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Eine geheimnisvolle Lady

Eine geheimnisvolle Lady

Titel: Eine geheimnisvolle Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Campbell
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hatte gedacht, er würde sich freuen. Offensichtlich ein Irrtum. Wie sollte sie Ashcrofts Körper beschreiben? Sein Bild erschien lebhaft vor ihrem geistigen Auge, wie in Öl gemalt. Mit unsicherer Stimme begann sie: »Er ist groß, stark und schlank. Breite Schultern. Dunkles Haar auf der Brust, nicht zu dicht. Keine Narben.« Und dann erinnerte sie sich. »Auf einer Hüfte sah ich ein Muttermal, wie ein Baum geformt.«
    Irgendetwas schien die Spannung aus Burnleys Körper zu saugen. Kraftlos sackte er auf dem großen Stuhl mit der hohen Lehne zusammen. In der trockenen Kehle rasselte sein Atem. Bebend sanken die Klauenhände auf die Schreibunterlage aus grünem Leder. Sichtliche Zufriedenheit milderte die tiefen Runzeln in seinem Gesicht. »Ah.«
    Sonst nichts. »Ist das Muttermal wichtig?«, fragte Diana erstaunt.
    »Verdammt wichtig, dummes Mädchen.« Ein schwaches, geisterhaftes Lächeln umspielte die Lippen des alten Mannes. »Das Fanshawe-Zeichen. In der Tat, Tarquin Vale ist mein Sohn. Und Sie, Mrs. Carrick, tragen seinen Samen in Ihrem Schoß.«

12
    Verzweifelt suchte Diana im Gesicht des alten Mannes nach irgendeiner Ähnlichkeit mit dem Sohn, der sich als so großzügiger, leidenschaftlicher Liebhaber erwiesen hatte. Sie fand nichts, abgesehen von den grünen Augen. Jetzt funkelten sie geradezu, erfüllt von einem Ausdruck, den man vielleicht Freude nennen konnte – falls Satan zu so positiven Gefühlen fähig war. Möglicherweise glich Ashcroft seiner leichtfertigen Mutter, der Lady, die ihrem Gemahl das Kind eines anderen als Erben der Vale-Ländereien und des Titels präsentiert hatte.
    Was die Countess betraf, war Burnley ziemlich wortkarg gewesen, während er Diana über Ashcrofts Herkunft informiert hatte. Ihre Fragen nach der Frau, die seinen Bastardsohn geboren hatte, waren unbeantwortet geblieben.
    Gebieterisch hatte er Diana zum Schweigen gebracht.
    Nun hob er die Glocke, die auf seinem Schreibtisch lag, und läutete vehement. Sofort betrat Fredericks die Bibliothek, beflissen wie eh und je. »Ja, Mylord?«
    »Wein!«, befahl Burnley mit einer weit ausholenden Geste. Dann wandte er sich wieder zu Diana. »Setzen Sie sich, Mädchen.«
    Verblüfft über seinen Entschluss, einen Menschen in ihr zu sehen, sank sie in einen Sessel. Ihre Beine wären ohnehin bald eingeknickt. Vor Erschöpfung konnte sie kaum sprechen. »Danke.«
    Sie nahm ein Glas Bordeaux von Fredericks entgegen und nippte daran. Auf ihrer Zunge schmeckte der edle Tropfen bitter. Gewiss, sie hatte Ashcroft hintergangen und durfte keine moralische Überlegenheit beanspruchen. Aber sie hasste Burnleys prahlerischen Triumph. Der Mann, den sie für ihre eigensüchtigen Zwecke benutzte, war tausendmal mehr wert als ihr Mitverschwörer. Und der hatte sein Ziel erreicht.
    Auch Burnley nahm einen Schluck Wein, nachdem Fredericks sich mit einer diskreten Verbeugung zurückgezogen hatte. Der Alkohol würde dem kranken Greis schaden. Aber Diana verkniff sich einen Kommentar und gönnte dem todgeweihten Marquess die wenigen Freuden, die ihm noch blieben. Sie wünschte nur, er würde nicht so schadenfroh in seiner Genugtuung schwelgen.
    »Offenbar muss ich meinen Hut vor Ihnen ziehen, Mrs. Carrick. Kaum zu glauben, dass Sie es geschafft haben.«
    Seine Bewunderung heiterte sie nicht auf. Wortlos stellte sie das Weinglas auf den Schreibtisch. Sie fühlte sich elend und schwindlig.
    Nur die Müdigkeit, redete sie sich ein, obwohl sie wusste, dass die Unpässlichkeit vor allem von ihrem schlechten Gewissen herrührte – und von den Nachwirkungen erotischer Genüsse nach so vielen Jahren keuscher Enthaltsamkeit.
    Ihr Schweigen ärgerte Burnley. »Eigentlich sollte man meinen, Sie wären glücklich. Wenn Sie ein Kind erwarten, ist Ihre Zukunft gesichert. Behaupten Sie bloß nicht, Sie hätten Bedenken, nachdem Sie die Hürde übersprungen haben!«
    Bedenken? Oh ja. Doch sie konnte ihr Schuldbewusstsein ebenso wenig erwähnen, wie der englische König mit einem mongolischen Nomaden sprechen würde. Von Skrupeln wusste Burnley nichts. »Wenn ich schwanger bin, heiraten Sie mich«, sagte sie tonlos.
    »Zum Teufel, Mädchen!« In einem kurzen Ausbruch seiner einstigen Vitalität hob er seine Faust und schlug auf den Tisch. »Wenn alles klappt, werden Sie eine Marchioness, ziehen meinen Erben groß und leiten dieses Landgut, bis der Junge großjährig ist.«
    »Vielleicht bekomme ich ein Mädchen«, wandte sie etwa zum hundertsten Mal ein, seit er ihr

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