Eine geheimnisvolle Lady
erlaubte. Bis Lord Burnley ihr das satanische Geschäft vorgeschlagen hatte, das alle ihre Träume erfüllen würde – wenn sie ihre moralischen Prinzipien missachtete.
Nur kurz hatte sie gezaudert.
Nun näherte sie sich der symmetrischen Fassade und entschied, sie habe richtig gehandelt. Cranston Abbey würde ihr gehören. In diesen Mauern würde ihr Blut weiterleben, ihr Geist spuken, das Echo ihrer Schritte durch die Korridore hallen.
Nichts würde ihren Sieg verhindern.
Nicht die Lüge, die sie einem rücksichtsvollen, liebenswerten Mann zumutete, ebenso wenig das Schuldbewusstsein, das sie sogar jetzt belastete, beim Anblick des ersehnten Lohns.
War sie schon schwanger? Schwer vorstellbar, aber trotzdem möglich, vielleicht so real wie der Fensterrahmen aus Ebenholz unter ihren behandschuhten Händen.
Wehmütig schloss sie die Augen. In Gedanken erlebte sie noch einmal den überwältigenden Erguss von Ashcrofts heißem Samen in ihren Schoß.
Lieber Gott, lass ein Baby daraus entstehen, einen Jungen, und lass ihn zu einem verantwortungsvollen Hüter von Cranston Abbey heranwachsen.
Fredericks führte Diana ins Haus und durch Flure mit kunstvoll bemalten oder vergoldeten Wänden zur Bibliothek. Diana warf kaum einen Blick darauf. Sie kannte jedes Bild im Haus, wie eine Mutter alle Züge im Gesicht ihres Kindes. Es war spät geworden, schon nach Mitternacht. Trotzdem hatte Burnley sie hierherbestellt und erwartete sie. Obwohl er alt und krank war, übte er eine despotische Macht in seinem Herrschaftsbereich aus.
Gebeugt saß der Marquess an seinem Schreibtisch, einer Boulle-Monströsität, die angeblich Ludwig dem Vierzehnten gehört hatte. Wie Diana vermutete, war Burnley noch arroganter als seinerzeit der französische König.
Bevor er sie zur Kenntnis nahm, las er das Dokument zu Ende, das vor ihm lag. Seine Augen brauchten keine Brille. In seiner Miene las sie die Spuren eines langen, lieblosen Lebens voller Intrigen und bitterer Erfahrungen.
Früher hatte man ihn attraktiv gefunden. Jetzt nicht mehr. Zu deutlich zeigte sich die Bösartigkeit seiner Seele in seinem zerfurchten Gesicht.
Das Lampenlicht war freundlicher als der Tag. Doch es konnte die Spuren der Krankheit nicht verbergen. Seit Diana ihn zuletzt gesehen hatte, erschien er ihr zehn Jahre älter. Vor nicht allzu langer Zeit war er ein starker, Furcht einflößender Mann gewesen, vor dem seine Angestellten und Pächter gezittert hatten. Doch das war bevor seine beiden Söhne und ihre Familien letztes Jahr bei einer Feuersbrunst ums Leben gekommen waren.
Nur zu gut erinnerte Diana sich an den tragischen Tag.
Die grauenvolle Nachricht hatte die Weihnachtsfeierlichkeiten abrupt beendet. Mitten in der Nacht war das Feuer im alten Herrenhaus von Deshayes ausgebrochen, die Bewohner hatten sich nicht retten können.
Nicht nur Lord Burnleys Erben waren gestorben, auch Dienstboten, Freunde und Verwandte der Familie, die für die Weihnachtstage zu den Fanshawes gereist waren. In jenem Winter hatte Lord Burnley eine seiner üblichen Fehden mit dem ältesten Sohn ausgefochten. Beleidigt war er in Cranston Abbey geblieben, statt die Familienfeier zu besuchen, und seine Abwesenheit hatte ihn gerettet.
Trotz der Tragödie hatte Diana den alten Mann niemals trauern sehen. Allerdings wusste sie, wie gründlich das Feuer seine Ambitionen zerschlagen hatte. Seit der Regentschaft Heinrichs des Siebten bekleideten die Fanshawes hohe Ämter, und plötzlich, im Alter von fünfundsiebzig, war Edgar Fanshawe der Letzte seiner Dynastie. Eines Tages würde die Erbfolge auf einen anderen Familienzweig übergehen, einen entfernten amerikanischen Vetter.
Um zu wissen, wie abgrundtief der Marquess diese Möglichkeit verabscheute, hätte Diana seine spöttischen Kommentare über jenen Mann nicht hören müssen.
Der stolze und unmoralische Marquess war daran gewöhnt, das Schicksal aller Menschen in seiner Umgebung zu bestimmen. Monatelang lebte er wie ein Einsiedler, voller Zorn auf das Pech, das ihn verfolgte. Dann tauchte er wieder auf, stark verändert, aber immer noch zielstrebig und konzentriert. Doch der Tod hatte bereits eine knöcherne Hand auf ihn gelegt.
Bevor er diese Welt verließ, wollte er einen letzten verzweifelten Versuch unternehmen, die Zukunft zu kontrollieren. Und so hatte er den machiavellistischen Plan geschmiedet, der mit Dianas Hilfe Früchte tragen sollte.
Endlich schob er das Papier zur Seite, legte seine langen dünnen Finger
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