Sinfonien, sondern Ouvertüren von Verdi.«
    Was gab es Passenderes, um dem großen Abwesenden die Ehre zu erweisen? Bevor Annette die Tarte Tatin servierte, die Pierre in einer für eine so gefräßige Meute geeigneten Größe gebacken hatte, erhob sich unser neuer Gast unerwartet. Niemand beachtete sie, weil man ins Gespräch vertieft war. Die Zwillinge wiederum zogen die Aufmerksamkeit der Familienmitglieder auf sich, indem sie sie alle nacheinander mit unwiderstehlichem Charme nachmachten.
    Lucrezias plötzliches

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