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Eine geheimnisvolle Lady

Eine geheimnisvolle Lady

Titel: Eine geheimnisvolle Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Campbell
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angelsächsischen Turm stieg Diana aus Burnleys Kutsche. Sie hatte vorgeschlagen, zu Fuß hierherzugehen. Aber Seine Lordschaft war entsetzt gewesen über den Wunsch seiner neuen Marchioness. Keinesfalls durfte sie sich wie eine Bauersfrau zu ihrer Hochzeit begeben. Ein Hinweis auf das Protokoll, das sie in Zukunft einengen würde, nahm sie an. Sollte sie jemals wieder etwas fühlen, würde sie solche Regeln ermüdend finden. Im Moment spielte es keine Rolle, so wie alles außer dem neuen Leben unter ihrem Herzen.
    Burnley hatte eine schlichte Hochzeit geplant. Dafür war Diana dankbar. Erst nach der Geburt des Babys sollte ein großes Fest stattfinden. Trotzdem hatte jemand das Kirchentor mit Girlanden geschmückt, wahrscheinlich der Vikar und seine Frau. Und Fredericks wartete auf den Stufen, grotesk herausgeputzt mit bunten Sträußchen am Hut und im Knopfloch.
    Auf der Schwelle blieb sie schwankend stehen, weil ihr der ekelerregende, schwüle Duft von Treibhausblumen in die Nase stieg. Sekundenlang wurde ihr schwarz vor Augen, in ihrer Kehle spürte sie Bitterkeit aufsteigen.
    Besorgt stützte Laura ihren Arm. »Ist dir schlecht? Willst du dich setzen?«
    Und das schreckliche Ereignis hinauszögern? Nein, Diana wollte es möglichst schnell hinter sich bringen.
    »Nur die Blumen …« Keuchend bekämpfte sie ein Schwindelgefühl, schüttelte Lauras Hand ab und trat zitternd einen Schritt vor. Noch einen. Ins kalte Halbdunkel der Dorfkirche. Ein tiefer Atemzug, der Nebel vor ihren Augen löste sich auf. Am Ende des Mittelgangs stand Burnley vor dem Vikar, an der Seite eines feierlich gekleideten älteren Mannes, den sie nicht kannte.
    Noch immer peinigte der überwältigende Blumenduft ihren Geruchssinn. Wenigstens begnügte sich ihr Magen mittlerweile mit einem sanften Flattern und wallte nicht mehr so heftig auf. Das karge Frühstück in der Kirche von sich zu geben, wäre furchtbar peinlich gewesen. Wie schon so oft wurde sie von ihrem Stolz gerettet.
    In diese Situation war sie durch ihre eigene Schuld geraten. Deshalb würde sie weder weinen noch zusammenbrechen, sondern ihr trauriges Los hoch erhobenen Hauptes, mit tapferem Herzen erdulden.
    »Wirst du es schaffen?«, flüsterte Laura neben ihr. »Bist du sicher? Seiner Lordschaft würde es nichts ausmachen, eine Weile zu warten, bis du dich erholt hast.«
    »Ich bin bereit«, sagte Diana, so wie vorhin zu Hause.
    Immer noch eine Lüge.
    Die Schultern gestrafft, heuchelte sie Selbstvertrauen und ging weiter. Hinter ihr ersetzten Laura und Fredericks gleichsam eine Schleppe, während sie sich auf unebenen Steinplatten dem Altar näherte. Und dem Bräutigam.
    Was hier geschah, nahm die Atmosphäre eines unentrinnbaren Grauens an. Als würde Diana von Mächten bewegt, gegen die sie sich nicht wehren konnte. Sie hatte diese Ereignisse in Ashcrofts Armen in Gang gesetzt, und nun ließen sie sich nicht mehr aufhalten.
    Ringsum war der Kirchenraum fast leer. In der stillen Luft spürte sie die Anwesenheit vieler Tausend Geister, die sie beobachteten. Nicht feindselig. Aber Diana meinte, die Geister raunen zu hören, niemals könnte aus einer von Verzweiflung und Lüge geprägten Ehe etwas Gutes erwachsen.
    Die Orgel blieb stumm. Zumindest das fand Diana angenehm. Die Zeremonie war schon scheinheilig genug, auch ohne Demonstrationen feierlicher Freude.
    In einem schönen schwarzen Gehrock, den sie nie zuvor gesehen hatte, blickte Burnley ihr entgegen. Offenbar hatte er sich für die Hochzeit neu eingekleidet. Die edle Eleganz hob die Erschöpfung in seinem faltigen Gesicht noch hervor. Trotz seiner Mühe sah er todkrank und elend aus. Aber die scharfen grünen Augen leuchteten, denn er hatte gesiegt. Über Diana, Lord Ashcroft, den unbekannten amerikanischen Cousin, die ganze Welt.
    Diesen Sieg kostete er in vollen Zügen aus. Ein schadenfrohes Lächeln – wie auf der grünen Lichtung, wo er Ashcroft über dessen Herkunft informiert hatte – verzerrte die dünnen Lippen. Ganz offenkundig schwelgte er in ungetrübter Freude über das Gelingen seines Plans.
    Nun brachte er die Welt wieder in Ordnung, zu seinen Bedingungen, und dabei sollte es auch bleiben.
    Diana verdrängte die bitteren Gedanken, denn sie war genauso schuldig wie Burnley. Sogar noch schuldiger. Laura nahm ihr das Gebetbuch ab und setzte sich in die erste Kirchenbank.
    Zweifellos würden sich die Klatschbasen das Maul zerreißen, wenn sich herumsprach, dass Dianas Vater die Trauung nicht besucht

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